Witten. Wittener Studierende der Initiative „Herzergreifend“ bieten in NRW Erste-Hilfe-Kurse für Schulen an. Denn auch Kinder können Lebensretter sein.
Wer einen Führerschein macht, absolviert auch einen Erste-Hilfe-Kurs. Stabile Seitenlage und Herzdruckmassage sollten danach bei jedem sitzen. In der Praxis sieht das oft anders aus: Viele vergessen die Techniken schnell oder zögern im Ernstfall. Um das zu ändern, bieten Studierende der Universität Witten/Herdecke seit 2017 mit dem Verein „Herzergreifend“ landesweit Laienanimationen in Schulen an – kostenlos.
„Unser Ziel ist es, jungen Menschen Reanimation näherzubringen und ihnen die Angst davor zu nehmen“, sagt Noah Goss (22) bei einer Schulung vor mehr als 30 Jungen und Mädchen. Zusammen mit acht weiteren Studierenden besucht er an diesem Tag ein Wuppertaler Gymnasium. In den letzten drei Jahren habe die Initiative rund 3000 potenzielle Lebensretter ausgebildet. Ihre Leitformel für die Reanimation: Prüfen, Rufen, Drücken.
Wittener Verein bietet kostenlose Reanimationskurse
„Hat jemand schon Erfahrung mit dem Rettungsdienst gemacht?“, fragt Goss die Schulklasse. Hände schießen nach oben. „Meine Mutter arbeitet im Krankenhaus“, sagt eine Schülerin. „Ich bin Juniorretterin und kenne daher die Herzdruckmassage und die stabile Seitenlage“, erzählt Viktoria (12). Andere berichten von gebrochenen Armen oder Beinen.
Selbst den Rettungswagen gerufen, das hat bisher nur die Klassenlehrerin. Bis er eintrifft, dauert es im Schnitt acht Minuten. „Auf dem Land auch mal 15 Minuten“, ergänzt Goss. Bis Hilfe eintritt, können Erstmaßnahmen Leben retten.
„Durch die Lunge kommt Sauerstoff in unseren Körper, das Herz pumpt ihn ins Gehirn. Es ist ein Kreislauf. Wenn der Sauerstoff fehlt, können wir schon nach 30 Sekunden bewusstlos werden“, so Goss. „Ab drei, vier Minuten drohen ernsthafte Schäden.“ In dieser Zeit schaffe es kaum ein Rettungswagen, vor Ort zu sein.
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Laienanimation: Wie funktioniert die Erste Hilfe?
Wie man reagiert, wenn jemand bewusstlos ist, demonstrieren die Studentinnen Jule Staar (22) und Sophie Fischer (21). Staar legt sich auf den Boden. Fischer erklärt: „Zuerst spreche ich die Person ganz laut an. Dann rüttele ich an den Schultern.“
Reagiert die Person nicht, werde überprüft, ob sie atmet. „Dafür streckt ihr den Kopf nach hinten, legt das Ohr über den Mund und beobachtet, ob sich der Bauch hebt.“ Atmet die Person, bringt man sie in die stabile Seitenlange. Viktoria macht es vor.
Notfall: Herzdruckmassage soll Pumpfunktion ersetzen
„Was, wenn die Person nicht atmet?“, fragt Fischer. Alexander (13): „Den Krankenwagen rufen.“ Und dann? „Herzdruckmassage“, antwortet Viktoria. Jule Staar tauscht mit einem Dummy. „Übt das nicht an euch selbst, das könnte gefährlich sein.“ Wie feste muss man drücken? „So tief wie ein Tennisball groß ist, also fünf bis sechs Zentimeter“, sagt die Studentin und ermutigt: „Ihr könnt nichts falsch machen, außer nichts zu tun.“
Ziel sei es, die Pumpfunktion zu ersetzen und den Kreislauf aufrechtzuerhalten. Eine Herzdruckmassage ende erst, wenn der Rettungswagen kommt. Um das durchzuhalten, könne man auch andere um Hilfe bitten und sich abwechseln. Mund-zu-Mund-Beatmung wenden Laien am besten nicht an. Da werde zu viel falsch gemacht.
Dann sind die Schülerinnen und Schüler dran. Alexander (13) übt im Takt zum Bee-Gees-Song „Staying Alive“. „Fühlt ihr euch jetzt sicherer?“, fragt Noah Goss rund 90 Minuten nach Beginn der Schulung. Die Kinder heben den Daumen. Noch vielsagender als das gute Feedback: Einige probieren die Handgriffe auch nach der Schulung weiter am Dummy aus.
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