Oberhausen. Im Theater Oberhausen spielten Altsaxophonist Roger Hanschel und „String Thing“ die Premiere ihres gemeinsamen Programms für Klang-Entdecker.
Seit den Zeiten von Helmut Zacharias und Jerry Goodman im wilden Mahavishnu Orchestra blieben Violinisten eine Rarität im Jazz. Und dann steht ein ganzes Streichquartett in klassischer Besetzung mit Altsaxophonist Roger Hanschel auf der Theater-Bühne – noch dazu in der keineswegs leichten Rolle des „Anheizers“ für das junge Bass-Wunder Kinga Glyk. Doch „String Thing“ spielt mit der unerreichten Souveränität von 30 Ensemble-Jahren.
Kantige Expressivität und romantisches Schwelgen
„Viel Spaß beim Vermehren der musikalischen Einsichten“, ist so ein Standardsatz von „Hömma“-Impresario Peter Baumgärtner. Für dieses vorletzte Konzert des dritten Festivals war es die lautere Wahrheit. Zu entdecken gab’s neben einzigartigen Klangfarben eine ausgefeilte Musik, deren Motorik zwischen Blues und Bela Bartók changierte und damit kein bisschen fremdelte. Kantige Expressivität und gelegentlich romantisches Schwelgen waren eins bei diesem Programm, betitelt „The Beauty of the Essential Detail“. Roger Hanschel, der etwas professorale Moderator, hatte einen Hang zu philosophierenden Titeln für seine Werke. Doch das sollte ihrer Zugänglichkeit nicht im Wege stehen.
Selbst beim Titel „Life and Death“ gab’s nichts zu fürchten. Dem verträumten Auftakt haftete sogar etwas Latin-Appeal an. Zwar brachen hier und da bedrohliche Bogenstriche den tänzerischen Schwung, doch das liedhaft intonierende Saxophon blies – ganz ohne Todesschwere – eher eine Feier des Lebens.
Seelenvolle Hommage für den Silbenspieler
Nach und nach verführte der Veteran der „Kölner Saxophon Mafia“ sein Publikum zu immer experimentelleren Formen. „Closest Approach beyond nowhere“ grüßte mit Jazz-Orientalismen, die auch Billy Strayhorn amüsiert haben könnten, und einem Streicher-Unisono wie von Aaron Copland. Zuvor hatten die „String Things“ bereits in einem Pizzikato-Gewaltritt die Haltbarkeit ihrer Fingerkuppen bewiesen.
Doch die seelenvollste Hommage ans Experiment kündigte Roger Hanschel mit dem schlichten Titel „Oskar“ an: Gemeint war der Silbenspieler und Laut-Maler unter den modernen Lyrikern, Oskar Pastior (1927 bis 2006), mit dem der Altist und Sängerin Gabriele Hasler einst etwas andere Lesereisen unternommen hatten. Die fünf Klasse-Musiker huldigten dann noch mit ihrer Zugabe dem großen Altisten Charlie Mariano (1923 bis 2009): „Musikalische Einsichten“ wie aus einem Füllhorn ausgegossen.