Mülheim. Passen die Öffnungszeiten der Mülheimer Kitas zu den Arbeitszeiten der Eltern? Eine Alleinerziehende, eine Kitaleiterin und die Stadt berichten.
Braucht Mülheim eine Randzeitenbetreuung in den Kitas, um sich besser den Arbeitszeiten der Eltern anzupassen? Diese Frage hat der SPD-Landtagsarbgeordnete Rodion Bakum anlässlich einer Kleinen Anfrage seiner Partei an die Landesregierung aufgeworfen. Wir haben mit der Stadt, einer alleinerziehenden Mutter und einer Kitaleiterin gesprochen, in deren Einrichtung zunächst eine Randzeitenbetreuung angeboten und dann abgeschafft worden ist.
Randzeiten bedeuten, dass eine Kita vor sieben Uhr oder nach 17 Uhr geöffnet hat. Die Kinder bleiben nicht insgesamt länger in der Kita (ein 45-Stunden-Platz ist die maximale Betreuungszeit, darüber hinaus müssen Verträge mit Tagespflegepersonen geschlossen werden), sondern zu anderen Zeiten.
Mülheimerin hat extra Beruf gewechselt - trotzdem Betreuungslücken
Sabine Hempel zum Beispiel ist alleinerziehende Mutter zweier Kinder im Kita-Alter. Sie sagt: „Ich würde meine 30 Wochenstunden gerne auf 3,5 Tage verteilen, was aber wegen der Betreuungs- und meiner Wegzeit nicht möglich ist. Somit arbeite ich täglich sechs Stunden und erledige Hausarbeit etc. in den Abend- und Nachtstunden, wenn meine Kinder schlafen.“
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Sabine Hempel hat vor der Geburt ihrer Kinder als Intensivschwester gearbeitet und ist dann in die Erwachsenenbildung gewechselt, um nicht mehr im Schichtdienst arbeiten zu müssen. Dennoch gibt es Konfliktsituationen, wie sie schildert. „Wenn ich meine Kurse sechsmal im Jahr für drei Blockwochen vor Ort habe, unterrichte ich mindestens dreimal in der Woche. Unterrichtszeiten sind von 9 bis 16 Uhr. Die Betreuung der Kinder ist dann nur durch meine Mutter möglich. Es bedarf unheimlich viel Kraft, das alles zu organisieren. Wenn meine Mutter einmal krankheitsbedingt ausfällt, fällt das ganze Konstrukt zusammen.“
Alleinerziehende aus Mülheim: Längere Betreuung würde das Familienleben vereinfachen
Sabine Hempel sagt, dass es diese eigentlich kurzen Betreuungslücken sind, die ihr das Gefühl geben, permanent alle Bälle in der Luft zu haben. „Ich muss immer hoffen, dass alles klappt.“ Längere Betreuungszeiten würden bei ihr am Ende auch dazu führen, dass sie im Alltag mehr Zeit für ihre Kinder hat. „An zwei Tagen könnte ich meine Kinder deutlich früher abholen.“
Eltern und speziell Alleinerziehende in Mülheim können sich beim Amt für Kinder, Jugend, Schule und Integration melden, wenn sie Hilfe bei der Kinderbetreuung brauchen. Ein häufiges Problem? Abteilungsleiter Marc Heiderhoff spricht eher von sehr spezifischen Einzelfällen. So vereinzelt, dass zwei Pilotversuche in den vergangenen Jahren wieder eingestellt wurden. So habe man in einer städtischen Kita versuchsweise die Betreuungszeiten bis 19 Uhr ausgedehnt, was nicht angenommen worden sei.
Notfallbetreuung der Stadt Mülheim wurde nicht angenommen
Daneben scheiterte das Projekt „Sonne, Mond und Sterne“ an fehlendem Bedarf. „Wir haben damals nach Essener Vorbild sechs Personen geschult, die bereitstanden, um in Notsituationen die Kinderbetreuung zu gewährleisten.“ Vor zwei Jahren wurde das Projekt beendet. „Die Personen waren nicht im Einsatz.“
Ähnliche Erfahrungen hat Anne-Kathrin Roedel, Leiterin der DRK-Kita Rettungszwerge. 2016 ging die Kita mit Betreuungszeiten von 7 bis 17.30 Uhr an den Start. Zusätzlich konnten berufstätige Eltern eine Extrazeit bis 19 Uhr buchen, wenn sie entsprechende Arbeitszeiten nachwiesen. „Die Extrazeit ist viermal bis 18 Uhr angefragt worden und nur einmal bis 19 Uhr. In dem Fall hatte die Mutter eine Konferenz auf der Arbeit, die dann aber sogar früher beendet war“, erinnert sich Anne-Kathrin Roedel. Ihr Fazit lautet: „Der Bedarf war einfach nicht da.“ In Notfällen, betont sie, finde sich dennoch immer eine Lösung.
13 Mülheimer Kitas wollen zusätzliche Betreuungsstunden anbieten
Sowohl Anne-Kathrin Roedel als auch Marc Heiderhoff von der Stadt betonen, dass die Qualität der Betreuung auch bei verlängerten Öffnungszeiten nicht leiden dürfe. Angesichts des Fachkräftemangels stellt sich somit die Frage, wie realistisch eine generelle Ausdehnung der Betreuungszeiten ist. Eine aktuelle Vorlage für den Jugendhilfeausschuss zeigt, dass für das kommende Kita-Jahr 13 Kitas zusätzliche Betreuungsstunden anbieten wollen, allerdings im bestehenden Zeitfenster von 7 bis 17 Uhr. Eine Ergänzung: In einer früheren Berichterstattung hatten wir Zahlen des Landes NRW zitiert, wonach in Mülheim drei Kitas bis 18 Uhr geöffnet haben. Tatsächlich ist dies nur eine, nämlich die KiKu Burgmäuse.
Marc Heiderhoff sagt zum Thema Betreuungslücken: „Wir planen die Kitazeiten nicht aus dem Amt heraus.“ In allen Kindertageseinrichtungen fänden jährlich Abfragen zum Betreuungsbedarf der Erziehungsberechtigten statt. Eine flächendeckende Randzeitenbetreuung sei demnach nicht nötig. Heiderhoff weist auch darauf hin, „dass diese in den Kitas ja auch nur einer bestimmten Altersgruppe hilft“. In der Realität komme es aber oft vor, dass eine Familie oder ein alleinerziehender Elternteil mit Betreuungsnot mehrere Kinder habe, darunter auch Schulkinder. Dann sei ohnehin wieder eine Einzelfallhilfe, etwa durch eine Tagespflegeperson, gefragt. Er sagt: „Bislang ist es noch nicht vorgekommen, dass wir nicht aus der Klemme helfen konnten.“
Mülheimerin war früher Triathletin: Muttersein erfordert viel mehr Kraft
Sabine Hempel hat ernsthaft überlegt, die Kita zu wechseln, um Wegzeiten zu sparen. „Aber wenn man sich mit einem vorhandenen Kitaplatz bewirbt, hat man keine Chance.“ Hinzu kommt, dass ihr älteres Kind im Sommer in die Schule kommt. „Dann werden die Karten eh neu gemischt.“
Sabine Hempel war früher Triathletin, schaffte unter anderem den Ironman auf Hawaii. „Mich haben früher so viele bewundert und mir applaudiert. Dieses Muttersein dagegen erfordert so viel mehr Kraft und Organisation. Das ist eine viel größere Herausforderung.“
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