Mülheim. Vor Jahren hat er Schlagzeilen gemacht wegen seiner Verbindungen zu den Bandidos, jetzt wird‘s für AfD-Ratsherr Tobias Laue handfest vor Gericht.

Kein Unbekannter stand jetzt vor Gericht, als Staatsanwältin Niederauer im Saal von Richterin Kathrin Strohschein eine Anklage wegen zweier Körperverletzungen verlas, bei denen der mutmaßliche Täter recht brutal vorgegangen sein sollte. Angeklagt war der Mülheimer AfD-Ratsherr Tobias Laue, zur Tatzeit 33 Jahre alt.

Es ging um zwei Fälle, die sich im Juli und November 2022 ereignet haben sollen. Im Juli – so der Vorwurf der Anklage – soll Laue bei einem Streit seine damalige, seinerzeit 32-jährige Lebensgefährtin so lange gewürgt haben, bis sie keine Luft mehr bekam. Als die Frau danach ins Schlafzimmer der gemeinsamen Wohnung geflüchtet und dort zu Boden gegangen sei, habe er auch noch auf sie eingetreten.

Mülheimer AfD-Ratsmitglied soll auf Ex-Freundin noch eingetreten haben, als sie am Boden lag

Im Fall aus November 2022 ging es um eine Streitigkeit in einer Mülheimer Diskothek, die Laue mit einigen Bekannten besucht haben soll. Auch dort soll es zu handfestem Zoff, diesmal mit einem anderen Gast, gekommen sein. Beim Streit soll der AfD-Stadtverordnete mehrfach auf den Mann eingeschlagen und, als dieser bereits auf dem Boden lag, mit seinen Schuhen auf ihn eingetreten haben.

Nun also ein Gerichtsprozess gegen Laue. Zu Beginn scheitert der Strafverteidiger des 35-Jährigen, Clemens Louis aus Essen, mit einem Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit im Prozess. Richterin Strohschein bewertete das Öffentlichkeitsinteresse an dem Verfahren höher als das Begehren Laues nach Persönlichkeitsschutz.

Tobias Laue stellt sich selbst als Opfer dar: nicht nur von seiner Ex-Freundin

Laue hat für seine Verteidigung einen umfangreichen Text vorbereitet, den er vor Gericht verliest. Der Tenor: Nicht die ehemalige Lebensgefährtin, sondern er selbst sei das Opfer von massiver häuslicher Gewalt. „Ich gehe mit einem reinen Gewissen in die Verhandlung. Es geht um meinen Ruf als Familienvater und um meinen Beruf.“ Pressevertreter hätten versucht, ihn im Vorfeld des Prozesses in den Dreck zu ziehen und ihn existenziell zu ruinieren (diese Redaktion kann nicht gemeint sein). Der Prozess habe ihn fast in den Suizid getrieben, sagte er.

 obias Laue 

„Ich gehe mit einem reinen Gewissen in die Verhandlung. Es geht um meinen Ruf als Familienvater und um meinen Beruf.“

Tobias Laue
AfD-Ratsherr in Mülheim

Seine Lebensgefährtin habe ihn psychisch fertig gemacht und sei mehrfach gewalttätig gegen ihn geworden, erklärt der bullige, großgewachsene Mann, der als Geschäftsführer eine Sicherheitsfirma leitet und im Internet auf Fotos vergangener Jahre in einer Kutte der Rockergruppe „Bandidos“ zu sehen ist. Breiten Raum nimmt Laues Schilderung eines Tobsuchtsanfalls ein, den seine damalige Partnerin im gemeinsam bewohnten Haus in Winkhausen bekommen habe. Sie habe ihm gedroht, in den sozialen Medien Informationen zu posten, in denen sie behaupten wollte, er sei homosexuell.

33-Jähriger schildert, sich aus Angst vor seiner Ex-Partnerin eingeschlossen zu haben

Laue stellt eine lange Liste von aggressiven Äußerungen zusammen, die die jetzt 34-Jährige bei ihrem Wutanfall gemacht haben soll, während er sich in einem Zimmer eingeschlossen habe. „Ich hatte ständig Angst, dass sie mich angreift!“ Die Äußerungen, die er mit dem Handy aufgenommen haben will, möchte er als Beweismittel ins Verfahren eingebracht sehen.

Richterin Strohschein hat allerdings Bedenken. In Bezug auf die Aufnahmen könne ein Beweisverwertungsverbot möglich sein, weil die Aufnahmen heimlich, ohne Einverständnis der Lebensgefährtin gemacht worden seien. Bei einer weiteren Attacke an einem anderen Tag soll die Frau ihn mit Pizza beworfen und ihm eine Konservendose gegen den Kopf geschlagen haben, so Laue.

