Recife/Paris. Acht Tage nach dem Absturz eines Airbus vor Brasilien hat die Fluggesellschaft Air France am Dienstag mehrere "Zwischenfälle" mit fehlerhaften Geschwindigkeitssensoren an Airbus-Jets eingeräumt. Eine Air France-Gewerkschaft hat jetzt Airbus-Piloten zum Flug-Boykott aufgerufen.

Gut eine Woche nach dem Absturz einer Passagiermaschine der Air France über dem Atlantik haben die Suchmannschaften mindestens 29 Tote geborgen. Das teilten die französischen und brasilianischen Bergungshelfer in der Nacht zum Dienstag mit. Zudem wurde mit einem Heckstück ein Trümmerteil entdeckt, von dem sich die Ermittler wichtige Hinweise bei der Suche nach der Ursache der Katastrophe mit 228 Toten erhoffen. Der Airbus A330 war in der Nacht zum Pfingstmontag auf dem Flug von Rio nach Paris rund 1100 Kilometer vom brasilianischen Festland abgestürzt. An Bord waren auch 28 Deutsche.

Unterdessen hat die Fluggesellschaft Air France technische Probleme mit den Geschwindigkeits-Sensoren an Airbus-Typen A330 und A340 eingeräumt. Auf Probleme mit den Geschwindigkeitsmessern deuten den Ermittlern zufolge letzte technischen Meldungen hin, die das Flugzeug vor dem Absturz automatisch absetzte. Air France teilte mit, es tausche nun die fraglichen Sensoren an allen A330 und A340 schneller als vorgesehen aus, weil es seit Mai vergangenen Jahres zu mehreren «Zwischenfällen» bei der Datenübertragung gekommen sei.

"Beträchtliche Zahl von Zwischenfällen"

Air France hatte schon Monate vor dem Absturz Piloten vor Problemen mit den Geschwindigkeitsmessern bei den A330- und A340-Flugzeugen gewarnt. Das geht aus einem auf November 2008 datierten Memo hervor, das der Nachrichtenagentur AFP vorlag. Darin ist von einer «beträchtlichen Zahl von Zwischenfällen» in Verbindung mit Tempomessern an Airbus A330 und A340 die Rede. Diese seien auf «Anomalien» an den Geräten zurückzuführen. Das Dokument listet falsche Geschwindigkeitsmessungen, unterschiedliche Tempo-Angaben auf den Kontrollschirmen von Pilot und Kopilot und das Abschalten des Autopiloten auf. Zwei Air-France-Piloten, die nicht namentlich genannt werden wollten, bestätigten die Echtheit des Dokuments.

Eine Air-France-Gewerkschaft drängt derweil die Piloten dazu, sich zu weigern, mit einem Airbus A330 oder A340 zu starten, wenn nicht die externen Geschwindigkeits- und Höhenmesser zuvor ersetzt worden sind. Das geht aus einem Memorandum der Gewerkschaft Alter hervor, die rund zwölf Prozent aller Air-France-Piloten als Mitglieder hat, und das der Nachrichtenagentur AP vorliegt. In den Mittelpunkt der Ermittlungen zur Absturzursache war die Vermutung aufgetaucht, dass außenliegende Instrumente des Airbus vereist waren und Sensoren daher unrichtige Informationen anzeigten.

Identifizierung der Leichen

Die Suchmannschaften kommen im Atlantik mit der Bergung von Leichen und Flugzeug-Teilen voran. Der brasilianische Luftwaffensprecher Henry Munhoz sagte, seit Samstag seien 24 Opfer des Flugzeugabsturzes geborgen worden. Vertreter der französischen Seite teilten später mit, an Bord einer französischen Fregatte seien mindestens fünf weitere Leichname. 16 der Toten wurden per Schiff zur Insel Fernando de Noronha gebracht, wo sie am Dienstag eintreffen sollten. Die Opfer sollten dann zur Identifizierung nach Recife auf dem brasilianischen Festland geflogen werden. Hier stehen Gerichtsmediziner bereit, um die Toten mit Hilfe von zahnärztlichen Dokumenten und DNA-Vergleichen zu identifizieren. Die übrigen Opfer würden «zu gegebener Zeit» ebenfalls nach Recife gebracht, teilte die Luftwaffe mit.

Ein am Montag gefundenes Teil des Leitwerks vom Heck des verunglückten Airbus A330 könnte die Suchmannschaften derweil auf die Spur der Flugschreiber bringen, denn die sogenannten Black Boxes sind bei diesem Flugzeugtyp am Heck angebracht. Die Geräte werden in mehreren tausend Metern Tiefe auf dem Meeresgrund vermutet. Sie zeichnen während des Flugs Daten auf und könnten damit Rückschlüsse auf die Geschehnisse in den letzten Minuten vor dem Absturz ermöglichen.

Am Mittwoch sollte das französische Atom-U-Boot «Emeraude» vor Ort eintreffen, demnächst soll auch das französische Meeresforschungsschiff «Pourquoi pas?» mit Tauchrobotern dazustoßen. Ebenfalls erwartet wurden zwei Schiffe der US-Marine mit speziellen Suchvorrichtungen. Sollten die Black Boxes gefunden werden, wird ein französisches Forschungs-U-Boot zur Bergung losgeschickt. Bei der «Nautile» handelt es sich um dasselbe Schiff, das auch das «Titanic"-Wrack untersuchte. (ap/afp)