Berlin. Der US-Autobauer General Motors hat seine europäischen Werke vollständig an Opel übertragen. Die Verhandlungen mit den Gläubigern des Opel-Mutterkonzerns General Motors über einen Schuldenverzicht sind gescheitert. Die Zukunft von Opel soll sich heute auf einem "Super-Gipfel" entscheiden.
Der schwer angeschlagene US-Konzern General Motors (GM) hat offenbar den Weg frei gemacht für eine eigenständige Zukunft seiner deutschen Tochter Opel. Neben der Übertragung der Patente habe der Aufsichtsrat von General Motors Europe auch der Überschreibung von Patenten und Rechten an Technologien an die Adam Opel GmbH zugestimmt, sagte ein GM-Europe-Sprecher am Mittwoch in Rüsselsheim.
Durch den Schritt solle der Weg frei gemacht werden für die sogenannte Treuhandlösung, mit der das Überleben von Opel im Falle einer Insolvenz vom GM gesichert werden könne. «Mit der Übertragung der Rechte wird Opel unabhängig von allen Entscheidungen in den USA», sagte der GM-Europe-Sprecher.
Die Mehrheit der Gläubiger des Autokonzerns General Motors haben das Abfindungsangebot der US-Regierung abgelehnt, womit eine Insolvenz der Opel-Mutter sehr wahrscheinlich wird. Der Konzern teilte am Mittwoch mit, das Angebot, 27 Milliarden Dollar Schulden gegen einen Anteil von 10 Prozent am Unternehmen umzutauschen, sei gescheitert. Die US-Regierung hatte GM eine Frist bis nächsten Montag gesetzt, einen tragfähigen Sanierungsplan vorzulegen. Andernfalls muss das mit inzwischen 19,4 Milliarden Dollar Staatsgeldern gestützte Unternehmen Konkurs anmelden.
Regierung: Nicht zwingend auf einen Investor festlegen
Die Bundesregierung will sich beim Spitzentreffen zur Zukunft von Opel am Mittwochabend nicht zwingend auf einen möglichen Käufer festlegen. «Ich erwarte keine Festlegung auf nur einen Investor», sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Vielmehr sei es «im Interesse von Opel wie der Steuerzahler, dass Verhandlungen im Wettbewerb mehrerer Interessenten geführt werden.» Ziel des Treffens am Abend sei es, «von allen Beteiligten ein größtmögliches Maß an Sicherheit» für die vorübergehende Finanzierung von Opel bei der Loslösung vom US-Mutterkonzern General Motors (GM) zu bekommen.
Am Abend will sich die Bundesregierung im Kanzleramt treffen. Eigentlich wurde erwartet, dass sie sich dabei auf einen Favoriten für die Übernahme Opels festlegt. Angebote liegen bislang vom italienischen Autobauer Fiat, dem kanadisch-österreichischen Zulieferer Magna und dem US-Finanzinvestor Ripplewood vor. Seit Dienstagabend gibt es auch ein Angebot des chinesischen Konzerns Beijing Automotive Industry Holding Company (BAIC).
Opel-Übernahmekonzepte reichen Bund offenbar nicht
Vor dem entscheidenden Spitzentreffen im Kanzleramt zur Zukunft von Opel gibt es in der Bundesregierung Medienberichten zufolge große Zweifel an den Übernahmekonzepten der bisherigen Interessenten. Aus einer regierungsinternen Bewertung geht hervor, dass Bedenken sowohl zum Sanierungsmodell des kanadisch-österreichischen Autozulieferers Magna als auch des italienischen Autobauers Fiat bestehen, wie die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» vom Mittwoch berichtete. Dabei werde vor allem das Konzept Magnas kritisch bewertet, das bisher als am aussichtsreichsten galt. Würde das Magna-Konzept umgesetzt, «wäre das Unternehmen vom ersten Tag an insolvent», zitierte das «Handelsblatt» aus Regierungskreisen.
