Dresden. Nach der historischen Wahlniederlage der SPD gibt sich deren designierter Vorsitzender Sigmar Gabriel betont kämpferisch. Auf dem Parteitag kündigte er an, seine Partei mit einem Linkskurs wieder zu alter Stärke führen zu wollen. Er räumte ein: Die SPD hat ihre Wählerschaft verletzt.

Der designierte SPD-Chef Sigmar Gabriel hat angeregt, künftig jedes Jahr einen Bundesparteitag einzuberufen. Dies könne den innerparteilichen Dialog fördern, sagte er am Freitag auf dem Parteitag in Dresden. Der Kongress sollte auch einberufen werden, wenn keine Vorstandswahlen oder Wahlkämpfe anstehen.

Zugleich sagte er, die SPD habe über die Jahre an Wählerstimmen verloren, weil sie einem falschen Bild von der politischen Mitte gefolgt sei, das ursprünglich stark von Marktradikalen geprägt worden sei. «Statt die Mitte zu verändern, haben wir uns verändert», beklagte er. Die SPD müsse aber die Mitte aus eigener Kraft wieder erobern und so nach links rücken.

Gabriel sagte, in der falschen Anpassung an die herrschende Lehre habe die SPD ihre Wählerschaft in ihrem Bedürfnis nach sozialer Sicherheit und sozialer Gerechtigkeit verletzt.

In einer kämpferischen Rede hat der designierte SPD-Chef Sigmar Gabriel seine Partei zur Geschlossenheit aufgerufen. «Wenn wir uns auf das besinnen, was die Sozialdemokratie in 146 Jahren stark gemacht hat, nämlich Aufgeschlossenheit füreinander und Geschlossenheit miteinander, dann werden wir wieder eine starke SPD», sagte Gabriel am Freitag auf dem Parteitag in Dresden. «Wir kämpfen ab jetzt und ausschließlich um Geländegewinne in unserer Gesellschaft», sagte er unter dem Beifall der 517 Delegierten.

Gabriel kritisierte einen häufig respektlosen Umgang «mit unseren Vertretern in Regierung, Fraktion oder Partei». Ihr Engagement müsse auch dann geachtet werden, wenn man mit einzelnen Entscheidungen mal nicht einverstanden sei. «Der innerparteiliche Umgang muss ein anderer werden», mahnte er.

Zugleich würdigte Gabriel die Arbeit der SPD in der Großen Koalition: Es habe unheimlich viel gegeben, «auf das wir nach wie vor stolz sein können», sagte er und zählte Ganztagsschulprogramm, Förderung erneuerbare Energien und das Nein zum Irak-Krieg auf. Er betonte, nur aus dem Stolz auf das Ereichte könne man Mut und Kraft schöpfen, auch offen über Fehleinschätzungen und das zu reden, was man ändern müsse.

Gabriel sollte am Abend als Nachfolger des scheidenden SPD-Chefs Franz Müntefering gewählt werden.´

Vertrauensvorschuss gefordert

Gabriel bat seine Partei kurz vor der Wahl der neuen Führung um einen Vertrauensvorschuss. Beim SPD-Bundesparteitag in Dresden rief er die rund 500 Delegierten auf, ihm und einem Leitantrag der SPD-Spitze eine Chance zu geben. «Wir bitten um einen Vertrauensvorschuss, denn um mehr können wir heute noch nicht bitten.»

Die SPD habe bei den Bundestagswahlen eine «historische Niederlage» erlitten in einer Zeit, «die nach sozialdemokratischen Antworten schreit». Die ideologischen Wegbereiter der Wirtschafts- und Finanzkrise hätten die Wahlen gewonnen, sagte Gabriel. Jetzt müsse die Partei das Wahlergebnis annehmen und sich die Zeit nehmen, zu prüfen, woran es gelegen habe. Was die SPD am wenigsten brauche, seien Spekulationen über denkbare und undenkbare künftige Bündnisse, fügte er mit Blick auf die Debatte über ein Zusammengehen mit der Linkspartei hinzu.

Bündnis mit Linkspartei kann, muss aber nicht

Aus Sicht des designierten SPD-Vorsitzenden sind Regierungsbündnisse mit der Linkspartei aber nicht prinzipiell ausgeschlossen. «Aber es gibt auch keinen Grund, aus Prinzip immer welche mit ihnen zu schließen», sagte er. Die Sozialdemokratie definiere sich weder «in Abgrenzung noch in Ableitung» über andere Parteien, betonte der 50-Jährige.

Er wolle, dass die SPD nach ihrer verheerenden Wahlschlappe wieder stärker werde, sagte Gabriel. Dann werde auch in der Linkspartei eine Debatte darüber entbrennen, was sie selbst ändern müsse, damit sie mit der SPD regieren dürfe.

Gabriel forderte, die SPD müsse sich Zeit nehmen zur Aufarbeitung der Wahlniederlage. «Die Wählerinnen und Wähler haben uns nicht mit 23 Prozent nach Hause geschickt, damit wir sofort danach zuerst darüber nachdenken, wie wir uns in scheinbar geeigneten Konstellationen mit anderen Parteien wieder zurück an die Macht zurück schleichen.» (ap/ddp)