Zweiter Vorfall in einem Mülheimer Tanzlokal: Auch hier sieht sich Laue als Opfer

Er habe aus diesem Angriff nicht nur eine Beule davongetragen, sondern sei danach aufgrund haltloser Behauptungen seiner Lebensgefährtin auch noch von der Polizei des eigenen Hauses verwiesen worden: „Zwei Wochen durfte ich nicht zurück und habe bei meinem Vater nur aus einer Sporttasche gelebt.“

„Zwei Wochen durfte ich nicht zurück und habe bei meinem Vater nur aus einer Sporttasche gelebt.“

Tobias Laue
Angeklagter AfD-Ratsherr aus Mülheim

Was den zweiten Tatvorwurf aus dem Tanzschuppen angeht, so will er von einem anderen Gast auf der Tanzfläche in einen Streit verwickelt und danach so geschlagen worden sein, dass er geblutet habe. Als er das Lokal verlassen habe, sei ihm sein Widersacher nachgekommen. Draußen habe er den Mann geschlagen („Ich wollte nicht wieder der Verlierer sein“). Irgendwann sei der dann umgefallen, er – Laue – sei danach gegangen.

Anwalt etwas resigniert: „Na, besten Dank, Herr Laue!“

Laues Anwalt bemüht unterdessen noch die Fragestellung, ob sein Mandant möglicherweise aufgrund seines Alkoholkonsums im Lokal im Zustand der Schuldausschließung gewesen sein könnte. Daher befragt er ihn selbst: Was haben Sie denn vorher so alles getrunken, Herr Laue?“ Laue zählt ein paar Getränke auf, die allerdings für einen schuldausschließenden Alkoholpegel nicht reichen dürften. „Na, besten Dank, Herr Laue“, entfährt es ihm etwas resigniert, um dann gleich noch einmal nachzuhaken, ob er nicht vielleicht doch noch mehr getrunken habe.

Als problematisch erweist sich anschließend die Vernehmung der ehemaligen Lebensgefährtin als Hauptbelastungszeugin. Bevor sie in den Saal gerufen wird, dringt Rechtsanwalt Louis massiv auf Staatsanwaltschaft und Gericht, dass die Zeugin, die sich selbst möglicherweise bei ihren Angriffen strafbar gemacht haben könnte, deutlich schärfer auf ihr Auskunftsverweigerungsrecht hingewiesen wird, als es normalerweise vor Gericht der Fall ist.

Ex-Freundin äußert sich nur spärlich bis gar nicht im Mülheimer Amtsgericht

Die Staatsanwältin wundert sich schließlich darüber, dass der Anwalt derart um das Schweigerecht der Zeugin bemüht ist: „Sollten Sie sich nicht lieber um Ihren Mandanten kümmern? Alles andere macht schon die Staatsanwaltschaft.“

Die Aussage der Frau, die anschließend in den Saal gerufen wird, ist äußerst unergiebig. Sie kann oder will offensichtlich auf so gut wie nichts eine Antwort geben. Auch sagt sie auf Aufforderung des Gerichtes nichts zu den Vorwürfen, die ihr Ex-Lebenspartner vor Gericht gegen sie erhebt. Auf konkrete Nachfragen der Richterin zum Tatgeschehen schaut sie diese teilweise nur lange an und sagt keinen Ton. Bei den wenigen Antworten, die sie gibt, bleibt sie äußerst wortkarg und vage.

Verhandlung vertagt, Empfehlung: Ex-Freundin soll auch einen Anwalt nehmen

Richterin und Staatsanwältin vertagen schließlich die Verhandlung, da es besser scheint, auch der Zeugin einen Anwalt zur Seite zu stellen, der sie über ihre Rechte und Pflichten als Zeugin informiere. Es müsse ihr angesichts der Gegenvorwürfe bewusst sein, dass sie sich durch ihre Aussagen gegebenenfalls selbst belasten könne.

Wer sich für den Abschluss des Verfahrens gegen den AfD-Mann interessiert, braucht nun erst einmal Geduld. Aufgrund von Terminschwierigkeiten kann ein neuer Termin erst für Mai 2025 vereinbart werden. Rechtsanwalt Louis freut sich erst einmal „auf einen verdienten Winterurlaub nach einem harten Arbeitsjahr“ und danach auf sein „Haus in Florida“.

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