Witten. Politiker und Wissenschaftler haben in Witten über ein mögliches AfD-Verbot diskutiert. Nicht jeder befürwortet das. So lief die Debatte.

Was muss eine Demokratie aushalten und was darf sie sich nicht gefallen lassen? Diese Frage stellt sich im Umgang mit der AfD immer drängender. Schon lange gibt es den Ruf nach einem Verbot der rechten Partei. Über das Für und Wider haben rund 70 Bürgerinnen und Bürger auf Einladung des Wittener SPD-Bundestagsabgeordneten Axel Echeverria in der Pop-Akademie diskutiert.

Mit dabei war auch Echeverrias Fraktionskollegin im Bundestag, Maja Wallstein. Sie kommt aus Cottbus und gewann ihren Wahlkreis mit zwei Prozent Vorsprung gegen den AfD-Kandidaten. „Mir ist klar, dass viele dieser Stimmen nicht für mich, sondern gegen den anderen Kandidaten waren“, beschrieb sie die Situation in der Lausitz. Die 38-Jährige wies eindringlich auf die Gefahren hin, die zukünftig drohten. Schon jetzt werde sie auf der Straße immer wieder beschimpft und auch körperlich attackiert – sogar wenn ihre kleinen Töchter dabei seien.

Abgeordnete aus Brandenburg erhält regelmäßig Morddrohungen

Echeverria und Wallstein sind zwei von 113 Bundestagsabgeordneten verschiedener Fraktionen, die einen Antrag unterzeichnet haben - mit dem Ziel, die Verfassungsmäßigkeit der AfD zu überprüfen. Seitdem bekomme sie und ihre Familie noch mehr Morddrohungen, so die Abgeordnete aus Brandenburg. Dort ist die AfD bei der letzten Landtagswahl mit 29,2 Prozent der Stimmen zweitstärkste Kraft geworden. Echeverria, der sich auch klar für die Überprüfung der AfD aussprach, zollte den SPD-Politikern in den neuen Bundesländern seinen Respekt: „Bei uns sind derlei Dinge noch die Ausnahme. Mit der Betonung auf dem noch.“

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AfD-Diskussion Popakademie Witten 12. Dez 2024
Wittens Bundestagsabgeordneter Axel Echeverria (SPD, links) diskutierte in der Pop-Akademie über ein mögliches Verbotsverfahren gegen die AfD. Mit auf dem Podium saßen die Wissenschaftler Jörg Ennuschat (2.v.l.) und Rainer Bovermann von der Ruhr-Uni und Maja Wallstein, Sozialdemokratin aus Brandenburg. © Stephan Kottkamp | Stephan Kottkamo

Für die juristische Einordnung war der Verfassungs- und Verwaltungsrechtler Jörg Ennuschat zu Gast. Er erläuterte das Prozedere und nannte Fallstricke eines etwaigen Verfahrens, zum Beispiel die zu erwartende lange Dauer. Das größte Problem sieht Ennuschat jedoch in der Frage: „Woran erkenne ich denn, dass eine Partei verfassungsfeindlich ist?“ Die AfD sei sehr geschickt darin, sich doppeldeutig zu äußern. Eine Beweisführung sei daher sehr kompliziert. Sollte der Antrag scheitern, könne das der Demokratie einen „Bärendienst“ erweisen.

„Nicht den Opfermythos bedienen“

Der Politikwissenschaftler Rainer Bovermann unterstützte diese Sicht. Er wies darauf hin, dass sich die AfD als Opfer des Systems darstellen könnte. Maja Wallstein aus Cottbus ließ dies nicht gelten: „Den Opfermythos bedienen sie doch jetzt schon.“

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Bovermann skizzierte Strategien zur Bekämpfung der AfD. Ein Verbot sieht er kritisch, da dadurch zwar die Partei, nicht aber die Wähler verschwinden würden. Aber vielleicht geht es ja auch ganz anders. Aus dem Publikum kam die Aufforderung: „Hört auf zu fragen, warum die Leute die AfD wählen. Fangt an, euch zu fragen, warum sie euch nicht mehr wählen.“

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