Mülheim. Mülheimer, der offenbar gern zum Glas griff, musste sich jetzt vorm Amtsgericht verantworten. Gutachter legte wenig überzeugenden Auftritt hin.
Nach einem schlechten Action-Film klang, was ein Vertreter der Staatsanwaltschaft Duisburg jetzt vor dem Amtsgericht Mülheim einem 37-jährigen Mülheimer vorgeworfen hat.
Tag des Geschehens war der 19. März vergangenen Jahres, Tatort die Einmündung Friedrichstraße/Bachstraße in Stadtmitte. Vorab hatte es einen heftigen Ehestreit zwischen dem angeklagten Konstruktionsmechaniker und seiner Ehefrau (41) gegeben. Er hatte, ohne seine Frau um Erlaubnis zu bitten, in deren Handtasche gewühlt und dabei Sexspielzeuge gefunden und einen Datenträger, auf dem er Fotos mit sexuellen Aufnahmen vermutete.
Schon länger hatte der Mülheimer den Verdacht, dass seine Frau eine lesbische Beziehung führen könnte
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Schon länger hatte er den Verdacht, dass seine Frau eine lesbische Beziehung führen könnte. Als diese mitbekam, dass er ihre Sachen durchsucht hatte, kam es zum Streit und zu Handgreiflichkeiten, bei dem sie ihm die Chipkarte wieder entreißen konnte. Über den Vertrauensbruch erbost, verließ die Frau mit dem gemeinsamen Sohn (3) die Wohnung und kam bei einer Freundin an der Friedrichstraße unter.
Der Angeklagte wollte dort ein paar Tage später – mit 1,9 Promille erheblich alkoholisiert, wie die Polizei später feststellte – seine Frau zur Rede stellen. Ungeachtet seines satten Pegels setzte er sich ins Auto. Nachdem er seine Frau aus der Wohnung der Freundin geschellt hatte, kam es zwischen den Eheleuten auf dem Gehweg der Friedrichstraße erneut zu einem heftigen Streit. In Wut soll der 37-Jährige seine Frau mit Bier bespritzt und eine Flasche in ihre Richtung geworfen haben. Das Glas zerplatzte und verletzte die Frau leicht am Knie. Dann setzte er sich wieder in seinem Wagen und fuhr, wie es in der Anklage hieß, über den Gehweg auf seine Frau zu, die sich nach eigenem Bekunden in einen Hauseingang rettete. Anschließend fuhr der Zornige davon.
Die Polizei schnappte den 37-Jährigen, nahm eine Blutprobe und kassierte seinen Führerschein ein
Kurze Zeit später tauchte er allerdings erneut auf. Inzwischen war auch die Freundin seiner Frau nach draußen gekommen. Jetzt soll der Betrunkene beiden Frauen aus dem Wagenfenster heraus mit einer Bierflasche beworfen haben. Kurz darauf kollidierte er wenige Straßen weiter mit einem geparkten BMW, richtete einen Schaden von 4000 Euro an. Bei dem Zusammenprall wurde der BMW gegen eine Laterne gedrückt, die letztlich wohl Schutzengel einer Passantin war: Ohne dieses Hindernis wäre sie wohl von dem BMW erfasst worden. Die Polizei schnappte den 37-Jährigen einige Stunden später, nahm eine Blutprobe und kassierte seinen Führerschein ein.
Im Verhandlungssaal von Richterin Sarah Vorhaus ging es um die Frage, ob er die vorgeworfenen Delikte so begangen hatte und welche Rolle der Alkohol dabei gespielt haben könnte. Um Letzteres zu klären, war Psychiater Stephan Weyers eingeschaltet worden. Der Gutachter wirkte auf Nachfragen und Vorhalte der Richterin - „das haben Sie aber gerade noch anders gesagt“ - eher unsouverän, gab teils nach langen Pausen nur vage Antworten und relativierte einige von ihm gemachte Angaben. So blieb die Frage, ob der Angeklagten zur Tatzeit vielleicht alkoholbedingt vermindert schuldfähig oder schuldunfähig war, teils im Unklaren.
Exfrau vor Gericht: „Ich merkte gleich, dass er besoffen war“
Auch die mittlerweile geschiedene Ehefrau sagte aus. Das Geschehen hatte sie so mitgenommen, dass sie vorab im Zeugenbetreuungsraum betreut werden musste. Sie erklärte sichtlich nervös, dass ihr Mann an Wochenenden regelmäßig Bier getrunken habe; der Konsum habe sich im Laufe der Zeit gesteigert. Zum Sachverhalt hieß es: „Ich merkte gleich, dass er besoffen war.“ Sie bestätigte den Bierflaschenwurf und die Tatsache, dass er auf dem Gehweg auf sie zugefahren sei. Nachdem auch die Mutter (59) des Angeklagten in den Zeugenstand gerufen worden war („Mein Sohn ist nie aggressiv, wenn er trinkt, er wird dann immer nur lustig“), wurde die Beweisaufnahme geschlossen.
Dem Angeklagten waren eine Vielzahl von Delikten vorgeworfen worden. Letztlich aber belief sich das Urteil auf knapp 2000 Euro Geldstrafe. Nicht zuletzt aufgrund des ärztlichen Gutachtens, das mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet habe, kam Richterin und Staatsanwaltschaft zu dem Schluss, dass der Heißener nur wegen fahrlässiger Trunkenheitsfahrt zu verurteilen sei. Mit Blick auf den Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ wurde er freigesprochen vom Vorwurf der Fahrerflucht, des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und der Straßenverkehrsgefährdung.
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