Witten. Sollten Rennradfahrer mehr Abstand zueinander zu halten – ähnlich verpflichtend wie Autofahrer? Nach einem Unfall in Heven spricht die Polizei.

Kampfzone Straßenverkehr: Das hat ein Unfall auf der Herbeder Straße vor Haus Kesper in Heven mit zwei verletzten Rennradfahrern wieder ins öffentliche Bewusstsein gehoben. Eine Frau hatte ihre Gruppe beim Abbiegen vom Restaurant-Parkplatz übersehen. Aber: Trifft die Biker womöglich eine Mitschuld?

Der Ruhrtalradweg ist beliebt - bei Bikern wie bei Fußgängern (Archiv). Das führt immer wieder zu Konflikten.
Der Ruhrtalradweg ist beliebt - bei Bikern wie bei Fußgängern (Archiv). Das führt immer wieder zu Konflikten. © Fremdbild | Jürgen Augstein

Wann müssen Biker auf den Radweg?

Genau diese Frage wirft der Wittener Werner Mohr auf. Er sieht Radfahrer keineswegs zwangsläufig als Opfer, wenn sie auf der Fahrbahn in einen Unfall verwickelt werden. „Autofahrer müssen die Straße benutzen. Fahrradfahrer können beides benutzen, Radwege und Straßen“, meint Mohr. Er hebt heraus, Rennradfahrer seien „immer auf der Straße mit relativ hohem Tempo und dabei Rad an Rad unterwegs“. Mohr stellt die Frage, ob Radfahrer im Straßenverkehr dazu verpflichtet seien, mehr Abstand zueinander zu halten – ähnlich wie Autofahrer. „Gelten für Radfahrer diese Regeln nicht?“ Witten – ein Paradies für bikende Berserker und radelnde Rambos?

Heike Jackler hält gegen. An der Unfallstelle vor Haus Kesper befinde sich ein Gehweg, „der so große Schäden aufweist, dass der vorhandene Radweg schon vor vielen Jahren aufgehoben wurde. Dieser miserable Gehweg dient zudem als Parkplatz. An den Autos vorbei bleibt ein schmaler Weg. Ja, und auf diesem Gehweg dürfen sich in beiden Richtungen neben Fußgängern auch Radfahrer drängen. In Schritttempo! Denn es ist kein Radweg, sondern eben Gehweg.“

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Polizeisprecherin Mirella Turrek erklärt auf Anfrage, wann Biker Radwege benutzen müssen: „Eine Pflicht, Radwege in der jeweiligen Fahrtrichtung zu benutzen, besteht nur, wenn dies durch Zeichen 237, 240 oder 241 angeordnet ist.“ Dahinter verbergen sich drei Verkehrsschilder, die, auf blauem Grund, weiße stilisierte Radfahrer zeigen, mal allein, mal mit Fußgängern.

Radwege in Fahrtrichtung ohne ausdrückliche Beschilderung dürfen laut Mirella Turrek benutzt werden. Radwege gegen die Fahrtrichtung dürfen nur mit Einschränkung benutzt werden – nämlich dann, wenn dies durch das alleinstehende Zusatzzeichen ,Radverkehr frei‘ angezeigt ist. Und wie sieht es mit Abstandsregeln aus?

Es gibt keine gesetzlichen Vorgaben, wohl aber Empfehlungen. Die Ratschläge stammen vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club (ADFC). Ein Tipp fürs Fahren in der Gruppe lautet: „Abstand zum Vordermann mindestens eine Radlänge“. Das ermögliche im Notfall den Hinterleuten in einer Gruppe eine schnelle Reaktion und kurzen Bremsweg. Zugleich mahnt der ADFC, „Abstände innerhalb der Gruppe nicht zu groß werden lassen, damit man von anderen Verkehrsteilnehmern als zusammengehörende Gruppe erkannt wird“.

Vom Rennradfahrer auf der Straße überholt

Im Alltag erlebt Werner Mohr Radler oft als Rüpel: „Tagtäglich kann man beobachten, wie Radfahrer Regeln der Straßenverkehrsordnung missachten. Ich selbst wurde autofahrend schon in einer 30er Zone vom Rennradfahrer auf der Straße überholt und dabei als A...loch beschimpft, da er sich wohl in seinem Tempo behindert fühlte!“

Polizeisprecherin Turrek kommentiert Einzelfälle nicht. Sie weiß aus Erfahrung, dass Radfahrer mal die Schwächeren, mal die Stärkeren sind: „Wenn jeder mal die Perspektive des anderen übernimmt und ein bisschen Verständnis zeigt, wären wir alle schon viel weiter.“

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Eine Radfahrer-Gruppe aus Wetter an der Ruhr und Rhede im Münsterland in Heven (Archiv): Der Ruhrtalradweg ist bei Einheimischen wie bei Kurzurlaubern beliebt. Wenn viele Radler auf viele Fußgänger treffen, kann es zu Problemen kommen.
Eine Radfahrer-Gruppe aus Wetter an der Ruhr und Rhede im Münsterland in Heven (Archiv): Der Ruhrtalradweg ist bei Einheimischen wie bei Kurzurlaubern beliebt. Wenn viele Radler auf viele Fußgänger treffen, kann es zu Problemen kommen. © WAZ | jürgen overkott