Düsseldorf. Auch in NRW mussten die Sozialdemokraten eine herbe Niederlage einstecken. Dennoch fordert der größte Landesverband mehr Einfluss. Landeschefin Hannelore Kraft will stellvertretende Bundesvorsitzende werden. Auch einen Sieg bei der Landtagswahl hält sie für möglich.
Sie sind entgeistert: Wie in Schockstarre wirken die rund 150 Anhänger der SPD, als am Sonntagabend die Prognosedaten auf der Leinwand in der Landeszentrale erscheinen. Dietrich Einert ist einer der Ersten, der das Schweigen durchbricht. „Desaströs", sagt der Düsseldorfer.
Hinter verschlossenen Türen beraten derweil Mitglieder der Landesspitze, Parteivize Britta Altenkamp und Generalskretär Michael Groschek. Sie telefonieren mit Hannelore Kraft in Berlin, verständigen sich, die Landeschefin für den stellvertretenden Vorsitz der Bundespartei vorzuschlagen. Die NRW-SPD müsse als größter Landesverband "eine noch gewichtigere Rolle spielen", begründet Kraft kurz darauf ihren Schritt. Dass sie beim Parteitag im November nach vorn drängt, soll aber auch ein Signal sein für die Landtagswahl im Mai.
Ungeachtet der Niederlage der Sozialdemokraten bei der Bundestagswahl schließt Kraft einen Sieg ihrer Partei bei der Landtagswahl im kommenden Mai nicht aus. Die SPD in NRW habe dem Bundestrend über fünf Prozent entgegensetzen können, sagte Kraft am Montag in der ARD.
"Wir haben ein neues Kräfteverhältnis"
Groschek räumt jedoch die "heftige Klatsche" ein. "Wir sind am Tiefpunkt angelangt", sagt Kraft. Nun müsse es in der SPD eine inhaltliche Auseinandersetzung über den Kurs geben. Fragen nach personellen Konsequenzen blockt sie ab. Anders als geplant wird sie heute den ganzen Tag in der Hauptstadt bleiben.
Jubelschreie sind in der NRW-Zentrale der CDU erst zu hören, als die herben Verluste der SPD deutlich werden. Die Niederlage der SPD", ruft er - und erzeugt minutenlang Applaus.
In der guten Laune geht NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) fast unter, der wenig später via Bildschirm aus Berlin in Düsseldorf erscheint. Er nennt das Wahlergebnis "eine gute Ausgangslage" für die Landtagswahl im Mai. Rüttgers kündigt an, bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin dafür zu sorgen, "dass nicht Zumutungen auf die Mneschen zukommen, von denen vorher nicht geredet worden ist".
Überall Küsschen, Schulterklopfen und Umarmungen: Die FDP lässt keinen Zweifel aufkommen, wer an diesem Abend der wahre Sieger ist. "Die FDP hat ein historisches Spitzenergebnis erzielt", jubelt Landeschef Andreas Pinkwart. Er wertet das als Lohn "für eine kluge Politik der sozialen Erneuerung" in NRW. Sein Generalsekretär Christian Lindner sieht die Liberalen "in einem neuen Orbit". Landtagsfraktionschef Gerd Papke glaubt: "Die Untergangsszenarien der Linken haben die FDP stark gemacht."
"Die falsche Richtung"
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Grünen-Landeschef Arndt Klocke erlebt den Wahlabend in "ambivalenter Stimmung". Dass seine Partei deutlich zugelegt hat, sei hervorragend, aber: "Die falsche Richtung hat die Mehrheit bekommen." Die Landtagswahl hält Klocke für offen.
Anderer Meinung ist Linken-Landeschef Wolfgang Zimmermann. Er sieht seine Partei "ziemlich sicher" im Landtag, befürchtet aber auch, dass eine erneute Mehrheit für Schwarz-Gelb nun wahrscheinlicher geworden sei. (Mit Matrial von ddp)