New York. General Motors (GM) überdenkt laut einem Pressebericht noch einmal seine Verkaufsabsicht für die deutsche Opel-Tochter. Der Alternativplan soll bis Anfang September fertig sein. Nach dem monatelangen Tauziehen um die Zukunft von Opel wäre ein Verbleib Opels bei GM die absolute Kehrtwende.

Der US-Autobauer General Motors (GM) überdenkt laut einem Pressebericht noch einmal seine Verkaufsabsicht für die deutsche Opel-Tochter. Wie die Zeitung «Wall Street Journal» am Montagabend auf ihrer Website berichtete, versucht GM jetzt, 4,3 Milliarden Dollar (3 Milliarden Euro) selbst aufzubringen, um Opel behalten und selbst umstrukturieren zu können. Der Alternativplan soll demnach bis Anfang September fertig sein.

Alternativplan soll Verbleib Opels beim Mutterkonzern ermöglichen

Auf Wunsch von GM-Chef Fritz Henderson solle der Plan «bis zur nächsten Sitzung des Verwaltungsrats Anfang September» fertig sein, berichtete das «Wall Street Journal» unter Berufung auf drei Informanten. Henderson habe am Freitag die derzeitigen Optionen vor dem neuen GM-Verwaltungsrat vorgetragen, um dessen Unterstützung für das Angebot des österreichisch-kanadischen Zulieferers Magna zu bekommen, für das die Bundesregierung eine Kreditbürgschaft von 4,5 Milliarden Euro geben will. «Der Rat hat den Magna-Deal abgelehnt und darauf hingewiesen, wie stark ein derartiger Verkauf die GM-Strategie in Europa beeinträchtigen würde», heißt es im «Wall Street Journal». Zudem seien «Bedenken hinsichtlich spezifischer Details im Zusammenhang mit der Finanzierungszusage der Bundesregierung» geäußert worden.

Absolute Kehrtwende

Das GM-Management sei aufgefordert worden, die Optionen zu überdenken und weitere Szenarien zur Abwägung vorzubereiten, darunter ein Plan, wie neue Milliarden aufgebracht werden könnten, die es GM erlauben würden, Opel zu behalten. Eine weitere abzuwägende Option, «wenngleich abseitig», sei die mögliche Insolvenz von Opel.

Nach dem monatelangen Tauziehen um die Zukunft von Opel wäre ein Verbleib Opels im US-Mutterkonzern die absolute Kehrtwende. Bei den Verhandlungen um die Rettung von Opel geht es derzeit um eine staatliche Kreditbürgschaft von 4,5 Milliarden Euro, die die Bundesregierung nur gewähren will, falls ihr Wunschkandidat, der österreichisch-kanadische Zulieferer Magna, den Zuschlag behält. Der GM-Mutterkonzern bevorzugt hingegen den belgischen Finanzinvestor RHJ International (RHJI).

GM-Unterhändler in Berlin

«Deutschland hat Interesse an Magna bekundet, aber es gibt möglicherweise andere Finanzierungsquellen», zitiert die Onlineausgabe der „Financial Times Deutschland“ informierte Kreise. Der neue Plan sehe vor, dass GM für Opel und die britische Schwestermarke Vauxhall Hilfen aus den USA und den europäischen Staaten mit Opel-Standorten erhält.

Wie die Zeitung weiter berichtete, ist eine Entscheidung noch nicht gefallen. Der GM-Verwaltungsrat habe aber Interesse daran bekundet, eine «extreme Lösung» für die politisch aufgeladene deutsche Rettungsaktion zu prüfen. GM-Unterhändler John Smith werde diese Woche voraussichtlich Gespräche mit Regierungsvertretern in Berlin führen.

Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses des Bundestages, Otto Fricke (FDP), sagte im Deutschlandfunk, es sei «fast schon eine grausame Geschichte, die bei Opel passiert». Dies sei die Folge, «wenn Politik an falscher Stelle mit Daumenschrauben" reagiere. Zugleich betonte Fricke, dass die bisherigen Konzepte auf dem Tisch blieben. Die neue Entwicklung zeige, dass Opel offenbar weiter eine Perle sei, der es nicht so schlecht gehe, wie bislang behauptet. GM wisse, dass es am «langen Hebel» sitze.

Irwin: 17. September ist der Schlüsseltag für Opel

Unterdessen hat der Vorsitzende des Opel-Treuhand-Beirats, Fred Irwin, der Bundesregierung abgeraten, Druck auf Washington auszuüben. Die US-Regierung habe ganz deutlich gesagt, dass sie sich nicht in die wirtschaftlichen Angelegenheiten der Konzerne einmische, sagte er im Deutschlandradio Kultur.

Weiter sagte Irwin, er glaube nicht, dass Einzelinteressen die Entscheidung über den Verkauf von Opel hinauszögerten. Die Zielsetzung von GM und der Bundes- sowie der Landesregierungen sei identisch. Seiner Ansicht nach sei der Beginn der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) am 17. September der Schlüsseltag für Opel.

Aus Protest gegen die schleppenden Verkaufsverhandlungen mit der Konzernmutter GM fordern die rund 25 000 Opel-Beschäftigten in Deutschland ihr Urlaubsgeld zurück. Das gehe aus einem internen Schreiben des Betriebsrates hervor, berichtete die Wirtschaftsnachrichtenagentur Dow Jones Newswires. Als Beitrag zur Sanierung des Rüsselsheimer Autobauers hatten die Mitarbeiter auf die Zahlung verzichtet. Das Urlaubsgeld ist nun bereits in den kommenden Tagen fällig. Die Beschäftigten protestieren damit gegen die monatelange Hängepartie und wollen den Druck auf GM erhöhen.

Von den 25 000 Opel-Mitarbeitern in Deutschland sind allein 5000 in Bochum tätig.

Obama will sich nicht in Opel-Übernahme einschalten

US-Präsident Barack Obama will sich nicht in die Entscheidung über die Opel-Übernahme einschalten, wie sein Sprecher Bill Burton am Ferienort der Familie Obama auf der Insel Martha's Vineyard erläuterte. Obama sei der Ansicht, die Entscheidungen über das Schicksal von Opel müssten bei GM gefällt werden. Obama habe sich «niemals in die Angelegenheiten der Autobauer einmischen wollen», sagte Burton. Diese müssten selbst wissen, wie sie die Krise überstünden. Die US-Regierung ist Mehrheitseigner bei GM. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte am Wochenende mit seiner US-Kollegin Hillary Clinton über die Entscheidung zur Übernahme Opels gesprochen.

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) sagte dem Düsseldorfer «Handelsblatt» vom Dienstag, die Bundesregierung werde für eine Übernahme des Autobauers Opel durch RHJ kein Finanzierungskonzept liefern. «Eine staatliche Überbrückungshilfe bekommt ausschließlich Magna». Es sei «ärgerlich», dass der GM-Verwaltungsrat bisher keine Entscheidung getroffen habe. «Mein Eindruck ist, dass einige im Management von General Motors deshalb Sympathien für den Finanzinvestor RHJ International haben, weil damit leichter eine Rückkauf von Opel in ein paar Jahren möglich ist», sagte der SPD-Politiker. (afp/ddp)