Oberhausen. Bei der Bundestagswahl 2025 steht Nico Grönke auf der Landesliste des BSW. Der 50-Jährige engagiert sich erstmals politisch. Warum?

Nico Grönke irrt mit seinem Handy durch eine Osterfelder Wohnsiedlung. Mehrfamilienhäuser reihen sich an Mehrfamilienhäuser. Da vorne könnte es sein, sagt er, und zeigt auf eine Brücke. Es ist die falsche. Wir müssen weiter. Das Denkmal für das Zwangsarbeiterlager der GHH, Gutehoffnungshütte, nahe dem Förderturm hat er schon oft mit seinen Schülern besucht. Nur: Er habe keinen Orientierungssinn.

Nach einigem Wandern durch Bahntunnel und an wilden Brombeerbüschen vorbei, sind wir an der Steintafel, an seinem Thema angelangt: Frieden. „Soll es noch ewig so weitergehen? Wie viele Menschen sollen in der Ukraine noch sterben? Die Militarisierung unserer Gesellschaft schreitet im Sinne des „Operationsplan Deutschland“ voran“, gibt Grönke seine Sicht der Dinge wieder. Es müsse eine Partei geben, die das infrage stelle und einen Friedensplan für Europa vorlegt. Aus seiner Meinung ist diese Partei das Bündnis Sahra Wagenknecht, für das Nico Grönke bei der Bundestagswahl 2025 auf der Landesliste steht.

Bis zu diesem Winter kannten ihn seine Schülerinnen und Schüler nur als Lehrer für Deutsch und Gesellschaftswissenschaften, als einen Lehrer mit interessanter Biografie. Nico Grönke stammt aus der früheren DDR, mit 16 kam er in den Westen und machte eine Schlosserausbildung. Mit 26 holte er sein Abitur nach und begann ein Studium, weil ihn sein Ausbildungsberuf nicht interessiert habe. Seit 2013 ist Nico Grönke Lehrer an der Gesamtschule Osterfeld, und er dürfte für einige seine Schüler als Vorbild taugen: Über Umwege ans Ziel kommen, auch wenn es steinig ist. Osterfeld hat eine recht hohe Arbeitslosigkeit, nicht wenige Familien brauchen Sozialhilfe. Der Weg ins Berufsleben kann mitunter schwierig sein.

Bundestagswahl 2025: BSW für Friedensverhandlungen mit Putin

Nico Grönke - BSW
Ein wichtiger Ort für den Oberhausener BSW-Kandidaten: Nico Grönke vor der Gedenkstätte zur Erinnerung an ein Zwangsarbeitslager in Osterfeld. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

In diesem Winter fügte Nico Grönke seiner Biografie ein weiteres Kapitel hinzu. Als die Bundesregierung immer mehr Waffen in die Ukraine lieferte, um dem Land gegen den russischen Aggressor zu helfen, stieg in Nico Grönke das Unverständnis. „Ich war wütend und schockiert, wie die Regierung mit dem Ukraine-Krieg umgegangen ist. Wir Deutschen haben zwei Weltkriege angezettelt, mit Millionen Toten. Vor diesem Hintergrund hätte ich eine andere Politik erwartet.“ Grönke spricht von einer „Bedrohungslüge“, dass Russland nach einem Sieg in der Ukraine auch andere Länder weiter angreifen würde, und fordert Friedensverhandlungen. Aber würde das nicht heißen, dass die Ukraine bei einem Kompromiss Land abgibt, das ihr zusteht? „Es gab bereits Ende März 2022 gute Fortschritte hinsichtlich eines Friedensabkommens“, behauptet Grönke. Vieles spreche dafür, wie er findet, dass nicht Russland, sondern der Westen diese Verhandlungen torpediert habe. „Ich bin der Meinung, dass der Krieg aufhören muss“, sagt er, auch weil ein Land wie Deutschland immer weiter hineingezogen werde. Grönke vertritt die Auffassung, dass über mögliche Gebietsabtretungen der Ukraine verhandelt werden müsse. Dafür müssten aber zuerst die Waffen schweigen.

Und noch ein Thema habe ihn umgetrieben: Die israelische Unterstützung des Westens. Als Antwort auf die Gräueltaten vom 7. Oktober 2023 marschierte Israel in den Gaza-Streifen ein. Hunderttausende Palästinenser mussten fliehen. Viele starben. Nach Ansicht des BSW-Kandidaten lässt sich die Kriegsspirale durch Friedensverhandlungen beenden.

Bündnis Sahra Wagenknecht: „Friedensfrage steht im Mittelpunkt“

BSW stellt Landesliste für Nordrhein-Westfalen auf
Das Bündnis Sahra Wagenknecht: Ende November wurde die Namensgeberin der Partei in Bochum zur Spitzenkandidatin gewählt. © DPA Images | Fabian Strauch

Der 50-Jährige engagierte sich im friedenspolitischen Forum Oberhausen und traf auf Unterstützer der Linken. Er erwog einen Beitritt, am Ende sei ihm aber die Position der Partei zur Ukraine-Frage „zu unklar“ gewesen. Als Sahra Wagenknecht aus der Partei ausstieg und eine eigene Partei gründete, wurde der Gesamtschullehrer Mitglied.

In ihrem Wahlprogramm fordert das Bündnis ein Ende der Waffenlieferungen und die Aufnahme von Friedensverhandlungen. „Die Friedensfrage steht im Mittelpunkt.“ Mit Sahra Wagenknecht hat das Bündnis jemanden, der medial sehr präsent ist, und nach Meinung des BSW-Bewerbers „ihre Frau in harten Diskussionen steht“. Das Bündnis ist auch ein Teil der außerparlamentarischen nationalen und internationalen Friedensbewegung. Es müsse auch darum gehen, mehr Menschen für Friedensdemonstrationen zu mobilisieren. Nico Grönke steht auf Listenplatz 18.

Migrationsfrage: Bündnis forder Abschiebung von Zuwanderern ohne Bleiberecht

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Eines der Kernthemen dieses Wahlkampfes ist die Migrationsfrage. Das BSW fordert eine Abkehr von der bisherigen Asylpolitik. Eines der zentralen Ziele lautet, dass Zuwanderer aus sicheren Drittstaaten konsequent abgeschoben werden sollen. Asylverfahren sollen auch außerhalb der EU stattfinden. Die Grenzen würden also für viele Menschen dichtgemacht.

Als Lehrer an der GSO unterrichtet Nico Grönke Mädchen und Jungen aus vielen unterschiedlichen Ländern. Sie oder ihre Eltern oder Großeltern profitierten irgendwann von den deutschen Regeln. Sie können in Sicherheit lernen. Einen Widerspruch zum Wahlprogramm des BSW will Nico Grönke darin nicht erkennen. Die Migrationsfrage, sagt er, sei für ihn nicht zentral. Aber er kann das Thema mit seinem Hauptanliegen kombinieren. „Eine Hauptursache für Flucht ist Krieg.“

Oberhausener Lehrer: Ende der Sanktionen gegen Putin

Zurück an der GSO, strömen Schülerinnen und Schüler auf die Gehwege am Eingang. Die Schule ist beendet. Ist er für ein Ende der Sanktionen gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin? „Ja“, sagt Nico Grönke. „Erstens schaden die Sanktionen Deutschland mehr als Russland und zweitens treffen Sanktionen immer zuerst die Bevölkerung. Schauen Sie sich beispielsweise Kuba an.“

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