Neukirchen-Vluyn. In Neukirchen-Vluyn wird um die Durchführung des Rosenmontagszugs gerungen. Zuletzt kam man einem Ergebnis näher. Nun kam das Attentat in München.

In Neukirchen-Vluyn wird seit längerer Zeit damit gerungen, ob der Rosenmontagszug stattfinden kann oder doch abgesagt wird. Am Freitag vergangener Woche, 7. Februar, hatte die Stadt mitgeteilt, dass es zwar noch kein finales GO für den närrischen Lindwurm am Rosenmontag geben kann, dass aber die Bereitschaft aller Beteiligten, ein tragfähiges Konzept zu finden, nunmehr gegeben sei. Also haben sich die beiden Karnevalsvereine, die Neukirchen-Vlü-Ka-Ge und die KG Blau-Weisse Funken, wieder an den Tisch gesetzt. Seitdem gab es keine neue Informationen. Es war klar: Es ist fürwahr keine einfache Entscheidungsfindung. Die hat sich nun nach dem Attentat in München noch einmal verschärft.

„Das schlägt uns ein Stück zurück“, sagt etwa Jörg Thiem, der Präsident der Neukirchen-Vlü-Ka-GE. Er und seine Karnevalsfreunde haben in den vergangenen Tagen viel mit dem Team um den Präsidenten der KG Blau-Weisse Funken, Dirk Halfmann, gesprochen. „Wir versuchen händeringend, dass es funktioniert“, sagt Jörg Thiem. Und auch Dirk Halfmann macht deutlich, dass es noch keine finale Aussage geben kann.

Weitere aktuelle Nachrichten aus Moers, Kamp-Lintfort und Neukirchen-Vluyn:

Die Stadt habe zugesichert, die Vereine sowohl organisatorisch bei der Erstellung des Sicherheitskonzeptes als auch bei der Bereitstellung zusätzlicher Sicherheitsmaßnahmen zu unterstützen, heißt es auf Nachfrage der Redaktion aus dem Neukirchen-Vluyner Rathaus. Dazu seien in den letzten Tagen weitere Gespräche geführt und abgeschlossen worden. Nun liege die Entscheidung, ob der Rosenmontagszug stattfindet, bei den beiden Vereinen, teilt die Stadt weiter mit. Und: Der Stadt liegt bislang keine Rückmeldung vor.

Eine eindeutige Aussage dazu kann es offenkundig auch noch nicht geben. Wie Dirk Halfmann sagt, habe man der Stadt das Sicherheitskonzept vorgelegt. Am Montag kommender Woche soll es weitergeleitet werden. Erst danach können die beiden Vereine sich festlegen, ob sie den Zug rollen lassen oder nicht. Man wisse aber ja nicht, ob es womöglich noch weitere Auflagen geben wird, sagt Jörg Thiem dazu, dem man anmerkt, wie sehr ihn die ganze Angelegenheit umtreibt. „Die Angst bleibt“, gibt Dirk Halfmann zu. Beide Vereine ringen mit der Entscheidung. Es helfe aber schon, dass Moers grünes Licht für den Nelkensamstagszug gegeben hat. In der nächsten Woche weiß man dann mehr. Dann müsse man sich im klaren sein, heißt es.

Das war der Stand am Freitag, 7. Februar, zum Rosenmontagszug

Steht der Rosenmontagszug in Neukirchen-Vluyn weiterhin auf der Kippe? Am Donnerstag gab es ein weiteres Gespräch zwischen der Stadt, der Kreispolizei, der Neukirchen-VLÜ-KA-GE Rot-Weiss und der KG Blau-Weisse Funken, in dem die entscheidenden Fragen zum Sicherheitskonzept geklärt werden sollten. Über das Ergebnis wurde am Donnerstagabend noch Stillschweigen vereinbart. Der Vorstand der VLÜ-KA-GE hatte in einer internen Sitzung am Montagabend noch den Entschluss gefasst, den Zug abzusagen.

Folgt der Redaktion Moers auch auf Social Media:

Die Stadt, so hieß es, werde am Freitag über das Ergebnis des Gesprächs informieren. Das tat sie auch am Nachmittag. Nur: Eindeutig ist die Aussage noch immer nicht. „Ziel ist es, auch in diesem Jahr die Durchführung eines Rosenmontagszuges zu ermöglichen“, heißt es zum Abschluss der kurzen Mitteilung. Impliziert: Ein finales „Go“, den Zug durchzuführen, gibt es – Stand jetzt – immer noch nicht. Wohl aber die Bereitschaft aller Beteiligten, eben das zu ermöglichen.

