Witten. Marcel Jakobs hat sich selbstständig gemacht. „Hörgeräte Jakobs“ haben drei einstige Amplifon-Mitarbeitende eröffnet, direkt neben der Filiale.
Gehören Hörgeräte bald zum guten Ton? Inzwischen spricht viel dafür. Die Entwicklung der Branche hat Marcel Jakobs so viel Mut gemacht, dass er im Gebäude Bahnhofstraße 57 sein eigenes Geschäft aufgemacht hat „Hörgeräte Jakobs“. Der 34-Jährige weiß, dass er mehr bieten muss als die Konkurrenz der Hörgeräte-Ketten.
Alte Menschen brauchen Hörgeräte - und immer mehr Partygänger
Der Markt ist da. In Deutschland gelten laut Studie aus dem Jahr 2021 mehr als zehn Millionen Menschen als hörgeschädigt. Gut sechs Millionen von ihnen leiden gar auffällig unter Schwerhörigkeit. Sie gilt als Alterserscheinung. Doch das trifft das Problem nicht ganz. Hörschäden bis zur Taubheit können angeboren sein. Dazu kommt die verbreitete Neigung des jungen Partyvolks, sich einen Satz heiße Ohren zu gönnen. Auf Dauer heißt es: Events gehen, Tinnitus bleibt.
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Da kommen Marcel Jakobs und sein Mini-Team ins Spiel: Katharina Steffan (44) und Şengül Yanik-Yarimbas (43). Zuvor haben alle drei Jahre lang bei einer Hörgeräte-Kette gearbeitet, direkt nebenan. Künftig gibt es Tür an Tür Wettbewerb. Doch die Drei, versichert Marcel Jakobs, seien nicht im Bösen ausgeschieden: „Man ist Nachbar, nicht mehr und nicht weniger.“
Der Meister kann auf persönliche Erfahrungen zurückgreifen
Bereits vor der Meisterprüfung habe er sich das Ziel gesetzt, sich mit einem inhabergeführten Betrieb selbstständig zu machen, sagt der junge Chef. Meister ist er seit 2018. Er fasse „das Handwerk dann doch anders auf“ als Hörgeräte-Ketten. Sein Konzept: Die Kundschaft hat feste Ansprechpersonen. Das Team arbeitet durchweg mit Terminen. Ausführliche Beratung und Gerätetests verspricht Marcel Jakobs: „Ich habe da Bock drauf. Ich probiere gern mal was aus.“
Marcel Jakobs kennt die Bedürfnisse seines Publikums gut, denn er trägt selbst Hörgeräte. Einmal, erzählt der Handwerker, habe er sie im Urlaub vergessen. Seine Verlobte spürte das Fehlen der Hörgeräte schmerzhaft – weil ihr Partner zwischenzeitlich die TV-Lautsprecher extrem laut gestellt hatte. Doch die Geschichte nahm ein gutes Ende. Marcel Jakobs wurden die Hörgeräte nachgeschickt.
Mini-Computer mit Blue Tooth
Hörgeräte sind längst High-Tech-Produkte: Mini-Computer, die die Lücke zwischen Hörhilfe und Hörgenuss in HiFi-Qualität wohl bald schließen. Per Bluetooth-Technik können sich Menschen mit Knopf im Ohr zudem Audio-Guides direkt anzapfen – etwa bei Museumsbesuchen. Manche Personen wünschen kristallklaren Klang, andere bevorzugen warmen Sound, weiß Jacobs. Doch die akustische Wahrnehmung sei individuell. Genau da setze die Beratung des Fachpersonals an: „Wir haben Zeit. Wir arbeiten nicht nach Stechuhr.“
Hundedame sorgt für Stimmung
Das neue Geschäft sorgt für das Ende eines Leerstands an der unteren Bahnhofstraße. Nach dem Auszug der Zeitarbeitsfirma Randstad vor anderthalb Jahren standen die Räume leer. Der junge Chef will mit seinem Geschäftsmodell den Einzelhandel nicht neu erfinden. Er geht mit der Zeit. Aber Gutes bleibt – etwa die Mittagspause. Der Laden öffnet unter der Woche um 9 Uhr und schließt um 13 Uhr. Das Nachmittagsgeschäft geht von 14 bis 18 Uhr. Die oft ältere Kundschaft mag es so – und das Team auch. Es wird von einer Vierbeinerin vervollständigt. Die fünf Monate alte Hundedame „Maya“ hat ein freundliches Temperament. Benimm gehört für sie zum guten Ton.
Ketten und inhabergeführte Fachgeschäfte
Die Zahl der Hörakustik-Geschäfte in Witten ist in den letzten Jahren angestiegen. Neben den drei Amplifon-Läden haben auch die Ketten Geers (Bahnhofstraße) und Kind (Centro Vital in Annen) je eine Filiale in der Ruhrstadt. Auch einige Optik-Ketten wie Apollo bieten inzwischen Hörsysteme an. Bekannt ist natürlich Paul Rybarsch, der sein vor über 50 Jahren an der Johannisstraße 17 gegründetes Geschäft an Henrike Koller und Anne-Kathrin Strototte abgegeben hat. Rybarsch Hörgeräte hat bereits acht weitere Filialen in Bochum, Schwerte, Wuppertal und Herne eröffnet.
Zwischen die Platzhirsche schieben sich aber auch kleine Betriebe wie „Hörsysteme Hörchen“ von Kerstin Köhl an der Stockumer Straße 26a in Annen. Paul Lemke hat vor zwe Jahren in der Johannisstraße 12 sein Studio „Witten Hört“ eröffnet.
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