Witten/Bochum. Nach mehreren Schicksalsschlägen geriet die Wittenerin in eine Abwärtsspirale aus Alkohol, Drogen und Gewalt. Vor Gericht entschuldigt sie sich.

Zusammenfassung

  • Eine psychisch kranke Frau aus Witten verbreitete monatelang Angst mit Speer und Hundeleine.
  • Die ehemalige „Bauer sucht Frau“-Kandidatin wird nach ihren Gewaltausbrüchen in eine Psychiatrie eingewiesen.
  • Das Landgericht Bochum lobt die 50-Jährige für ihre Einsicht vor der Urteilsverkündung.

Mit einem selbst gebastelten Speer, kochendem Wasser und einer Hundeleine hat eine psychisch kranke Frau aus Witten in ihrem Umfeld monatelang Angst und Schrecken verbreitet. Weil sie als „Gefahr für die Allgemeinheit“ einzustufen ist, ordnete das Bochumer Landgericht jetzt die unbefristete Unterbringung der 50-Jährigen in einer psychiatrischen Klinik an - ein dramatischer Absturz.

Die ehemalige Inhaberin eines Beauty-Studios hatte im Prozess vor der Elften Strafkammer selbst offenbart, dass sie vor wenigen Jahren noch als Kandidatin in der RTL-Kuppelshow „Bauer sucht Frau“ im TV zu sehen war. Vereinzelte Videoausschnitte aus der Staffel sind im Internet bis heute noch vorhanden. Von der Teilnahme hatte sich die Wittenerin offenbar das ganz große Glück versprochen. Denn kurz zuvor hatte die 50-Jährige nach eigenen Angaben gleich mehrere private und berufliche Schicksalsschläge erlitten.

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Wittenerin: „Irgendwann war mein Laden zu. Ich war alleine und stand vor einem Scherbenhaufen“

„Ich war 17 Jahre lang erfolgreich in Witten selbstständig, dann kam Corona. Irgendwann war dann mein Laden zu. Ich war alleine und stand vor einem Scherbenhaufen“, hatte die Wittenerin vor Gericht erklärt. Die Folge war eine dramatische Abwärtsspirale. Die 50-Jährige versank in Alkohol und Drogenexzessen, rutschte ab in das Trinkermilieu. Die ständigen Rauschzustände durch Alkohol und Drogen verstärkten bei ihr wiederum eine psychische Erkrankung (bipolare Störung). Konsequenz: Die Frau rastete immer wieder aus.  

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Im Urteil listeten die Bochumer Richter am Ende fünf gefährliche Gewaltausraster in Witten bis April 2024 auf. Mal an Privatwohnungen, mal auf offener Straße am Rande des Lutherparks. Nach Zeugenangaben einer Polizistin („Ich habe sie in dreieinhalb Jahren nicht ein einziges Mal nüchtern erlebt“) war die 50-Jährige auf der Wittener Wache als unberechenbare Gewalttäterin namentlich bestens bekannt. „Bei ihr kippte es immer von jetzt auf gleich“, erinnerte sich die Beamtin.

Prozessauftakt wegen schwerem sexueller Missbrauch von Kindern
Der Prozess gegen die ehemalige „Bauer sucht Frau“- Kandidatin aus Witten fand am Bochumer Landgericht statt. © FUNKE Foto Services | Christof Koepsel

„Peitschenartige“ Angriffe mit einer Hundeleine

Reihenweise war die ehemalige TV-Kandidatin vor allem durch peitschenartige Angriffe mit einer Hundeleine aufgefallen. Daneben hatte sie aber auch einmal an ihrer Wohnungstür mit einem selbst gebastelten Besen-Speer gedroht und einen Schuhschrank im Hausflur bei einem Wutanfall regelrecht zerlegt.

Einem ihrer Ex-Partner hatte sie im Streit kochend heißes Wasser über den Kopf gegossen, einem anderen Mann auf offener Straße von hinten eine Bierflasche auf den Schädel geschlagen. Mit ihrer Einsicht und Entschuldigung vor der Urteilsverkündung hat die Wittenerin beim Gericht allerdings nachhaltig Eindruck hinterlassen.  „Damit haben Sie allen gezeigt, was in ihnen steckt“, lobte Richterin Susanne Schön-Winkler die Angeklagte.

Witten: Richter sehen Erkrankung als Grund für den dramatischen Absturz

Beauty-Salon, Familie, Kind, Hund, Auftritt bei „Bauer sucht Frau“ – und dann so ein Absturz: Die einfache Erklärung dafür sei in diesem Fall eine tragische, urteilte das Gericht. „Der Grund ist nicht der gewesen, dass die Angeklagte eine Verbrecherin ist. Der Grund ist, dass sie psychisch krank ist und dass diese Erkrankung sie sehr verändert hat“, hieß es.

Elementar wichtig sei jetzt, dass die 50-Jährige in einer psychiatrischen Einrichtung unterstützt und intensiv behandelt werden könne. Zwar erfolge ihre Psychiatrie-Unterbringung zum Schutz der Allgemeinheit grundsätzlich zunächst unbefristet, so das Gericht. Wenn die Wittenerin aber halte, was sie versprochen habe, hätte sie „eine gute Chance“, mittelfristig wieder mit einer Perspektive entlassen zu werden.

Neben der Psychiatrie-Unterbringung verhängte die Elfte Strafkammer für die Gewalttaten parallel zwei Jahre und neun Monate Haft. Diese stehen aber praktisch nur auf dem Papier. Solange die Frau beanstandungsfrei in einer Psychiatrie mitarbeite, habe sie nach Therapieende kein Gefängnis mehr zu erwarten.  

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