Witten. Am Ende scheinen Witten und seine Ev. Pop-Akademie die großen Gewinner zu sein. Bochum bekommt vorerst keine neue Hochschule für Kirchenmusik.

  • Sparzwang: Evangelisches Landeskirchenamt lässt Pläne für 14-Millionen-Bau in Bochum erst mal fallen
  • Hochschule an der Wittener Pop-Akademie bekommt nun auch noch den Studiengang „klassiche Kirchenmusik“
  • Rektor Jochen Schweizer: „Ich habe um das Überleben der Hochschule gekämpft“

Studierende aus Herford wechseln nach Witten

Die Evangelische Kirche muss sparen und baut vorerst nun doch keine neue Hochschule für Kirchenmusik in Bochum. Das bedeutet nicht nur, dass der Ausbildungszweig „popular“ erst einmal weiter im Gebäude der Pop-Akademie in Witten bleibt. Nein, er bekommt sogar noch die klassische Sparte dazu. Damit wird Witten nun der Hauptstandort der bisherigen „Hochschule für Kirchenmusik Herford-Witten“. Der viel ältere Stammsitz in Ostwestfalen wird nach 75 Jahren aufgegeben.

Ursprünglich sollten beide Schwerpunktstudiengänge in einem 14 Millionen teuren Neubau ab 2026 auf dem Campus der Ev. Fachhochschule in Bochum vereint werden. Diese Planung wurde nun wegen des Sparzwangs endgültig verworfen. Stattdessen werden klassische und populäre Kirchenmusik künftig unter einem Dach in der ehemaligen Wittener Stadtbücherei unterrichtet.

Mehr zum Thema

Entsprechend groß ist die Freude bei der dortigen Pop-Akademie, die bei einem Verlust der Hochschule - ihres Hauptmieters seit 2016 - um ihren Bestand hätte bangen müssen, zumindest in der bisherigen Form. Nun wird über einen neuen fünfjährigen Vertrag verhandelt.

„Mit der Entscheidung der Landeskirche gibt es eine neue Planungsperspektive für den Kulturort in der Ruhrstraße 48 insgesamt“, sagt Pop-Akademie-Geschäftsführer Martin Bartelworth, der ebenfalls Vorstand der Stiftung Creative Kirche ist. Der 59-Jährige spricht von einem „kulturellen Pfund“, wenn nun „zusätzliche junge, talentierte Menschen“ zum Studium der klassichen Kirchenmusik nach Witten kommen. Auch die Gemeinden und das Kulturleben in der ganzen Region profitierten davon.

Die Pop-Akademie in Witten ist ein gefragter Kulturort: hier ein Bild von der Generalproble für das Martin-Luther-King-Musical der Creativen Kirche im Vorjahr.
Die Pop-Akademie in Witten ist ein gefragter Kulturort: hier ein Bild von der Generalproble für das Martin-Luther-King-Musical der Creativen Kirche im Vorjahr. © FUNKE Foto Services | Judith Michaelis

„Ich freue mich auf die neue Zeit und die vielen Möglichkeiten, die sich mit der Neuaufstellung der Hochschule insgesamt für Witten und die Region ergeben“, so Bartelworth. Der Rektor der Hochschule, Prof. Jochen Kaiser, habe ein überzeugendes Konzept erarbeitet. Bartelworth: „Das wird bundesweit Beachtung finden.“

Martin Bartelworth aus Witten: „Das wird bundesweit Beachtung finden“

Insgesamt handelt es sich um 45 Studierende, die Kirchenmusik studieren, davon 22 die Sparte „Popular“ mit Pop, Rock, Jazz und Gospel am Standort Witten. An der Ruhrstraße 48 sind die Hochschule, die Evangelische Pop-Akademie samt Weiterbildungsinstitut sowie Stiftung und Gemeinde der Creativen Kirche untergebracht.

Allerdings betont Hochschulrektor Jochen Kaiser, dass Witten ein „vorläufiger“ Standort sei - „mit der Option, in drei, vier Jahren neu über den räumlichen Bedarf nachzudenken“. Das könne im schlimmsten Falle eines Tages „Abwicklung“ bedeuten, aber auch Bochum ist noch nicht ganz aus dem Rennen. Eine Zusammenarbeit mit der dortigen Ev. Fachhochschule, wo unter anderem Diakone und Gemeindepädagogen ausgebildet werden, gibt es in jedem Fall. Und eine „Straßenbahn, die direkt von Witten nach Bochum fährt“.

Lesen Sie auch

Mit der Ansiedlung beider Studiengänge an einem Ort will Kaiser die klassische und populäre Kirchenmusik „näher zusammenbringen“, stärker am „Bedarf auf dem Markt“ und den Fähigkeiten der Studierenden ausrichten, weg vom alten Schubladendenken. Zuallererst galt es aber, „um das Überleben der Hochschule zu kämpfen“. Mit der Zusammenführung in Witten sieht er die 20-prozentigen Sparvorgaben des Landeskirchenamtes nun weit übertroffen.

Dass Herford am Ende den Kürzeren zog, hat neben dem dort gewaltigen Investitionsstau noch einen weiteren Grund: Studierende leben gerne in urbanen Räumen, wie Kaiser betont. Da hatte Ostwestfalen gegen den Ballungsraum Ruhrgebiet wohl keine Chance.

+++Folgen Sie jetzt auch dem Instagram-Account der WAZ Witten+++