Sprockhövel. Für einen Mann aus Sprockhövel ist das Leben in Freiheit erst einmal vorbei. Aufgegeben haben die Richter den 37-Jährigen aber nicht.

Nach einer Serie von Morddrohungen ist ein Mann aus Sprockhövel am Freitag in eine geschlossene Therapie-Einrichtung eingewiesen worden. Dort soll seine schwere Alkoholsucht behandelt werden. Die Richter am Essener Landgericht halten den 37-Jährigen für unberechenbar. Leicht haben sie sich die Entscheidung allerdings nicht gemacht.

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„Wir blicken mit Sorge in die Zukunft“, sagte Richterin Dorothée Endriss bei der Urteilsbegründung. Und direkt an den Beschuldigten gewandt: „Wenn Sie weiter so trinken, ist ihr Gehirn bald kaputt – und dann passiert irgendwann wirklich was.“

„Wenn Sie weiter so trinken, ist ihr Gehirn bald kaputt – und dann passiert irgendwann wirklich was.““

Dorothée Endriss
Richterin

Der 37-Jährige hatte im Internet einen Amoklauf angedroht und bei der Polizei die Ermordung seines Nachbarn angekündigt. „Kann sein, dass ich ihn morgen enthaupte.“ So oder so ähnlich soll er sich am Telefon ausgedrückt haben. Passiert ist zum Glück nichts. Außerdem hat er immer wieder den Notruf gewählt, obwohl es ihm gut ging.

Ein Hilferuf?

Im Prozess hatte der Mann aus Sprockhövel von einem Hilferuf gesprochen. Er will schon mehrfach versucht haben, vom Alkohol wegzukommen, allerdings immer ohne Erfolg. Es gibt aber offenbar Phasen, in denen er sich gut im Griff hat. Vor Gericht, zum Beispiel. Dort war ihm der fast 20-jährige Alkoholmissbrauch nicht anzusehen.

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„Ich trinke jeden Tag Kräutertee“, sagte er den Richtern. Den Schnaps hat er gegen Rotwein eingetauscht. Das scheint ihm offenbar besser zu bekommen. 

Strafgesetzbuch immer dabei

Was die Richter aber vor allem erstaunte: Kaum fiel im Prozess ein Paragraph aus dem Gesetzbuch, schlug ihn der 37-Jährige in der nächsten Pause sofort nach. „Ich habe zwei Strafgesetzbücher“, sagte er und musste dabei selber schmunzeln.

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Dass er vom Alkohol weg muss, weiß er auch. „Das ist bei einer Sucht aber nicht so einfach.“ Unterstützung hat er nicht. Die Eltern sind verstorben, Partnerschaften lehnt er ab. Selbst der Anblick von Personen, die Händchen halten, kann er nach eigenen Angaben nicht ertragen.

Angst vor Menschen

Auch der Weg zum Essener Landgericht kostete offenbar große Überwindung. „Die vielen Menschen am Hauptbahnhof – das ist sehr anstrengend.“

Der 37-Jährige war schon immer ein Einzelgänger. Früher quälten ihn außerdem viele Zwänge. Ordnung, Körperhygiene, Essen: Alles musste ganz bestimmten Riten folgen.

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Die Unterbringung in einer geschlossenen Therapie-Einrichtung ist laut Urteil seine letzte Chance, um sein Leben vielleicht doch noch in den Griff zu bekommen.

„Wir hoffen, dass wir ihnen helfen können“, so Richterin Endriss. Eine Alternative gebe es nicht – zum Schutz der Allgemeinheit. Die Dauer der Zwangsbehandlung wird voraussichtlich knapp zwei Jahre dauern. Eine klassische Bestrafung war nicht möglich. Der 37-Jährige galt zur Tatzeit als schuldunfähig.