Bei dem Gespräch konnte laut Stadt „ein für alle Seiten tragfähig erscheinender Lösungsansatz zur Durchführung des Rosenmontagszuges abgestimmt werden“, heißt es in der Mitteilung. Im Ergebnis habe Einvernehmen bestanden, sich „der aktuellen Herausforderung zu stellen“ und gemeinsam ein tragfähiges Sicherungskonzept zu erarbeiten. Die zusätzlichen Erfordernisse an das Sicherheitskonzept, die durch die aktuelle Sicherheitslage entstanden sind, sollen „vollumfänglich“ umgesetzt werden. Wie es weiter heißt, sei dies nun eher möglich, weil die Stadt die Veranstalter – also die beiden Karnevalsvereine – durch die Bereitstellung weiterer Ressourcen unterstütze.

Karneval in NRW - alles rund um Kostüme:

Alle Beteiligten arbeiten nun daran, dass alle erforderlichen Dinge umgesetzt werden und somit für den Rosenmontagszug ein tragfähiges Sicherheitskonzept steht. Man hoffe, „in der nächsten Woche über einen positiven Abschluss informieren zu können“, heißt es perspektivisch von städtischer Seite.

Karneval in Neukirchen-Vluyn: „Es ging alles ein wenig emotional zu“

Als Grund hatten die Verantwortlichen die zu hohen Sicherheitsauflagen genannt, für die sie nicht die Verantwortung übernehmen könnten. Die Blau-Weissen Funken hatten dagegen wie berichtet ein Konzept erarbeitet, wie der Zug doch stattfinden könne und den Alleingang der Rot-Weißen kritisiert. „Es ging alles ein wenig emotional zu“, sagte Dirk Halfmann, Präsident der KG Blau-Weiss, noch am Donnerstagmittag. „Da musste etwas Dampf abgelassen werden. Aber es gab keinen Knies.“ Denn alle hätten schließlich das gleiche Ziel. Was aber letztendlich bei dem finalen Gespräch herausgekommen ist, darüber vereinbarten alle Seiten bis zum Freitag Stillschweigen.

Karneval in NRW - Events und Termine im Überblick:

Die VLÜ-KA-GE hatte wie berichtet den Zug abgesagt, weil ihrer Meinung nach 90 Privat-Pkw nötig gewesen wären, um die Sicherheitsauflagen zu gewährleisten. Die Blau-Weissen Funken dagegen hatten ein Konzept erarbeitet, das nur 26 oder 27 Fahrzeuge und Sperren vorsah. Und die kämen keinesfalls aus Privatkreisen, sondern würden sich aus Traktoren, städtischen Fahrzeugen und auch Betonsperren vom Nelkensamstagszug in Moers rekrutieren. „Wir haben schon mit dem Bauernverband Kontakt aufgenommen, unser Konzept auch schon der Polizei vorgestellt“, erklärte Präsident Dirk Halfmann. „Wir gehen schon davon aus, dass unser Konzept passt und der Zug stattfinden kann.“

Das war bis Donnerstag, 6. Februar, über den Karnevalszug in Neukirchen-Vluyn bekannt

Von der Entscheidung der VLÜ-KA-GE hatte sich Halfmann überrascht gezeigt: „Obwohl wir seit drei Jahren als gemeinsame Veranstalter für den Rosenmontagszug zusammenarbeiten, sagt die VLÜ-KA-GE hier einseitig, ohne jegliche Absprache, ab.“ In einem kurzen Telefonat habe Präsident Jörg Thiem lediglich darüber informiert, dass man nicht mehr als Veranstalter auftreten wolle und dies auch veröffentlichen werde. „Von Absage war hier keine Rede.“ Gute Zusammenarbeit sähe anders aus, hatte Halfmann betont.

Weitere aktuelle Nachrichten aus Moers, Kamp-Lintfort und Neukirchen-Vluyn:

Sicherlich würden sich auch die Funken einige Sorgen machen, wie der Rosenmontagszug trotz aller Sicherheitsauflagen stattfinden könne. Die Stadtverwaltung habe danach ihre Unterstützung zugesagt. „Auch nach der Absage der VLÜ-KA-GE geben wir nicht auf und werden weiter für eine Lösung kämpfen“, hieß es in der Pressemitteilung der Funken.    

Aufregung um Rosenmontagszug 2025 in Neukirchen-Vluyn: Sorge ums Sicherheitskonzept

Jörg Thiem, Präsident der Rot-Weissen, hatte dagegen zu Wochenanfang klar gemacht: „Wir sind definitiv raus. So weh uns das auch tut, da muss man in diesem Fall die Vernunft walten lassen. Wir können unter diesen Voraussetzungen nicht die Verantwortung für die Sicherheit übernehmen. Das können wir nicht stemmen.“ Bei einem Gespräch mit den Verantwortlichen der Stadt am vergangenen Donnerstag im Rathaus sei der Vorstand mit dem neuen Sicherheitskonzept für den Rosenmontagszug konfrontiert worden. Wesentlicher Bestandteil sei dabei, jede in die Zugstrecke mündende, durch Pkw befahrbare, Zufahrt mit Privat-Pkw zu blockieren.

