Düsseldorf. CDU und FDP in NRW sehen den Wahlsieg auf Bundesebene mit gemischten Gefühlen. Die Freude wird von der Sorge überschattet, dass der Sieg der anderen zur eigenen Niederlage werden könnte. Tritt die Regierung nach dem Motto „Grausamkeiten sofort" an, könnten Rüttgers & Co. dafür büßen.

Der Wahlsieg von Schwarz-Gelb könnte Schwarz-Gelb den Wahlsieg kosten. Hinter aller Freude der nordrhein-westfälischen Rüttgers-CDU und der Pinkwart-FDP über das Ende der Großen Koalition in Berlin lässt sich eine Sorge nicht verbergen: Dass die Chancen auf eine Fortsetzung ihrer Regierung an Rhein und Ruhr ab Mai 2010 stark davon abhängen, wie sich Schwarz-Gelb in den nächsten Monaten auf der Bundesbühne präsentiert. Tritt die Regierung nach dem Motto „Grausamkeiten sofort" an, könnte Schwarz-Gelb in NRW dafür büßen.

Nicht ohne Grund erhob NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) sofort am Wahlabend seine mahnende Stimme. „Bei einer so starken FDP werden wir uns erheblich anstrengen müssen, weiterhin soziale Gerechtigkeit zu garantieren", sagte Laumann, der sich als Chef des Arbeitnehmerflügels der Union (CDA) neu gefordert sieht. „In der Großen Koalition wurde die CDA nicht wahrgenommen, weil die SPD dort unsere Positionen vertreten hat."

Bildungspolitik könnte Schwarz-Gelb Stimmen kosten

„Ich verstehe, dass der Ministerpräsident das Vakuum ausfüllen möchte, das durch die Schwäche der Sozialdemokratie entstanden ist", sagte FDP-Landtagsfraktionschef Gerd Papke der WAZ-Mediengruppe, der ebenfalls frühere Schmidt- und Clement-Wähler zu den Liberalen herüberziehen will. Da auch Papke die NRW-Landtagswahl für Schwarz-Gelb noch nicht für gewonnen hält, mahnt der Liberale für den Endspurt vorzeigbare Ergebnisse an. „Wir müssen dafür sorgen, dass die bildungspolitischen Reformen auch in der schulischen Realität ankommen", sagt er und lässt damit erkennen, dass auch die Bildungspolitik Schwarz-Gelb in NRW noch Stimmen kosten kann.

Aus der NRW-SPD kommt nach dem desaströsen Wahlausgang der Ruf nach einem „Neuaufbau". Der Landesvize Jochen Ott wirbt dafür, beim November-Parteitag SPD-Chef Franz Müntefering zu ersetzen. Im gleichen Zug soll mit der Wahl von Hannelore Kraft zur stellvertretenden Parteichefin ein halbes Jahr vor der Landtagswahl der Einfluss aus NRW in der SPD-Spitze gestärkt werden. Am Wahlabend hatte der Landesvorstand in einer Blitzaktion die Vorsitzende in Stellung gebracht.

„Die Bundespartei muss jetzt den Blick auf NRW schärfen", sagte Kraft-Vize Britta Altenkamp dieser Zeitung. Für sie ist die Landtagswahl ein „Meilenstein" auf dem Weg zur nächsten Wahl im Bund. Flügelkämpfe werden in der NRW-SPD auch nach Verlusten von 11,5 Prozent nicht erwartet. Jedoch wird mit Unruhe gerechnet, weil die Landesgruppe 14 Bundestagsmandate verlor und der Kampf um gute Listenplätze für die Landtagswahl bevorsteht.

SPD hofft auf "Beweglichkeit" der FDP

Kraft wiederholte noch am Wahlabend, sie suche „die Auseinandersetzung, nicht die Zusammenarbeit mit der Linken". Es gibt auch andere Stimmen. Wenn CDU und FDP in NRW den Lagerwahlkampf suchen, sagt ein Spitzengenosse, „kann man von uns doch nicht verlangen, dass wir uns abgrenzen". Allerdings gelten die NRW-Linken in der SPD überwiegend als „Sektierer". Altenkamp gibt die Hoffnung auf eine „Ampel" in NRW nicht auf: „Die FDP muss beweglich sein, weil sie auf jeden Fall in der Regierung bleiben will."

Grünen-Chefin Daniela Schneckenburger drängt die Sozialdemokraten, ihr „neurotisches Verhältnis" zur Linken zu klären. Co-Sprecher Arndt Klocke lehnt jede „Ausschließeritis" vor der NRW-Wahl ab. Seine Partei will ihre Wahlaussage im Februar treffen. Für Klocke ist alles „möglich, solange genügend Grün dabei ist". Dazu zählt er auch eine Jamaika-Koalition mit CDU und FDP, wenn auch die Schnittmengen gering seien.