Oberhausen / Hamburg. Beim Klavierfabrikanten C. Bechstein feierten die Hanseaten den Vorentscheid für das Preisträgerkonzert in Oberhausens Ebertbad.
Wenn Oberhausens rühriger Künstlerförderverein so weitermacht, werden die Talente unter seiner Obhut wohl schon bald in der Elbphilharmonie aufspielen. Schließlich sind die Oberhausener Klassik-Mäzene schon bis auf knappe zwei Kilometer an das neue Wahrzeichen der Hansestadt herangekommen - nämlich bis ins vor genau hundert Jahren erbaute Chilehaus. Mit der schnittigen Schiffsoptik seiner Ostspitze ist das einstige Kontorhaus eindeutig der „große Bruder“ des vier Jahre jüngeren Bert-Brecht-Hauses im gut 300 Kilometer entfernten Oberhausen.
Im Chilehaus residiert auch das C. Bechstein Centrum als hanseatische Niederlassung der noblen Berliner Klavierfabrik. Und dort entschied sich, vor einem enthusiastischen Publikum, das alle drei Musiker wie Sieger feierte, der Preisträger des nunmehr zehnten Dr. Eva Maria Zbick Künstlerförderpreises. Liebhaber der Klassik kennen die famosen Preisträgerkonzerte im Ebertbad, die alljährlich im Dezember nebst Urkunde und 2500 Euro Preisgeld die Vita eines hochbegabten jungen Musikers schmücken. Und der allererste Preisträger sorgte nun für die stilvolle „Hamburg Connection“.
Haiou Zhang, der übrigens am 1. September tatsächlich in der Elbphilharmonie mit seinem hochvirtuosen „Liszt pur“-Repertoire den entzückten Hanseaten gleich sechs Zugaben lieferte, knüpfte den Kontakt zwischen seinen Oberhausener „Entdeckern“ von 2015 und der Bechstein-Residenz. Deren Hausherr Axel Kemper verkauft das größte Modell seiner Konzertflügel für 190.000 Euro - und verfügt über den Räumen voller kostbarer Klangträume in Schwarz über einen stattlichen Konzertsaal nebst angeschlossenem Tonstudio. „Weil sich immer mehr Musiker bei uns melden“, so erklärt Bruno Zbick seinen Schritt nach Hamburg, wollte der Vorsitzende des Künstlerfördervereins nicht mehr alleine über die Preisträger entscheiden.
Der Jüngste hätte wohl eindeutig den Publikumspreis geholt
Daraus wurde nun der Klavier-Wettbewerb, eben nicht nur vor vier Juroren, sondern vor rund 200 klassikbegeisterten Hamburgern, die alle drei Kandidaten mit Hingabe zu Höchstleistungen motivierten. Der Jüngste allerdings hätte wohl eindeutig den Publikumspreis geholt, da ist sich Thomas Merz sehr sicher: Als designierter Präsident des Rotary Clubs Antony Hütte repräsentierte er den Sponsor des Vereins - und amüsierte sich über die lockere Art, wie Niklas Zbick die kleine Revier-Delegation an der Elbe vorstellte: „Oberhausen ist da, wo der HSV schon mal 8:1 verloren hat.“ 1970 war‘s.
Publikumsfavorit 2024 - und noch dazu der erste Musiker des Konzertabends - war der erst 21-jährige Mazedonier Arda Mustafaoglu, dessen strahlendes Selbstbewusstsein auch dem Co-Juror Bruno Zbick imponierte: „Er trat vom ersten Moment an wie der Gewinner auf.“ Mutig auch sein halbstündiges Programm, das eben nicht nur klassisch Rameau und Bach bot, sondern auch die 25 Jahre junge Komposition „Black Earth“ von Fazil Say. „Auf diesem Niveau gibt‘s keine Verlierer“, betont Bruno Zbick, der erlebte, wie engagiert das Publikum in den beiden kurzen Pausen die Preis-Chancen diskutierte.
Auch die beiden Zweitplatzierten spielen bald im Ebertbad
Den Beitrag der 25-jährigen Schweizerin Susanna Braun beschreibt Zbick, selbst Pianist, als „sehr akademisch, sehr genau“ - und im Vergleich der Drei vom „klassischsten“ Zuschnitt mit Werken von Bach, Beethoven und Skrjabin. Doch das Preisgeld holte erst der Dritte: Xingyu Lu gab mit Könnerschaft und Hingabe frühen Beethoven und späten Béla Bartók. Der Titel des letzten Bartók-Satzes, „Hetzjagd“, sollte also nicht programmatisch sein.
Doch auch die beiden Zweitplatzierten dürfen sich freuen - nicht nur als gefeierte Co-Stars im Bechstein-Saal. Auch Susanna Braun und Arda Mustafaoglu hat nun der Künstlerförderverein zu einer Herbst-Matinee ins Ebertbad eingeladen. Präsentieren wird sie, wer sonst, Oberhausens Publikumsliebling Haiou Zhang, der auch schon vor Schülern des Elsa Brändström-Gymnasiums mit Verve für die Tastenkunst warb - ohne die Härten des Lebens eines Konzertreisenden zu verschweigen.
Und die Hamburg-Connection? Gastgeber und Co-Juror Axel Kemper hat den Oberhausenern schon zugesagt: „Wir dürfen wiederkommen“, freut sich Thomas Merz. Mehr noch: Es darf bei C. Bechstein sogar ein Kammermusik-Wettbewerb sein, in dem die noblen Konzertflügel dann nicht - so die windschiefe Metapher - „die erste Geige spielen“.
Die nächste Matinee im Ebertbad: Kammermusik mit Robert Weinsheimer
Spannende Matineen bietet der Künstlerförderverein auch vor den „verdoppelten“ Förderpreis-Konzerten. So begleitet in der 237. Matinee am Sonntag, 22. September, um 11 Uhr im Ebertbad der Oberhausener Pianist Robert Weinsheimer den ukrainischen Klarinettisten Andrii Paliarush und die spanische Cellistin Laura Isbert in Duo- und Trio-Auftritten.
Für alle Matineen des Künstlerfördervereins gilt: Eintritt frei. Allerdings nimmt das Ebertbad eine Kartengebühr von 3 Euro. Es empfiehlt sich, Einlasskarten im Vorfeld zu bestellen unter 0208 - 8106 570 oder online ebertbad.de.