Moers. In einer neuen Statistik schneidet eine Gesamtschule nicht gut ab. Warum die Zahlen nicht die Realität abbilden – und welches Schulfach neu ist.
Ob Mathe, Deutsch oder Erdkunde: Auf den Stundenplänen der Moerser Schülerinnen und Schüler finden sich viele verschiedene Unterrichtsfächer. In der Praxis vergeht dagegen selten eine Schulwoche, in der alle Stunden wie geplant stattfinden können. Das geht aus einer Auswertung hervor, die das NRW-Schulministerium im Dezember veröffentlicht hat (wir berichteten). Demnach gibt es mit Blick auf den ersatzlosen Unterrichtsausfall mitunter große Unterschiede zwischen den Schulen – auch in Moers.
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An der Geschwister-Scholl-Gesamtschule etwa ist der Prozentsatz der im vergangenen Schuljahr ausgefallenen Schulstunden in der Sekundarstufe 1 (13,3%) höher als der Landesschnitt (7,8%). Der alleinige Blick auf die Zahlen für Unterrichtsausfälle könne die gesamte Situation jedoch nicht widerspiegeln, ist Schulleiter Oliver Weber überzeugt. Schließlich gibt es weitere Faktoren, die es zu berücksichtigen gelte. „Die Statistik – die ich zwar grundsätzlich begrüße – bildet leider nicht ab, inwieweit Schulen aufgrund des Lehrermangels schon Kürzungen vom Pflichtstundensoll vorgenommen haben.“
Fachlehrermangel in Moers: Schulen kürzen Unterrichtsstunden
Ein Beispiel: Wenn eine Schule über zu wenige Sportlehrer verfügt, kann sie sich dazu entscheiden, die Zahl der Sportstunden zu reduzieren. Ein Weg, den offenbar mehrere Schulen in Moers gewählt haben. Auch seine Geschwister-Scholl-Gesamtschule habe bereits vereinzelte Kürzungen vorgenommen, berichtet Weber. Vor allem in den „klassischen Mangelfächern“ Sport und MINT (kurz für: Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik). In Summe, ist der Schulleiter überzeugt, erteilt die GSG aber mehr Unterrichtsstunden pro Woche als viele andere Gesamtschulen in der Region.
Das belegen Zahlen, die Oliver Weber und der didaktische Leiter der Schule, Klaus Bleckmann, auf einem ausgedruckten Dokument zum Gespräch im Schulleiterbüro mitgebracht haben. Demnach haben ihre Schülerinnen und Schüler in der Sekundarstufe 1 im vergangenen Schuljahr im Schnitt 40 Stunden Unterricht pro Woche auf dem Stundenplan.
Unterrichtsausfall in Moers: GSG-Leiter nennt Vorteile von Ganztagsschulen
„Betrachtet man diese absoluten Zahlen, so ergibt sich, dass – trotz des zugegebenermaßen hohen Ausfalls – an der GSG Moers mehr Unterricht pro Schüler erteilt wird als an anderen Gesamtschulen“, betont der Schulleiter. Und weiter: „Dies trifft übrigens auch zu, wenn man vom Unterricht gemäß Stundenplan den Ausfall abzieht.“ Dann seien es jede Woche immer noch 35,5 Stunden, in denen die Schülerinnen und Schüler unterrichtet werden.
Das höhere Stundenvolumen erkläre sich unter anderem dadurch, dass die GSG eine Ganztagsschule ist. An mindestens drei Tagen in der Woche steht Nachmittagsunterricht auf dem Plan. Wer eine AG gewählt hat, bleibt sogar vier mal wöchentlich länger in der Schule. „Das ist am Anfang nicht ganz einfach für die Kleinen“, weiß Klaus Bleckmann. Dafür gibt es in Ganztags-Gesamtschulen keine Hausaufgaben. Stattdessen werden die Kinder und Jugendlichen in Lernzeiten individuell gefördert.
Moerser Schule führt neues Fach Soziales Lernen für Fünftklässler ein
Ganz neu auf dem Stundenplan der Fünftklässler am GSG ist das zusätzliche Fach Soziales Lernen. In vier Stunden lernen die Schülerinnen und Schüler, wie sie mit Konflikten umgehen, bilden einen Klassenrat und bekommen Unterstützung bei vermeintlich banalen Tätigkeiten wie dem Packen des Schulranzens. „In diesem Schuljahr haben wir in die Jahrgangsstufe 5 investiert, da wir festgestellt haben, dass der normale Umgang miteinander etwas in den Hintergrund gerückt ist“, berichtet Oliver Weber.
Dieser Nachholbedarf im sozialen Bereich sei auch eine Folge der Pandemie-Jahre, sind sich Weber und Bleckmann sicher: „Die Fähigkeit, sich mit Konflikten auseinanderzusetzen, ist bei den Schülern, die während der coronabedingten Schulschließungen in der ersten Klasse waren, schwächer ausgeprägt.“ Ein Problem, das diesen Jahrgang ohne zusätzliche Förderung womöglich bis zum Abitur begleiten könnte.
Moers: Viele Lehrer krank – nicht immer gibt es passende Vertretungskräfte
Zurück zu den Unterrichtsausfällen: Hier richten die GSG-Verantwortlichen ihren Blick auch auf die Ursachen, die überhaupt erst dazu führen, dass Schulstunden nicht stattfinden können. Für langzeiterkrankte Lehrerinnen und Lehrer steht der Schule eine Vertretungskraft zu. Oftmals handelt es sich dabei um Studierende oder Quereinsteiger. Aber nicht für jede Lehrkraft, die länger krank ist, gebe es in der Realität auch einen passenden Ersatz.
Auf dem Papier sind alle Lehrerstellen besetzt, die der Scherpenberger Gesamtschule laut der Bezirksregierung Düsseldorf zustehen, sagt Oliver Weber: „Diese 100 Prozent sehe ich in der Realität aber nicht, wenn ich ganz ehrlich bin.“ Während in einigen Fächern (z.B. Geschichte) ein Überangebot an qualifizierten Kräften besteht, ist die Personaldecke in Sport oder Naturwissenschaft dünn.
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Während der Erkältungs- und Grippewellen könne es dadurch schnell zu Engpässen kommen. Ein Problem, dass viele Schulen beschäftigt. GSG-Leiter Weber stehe dann oft vor der schwierigen Entscheidung, ob er eine womöglich selbst gesundheitlich angeschlagene Lehrkraft als Vertretung einsetzt oder die Stunde eben ausfallen muss. „Hier muss ich mit Augenmaß und Blick auf die Gesamtsituation der Schule vorgehen.“ Weber wisse, dass Unterrichtsausfälle vor allem bei Eltern für Kritik sorgen können. Aber: „Eine meiner Aufgaben als Schulleiter ist auch die Fürsorgepflicht für mein Kollegium.“