Besonders Magna-Konzept offenbar in der Kritik
Grund für die Insolvenz vom ersten Tag an sei, dass Magna im Gegensatz zu Fiat für den Fall eines Einstiegs bei Opel nicht bereit wäre, «echtes Eigenkapital» in die neue Gesellschaft einzubringen, zitierte die «FAZ» aus der regierungsinternen Bewertung. Dadurch wäre das Unternehmen von Beginn an mit Schulden in Höhe von 3,8 Milliarden Euro belastet. «Die bisherige Weigerung von Magna, echtes Eigenkapital zu riskieren, spricht nicht dafür, dass das Unternehmen selbst an ein Gelingen dieses Planes glaubt», zitierte die «FAZ» aus der Bewertung. Auch werde in dem regierungsinternen Dokument die von Magna in Aussicht gestellte Rückzahlung von Krediten in Zweifel gezogen, da sie «auf einer erheblichen Verbesserung der Umsatz- und Gewinnsituation» basiere.
Das Konzepte von Fiat komme in der Bewertung vor allem deswegen besser weg, weil der italienische Autobauer bereit sei, seine gesamte Autosparte in das neue Unternehmen einzubringen, berichtete die «FAZ». Kritisch werde in dem Regierungsbericht jedoch angemerkt, dass Fiat «derzeit nur bedingt bereit» sei, sich an einer Überbrückungsfinanzierung für eine Herauslösung Opels aus dem US-Mutterkonzern General Motors (GM) zu beteiligen. Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hatte hierfür kürzlich eine Treuhand-Modell ins Spiel gebracht, mit dem der Rüsselsheimer Autobauer vorübergehend von einem unabhängigen Verwalter gelenkt werden soll. Am Abend soll im Bundeskanzleramt ein Spitzentreffen stattfinden, bei dem sich die Bundesregerung auf einen bevorzugten Kandidaten für die Übernahme Opels festlegen will.
Kraft: FDP gefährdet Opel in Bochum
SPD-Landeschefin Hannelore Kraft hat der FDP eine Gefährdung des Opel-Standorts in Bochum vorgeworfen. Das «Gerede» von einer angeblich «geordneten Insolvenz» sei falsch, sagte Kraft am Mittwoch im Düsseldorfer Landtag. Die schwarz-gelbe Koalition habe keine klare Haltung in den Rettungsgesprächen für den angeschlagenen Autobauer. Die SPD wolle die 5000 Opel-Arbeitsplätze in Bochum erhalten, betonte Kraft. Dabei schließe man keine Option aus.
FDP-Fraktionschef Gerhard Papke wies die Kritik zurück. Kraft habe eine «Milchmädchen-Rechnung in unbegrenzter Staatswirtschaft» präsentiert. «Die FDP will den Mitarbeitern von Opel und ihren Familien helfen», sagte Papke. Man wolle aber nicht Strukturen erhalten, sondern Menschen eine Zukunftsperspektive bieten. «Wenn Opel keine Gewinne erwirtschaftet, wird es keine Zukunft für das Unternehmen geben - trotz Steuer-Milliarden.» Eine Staatsbeteiligung durch die «Hintertür» lehne die FDP ab, betonte Papke.
Am Dienstagabend hatte sich der schwarz-gelbe Koalitionsausschuss auf eine gemeinsame Linie bei möglichen Staatshilfen für den angeschlagenen Autobauer Opel verständigt. Hilfen vom Land NRW soll es demnach nur unter strengen Auflagen geben.
Die FDP will Überbrückungshilfen für Opel nur zustimmen, wenn der Abfluss deutscher Steuergelder in die USA ausgeschlossen wird. Durch ein Opel-Rettungskonzept dürfe es auch nicht zu Wettbewerbsverzerrungen zum Nachteil von Ford in Köln kommen. Ein möglicher Privatinvestor bei Opel müsse zudem mit eigenem Kapital einsteigen. (ap/afp)
Spezial: Opel in der Krise