Berlin. Ein Stuhl blieb leer im Kanzleramt - zumindest bildlich. Denn die US-Regierung ließ sich beim Spitzengespräch zur Opel-Rettung durch einen Investmentbanker vertreten. Unter den möglichen Investoren zeichnen sich derweil Fiat und Magna als Favoriten der deutschen Regierung ab.
Die lange Opel-Nacht hat begonnen. Indes fehlt beim Gipfel im Kanzleramt just der wichtigste Partner: Die US-Regierung sitzt nur indirekt am Tisch. Sie ließ sich am Mittwoch durch einen Investmentbanker vertreten. Ob der die Prokura hat, um abzuschließen, fragt man sich in der Berliner Regierung.
Regierung hat Fiat und Magna im Blick
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will gemeinsam mit den Ländern mit Opel-Standorten - NRW, Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen - die Übernahmeangebote der drei Hauptinteressenten Fiat, Magna und Ripplewood prüfen. General Motors ließ sich durch Vize-Chef John Smith vertreten. Der chinesische Autokonzern BAIC konnte am Mittwoch noch nicht einbezogen werden. Eine klare Vorfestlegung deutete sich schon vorher an: Die Regierung will mit Fiat und Magna verhandeln.
Das Fehlen eines offiziellen US-Regierungsvertreters wiegt umso mehr, als der Opel-Mutterkonzern General Motors vor der Insolvenz steht und auf den Staat angewiesen ist. Ohne grünes Licht vom US-Finanzminister kommt keine Treuhandlösung für Opel zustande. Zwar hat GM alle europäischen Fabriken, Patente und Rechte an Technologien an Opel abgetreten, aber auch da spricht der Staat das letzte Wort.
In einem Telefonat versicherte US-Finanzminister Timothy Geithner seinem deutschen Kollegen Peer Steinbrück (SPD), aber auch Wirtschaftsmister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), dass sein Vertreter "tariffähig" sei. Er habe kein Mitglied der Regierung entsandt, weil sein Mitarbeiterstab nach dem Machtwechsel in Washington erst im Aufbau sei.
Steinmeier will eine Entscheidung
Trotz dieser Unsicherheit bei den Verhandlungen hofft Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) auf eine doppelte Festlegung: Erstens eine Einigung auf eine staatliche Brückenfinanzierung in Höhe von 1,5 Milliarden Euro: "Opel braucht Luft zum Atmen", sagte Steinmeier, "wenn General Motors jetzt insolvent gehen sollte, dürfen bei Opel nicht die Lichter ausgehen". Zweitens will er eine Prioritätenliste für die Gespräche mit Investoren: "Wir müssen auch den Amerikanern signalisieren, mit welchem Partner wir die Zukunft von Opel gestalten wollen", so Steinmeier.
Der US-Investor Ripplewood hat die schlechtesten Karten. Die vorliegenden Konzepte seien "ernsthaft und interessant", versicherte Steinmeier. Deshalb solle nun das "öffentliche Schaulaufen" beendet werden, sagte der SPD-Mann - ein Seitenhieb gegen das CSU-geführte Wirtschaftsministerium.
Investoren legen ihre Pläne vor
Ab 22 Uhr tragen die Investoren einzeln ihre Konzepte vor. Erst dann, so die Hoffnung der Regierung in Berlin, würden die Karten offen gelegt. "Makellos" ist kein Investor: Ripplewood würde sich finanziell am stärksten engagieren, verfügt aber über keine industrielle Erfahrung und Kenntnisse im Autobau. Der kanadisch-österreichische Zulieferer Magna liefert den geringsten finanziellen Eigenbeitrag und ist stark auf Staatsgelder angewiesen.
Hinzu kommt: Die russische Sberbank, die sich am Magna-Angebot für Opel beteiligt, soll nach WAZ-Informationen nach einem Jahr wieder aussteigen. Ihre Anteile sollen an ein russisches Auto- und Technologieunternehmen gehen, einem Staatsbetrieb. Das hat zu Beginn des Gipfels zu Irritationen geführt. Der Plan werde vom russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin unterstützt, wie die WAZ in Berlin weiter erfuhr.
Übernimmt sich Fiat mit seinen Opel-Ambitionen?
Gegen Fiat wird ins Feld geführt, die Italiener würden sich übernehmen, weil sie hoch verschuldet sind und auch beim US-Autobauer Chrysler einsteigen wollen. NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) mahnte in Düsseldorf vor Beginn des Gipfels eine "faire Lastenverteilung zwischen den Opel-Standorten" an.
Mit Blick auf NRW haben die zwei aussichtsreichsten Interessenten, Fiat und Magna, ihre Planzahlen für den Jobabbau in Bochum reduziert. Magna will bei Opel insgesamt 2.600 Jobs bei Opel abbauen, Fiat nur 1.800, aber mit einer Einschränkung: Das seien die "Blue-collar-Jobs", also die Blaumänner, Werksarbeiter. Im Klartext: Fiat behält sich vor, in der Verwaltung weitere Arbeitsplätze abzubauen.
Opel soll für mindestens zwei Monate treuhänderisch geführt werden. In dieser Zeit glaubt GM, die Verhandlungen mit einem Käufer abschließen zu können. Das Gipfeltreffen sei nicht das Ende, sondern der Start von Verhandlungen: "Die Show beginnt erst jetzt", hieß es in Regierungskreisen.