Witten/Hattingen/Sprockhövel. Der kleine Pleßbach hat mehrfach das Hammertal überschwemmt. Seit 2012 sind Maßnahmen geplant, doch bislang wurde nichts umgesetzt. Warum nicht?

Der Starkregen im Juli 2021 ist vielen noch in Erinnerung. Nicht nur die Ruhr trat damals über die Ufer, auch der kleine Pleßbach, der durch Witten, Hattingen und Sprockhövel fließt. Das Rinnsal stieg meterhoch an, überschwemmte mit großer Wucht Wohnhäuser und ein Industriegebiet. Damit eine solche Flutwelle sich nicht wiederholt, muss der ins enge Hammertal eingepferchte Bach renaturiert werden. Doch das ist weiterhin nicht in Sicht.

Zuständig für den zwölf Kilometer langen Bach ist der EN-Kreis. Schon nach der Katastrophe 2021 hatte der Leiter der Wasserwirtschaft, Wolfgang Flender, die Probleme benannt. Zum einen sind gleich drei Kommunen zuständig. Am unteren Ende, im Hammertal, steht die Bebauung sehr dicht am Bachlauf. Zusätzlich wird auch das Niederschlagswasser der parallel laufenden A 43 mit ihrer großen Asphaltfläche in den Pleßbach geleitet. Die Autobahn wurde ohne Regenrückhaltesystem erbaut.

Planungsgrundlage fehlt bislang

Dabei waren die Renaturierungspläne auf einem guten Weg. 2012 standen die Straßen nach einem Wolkenbruch unter Schlamm und Wasser. Kurz danach wurde der Bach in das Landesprogramm „Lebendige Gewässer“ aufgenommen. Die Stadt Witten erstellte daraufhin eine Planung, die bis 2027 umgesetzt sein sollte. Denn so gibt es die EU-Wasserrahmenrichtlinie zur „Wiederherstellung naturnaher Lebensräume an Gewässern“ vor. Unter anderem sollten Regenrückhaltebecken am Waldweg und auf dem Gelände der Firma Pleiger entstehen. 620.000 Euro wurden damals für den Umbau eingeplant. Das Land aber zögerte mit Fördermitteln: Das Geld fließe erst, wenn der Kreis in Aufzeichnungen die hohen Wasserstände des Bachs belegen kann. Dazu müssten am Pleßbach Messstellen eingerichtet werden, die Niederschläge und Abflüsse erfassen.

Immer wieder von Unwettern betroffen: Ein Sturzregen ergoss sich 2012 nahezu punktuell über das Hammertal. Hier schippen zwei Anwohner Schlamm aus der Straße Rauhe Egge in Witten.
Immer wieder von Unwettern betroffen: Ein Sturzregen ergoss sich 2012 nahezu punktuell über das Hammertal. Hier schippen zwei Anwohner Schlamm aus der Straße Rauhe Egge in Witten. © FUNKE Foto Services | Augstein

Dieses „Niederschlags-Abfluss-Modell“ hat die Behörde bislang noch nicht in Auftrag gegeben. Überhaupt sieht der Wirtschaftsplan des Kreises eine deutliche Verzögerung des Renaturierungsprojekts vor, so Georg Klee. Der SPD-Kreistagsabgeordnete erläutert den aktuellen Stand: „Ein guter ökologischer Zustand soll im Wittener Bereich demnach bis 2039 erreicht werden. Das Hattinger Umfeld des Pleßbachs befindet sich ohnehin in einem relativ guten Zustand.“ Begründet habe der Kreis diese Entscheidung mit zu hohen Kosten.

Kreisweites Messnetz nach Vorbild der Elbsche

Immerhin: Geplant ist laut Georg Klee ein kreisweites Messnetz. Vorbild dazu ist die Elbsche in Wetter. „Das Projekt dort wird noch in diesem Jahr abgeschlossen.“ An der Elbsche misst ein Messnetz den Wasserstand und wertet die Ergebnisse aus. Steigt das Wasser im Oberlauf zu hoch, wird automatisch gewarnt. Vor einem Start am Pleßbach freilich seien noch Abstimmungsgespräche mit den Städten Witten und Sprockhövel, der Autobahn GmbH sowie mit der Bezirksregierung als Fördermittelgeber notwendig.

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Solange legt auch die Stadt Witten ihre Planungen auf Eis. Konkret hatte die Stadt fünf Hochwasserschutz-Maßnahmen für das Hammertal ins Auge gefasst. Dazu gehören die Einrichtung eines Rechenfeldes auf Höhe der Firma Karger, eine Rückhaltung im Bach oberhalb des Straßendamms an der Uhlenbruchstraße und der Bau eines Notwasserweges auf dem Bereich ehemaliger Sportplatz/Maisfeld. Immerhin: „Die frühere Sportplatzfläche selbst ist bereits renaturiert und die Pflugrichtung auf dem Maisfeld wurde geändert“, berichtet SPD-Ratsherr Martin Kuhn. Für weitergehende Maßnahmen dort seien noch Grundstücksfragen zu klären.

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Der Buchholzer sieht besonders die Autobahn GmbH in der Pflicht. Denn wie er erfahren hat, „leitet sie entlang des Pleßbachs ungereinigtes Straßenabwasser der A 43 in viel zu großen Wassermengen in den Bach ein. Viele dieser Einleitungen entsprechen nicht mehr dem Stand der Technik und müssen angepasst werden.“

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