Der Rosenmontagszug 2023 in Neukirchen-Vluyn (Archivbild).
Der Rosenmontagszug 2023 in Neukirchen-Vluyn (Archivbild). © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Für die Zugstrecke würden rund 90 Autos benötigt. „Es handelt sich nach unserer Einschätzung um eine Art Zweckentfremdung der Fahrzeuge, die als Prellbock genutzt würden“, so Thiem. „Dadurch wäre auch der Versicherungsschutz erloschen.“ Wie solle man in der Kürze der Zeit die Autos und Personen beschaffen, hatte Jörg Thiem gefragt. Die Autos zu beschaffen, die richtige Position der jeweiligen Fahrzeuge zu überprüfen, die Fahrer zu unterweisen und eine lückenlose Umsetzung der Sperren während des gesamten Zuges sicherzustellen, sei nicht durchführbar. „Wie soll das funktionieren, das sind ja auch alles keine Profis“, so Thiem. „Stellen sie sich vor, da passiert was.“

Karneval in Neukirchen-VluynVeranstalter ist in der Pflicht und Haftung

Und sollte es zu Lücken in der Umsetzung des Sicherheitskonzeptes kommen und daraus einem Teilnehmer Schaden entstehen, wäre der Veranstalter „in der Pflicht und Haftung.“ Die VLÜ-KA-Ge hatte abweichende Zugführungen überprüft, die „nur“ einen Bedarf von etwa 40 bis 60 Fahrzeugen haben, wenn der Zug pausiert und die in der ersten Hälfte des Zuges genutzten Pkw in dieser Pause neu platziert würden. Auch in diesem Fall sei die logistische Abwicklung und Sicherstellung der Blockaden aus Sicht des Veranstalters aber nicht darstellbar.

Für viele Jecken ist der Rosenmontagszug in Neukirchen-Vluyn ein Karnevals-Highlight.
Für viele Jecken ist der Rosenmontagszug in Neukirchen-Vluyn ein Karnevals-Highlight. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Die ohnehin entstehenden Kosten zur Durchführung des Zuges seien bereits kaum mehr zu stemmen, die Weitergabe der Absicherung an eine hierfür spezialisierte Firma nicht zu decken. „Bei allem Verständnis für die agierenden Behörden, die die Sicherheitskonzepte auf Basis der jüngsten Anschläge angepasst haben, ist die Weitergabe der Verantwortung an den Veranstalter in diesem Falle nicht tragbar“, heißt es von Seiten der VLÜ-KA-GE. Aus diesem Grund sah sich die VLÜ-KA-GE Rot-Weiss gezwungen, den seit 53 Jahren etablierten Umzug abzusagen. „Wir haben uns die Entscheidung keinesfalls leicht gemacht, aber bei diesem anspruchsvollen Sicherheitskonzept sehen wir keine Möglichkeit, unserer Verantwortung als Veranstalter des Zuges gerecht zu werden.“

Karneval in NRW - lesen Sie auch:

Rosenmontagszug 2025 in Neukirchen-Vluyn: Stadt zeigte sich überrascht

Für Dirk Halfmann, Präsident der Blau-Weissen Funken, stand eine Absage des Rosenmontagszuges noch nicht im Raum. „Natürlich müssen wir das Sicherheitskonzept ausweiten, aber wir kommen unserer Meinung nach mit deutlich weniger Sperren aus.“ Während des Wochenendes habe sich der Vorstand Gedanken gemacht - und sei eben auf eine Absicherung mit 26 bis 27 Fahrzeugen gekommen. Und die sollen natürlich nicht von Privatleuten gestellt werden, wie Dirk Halfmann betonte. „Wir wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger ihren Zug genießen und problemlos auch am Zugweg stehen können.“

Auch die Stadt zeigte sich überrascht von der Entscheidung der Neukirchen-VLÜ-KA-GE. Die „im Vorfeld nicht kommunizierte Absage des Rosenmontagszuges trifft die Verwaltung völlig unerwartet“ hieß es in einer Pressemitteilung Anfang der Woche. Zwar gelte nach dem Attentat in Magdeburg für die Karnevalszüge „eine hohe abstrakte Gefährdungssituation und die Empfehlung der Polizei, den Zugweg kreuzende öffentliche Straßen während der Veranstaltung mittels fester oder flexibler Sperren gegen den Aufprall von Fahrzeugen zu sichern.“

Vor dem Abstimmungsgespräch am Donnerstag hatte die Stadtverwaltung zugesagt, „die Vereine bei der Umsetzung der erhöhten Sicherheitsvorkehrungen in jeglicher Hinsicht zu unterstützen.“