Moers. Julia Zupancic will Bürgermeisterin in Moers werden. Im großen Interview spricht sie über Kitaplätze, Schulen und die Frage, wo Moers sparen muss.
Im September 2025 ist die nächste Kommunalwahl. Die SPD und die CDU in Moers haben bereits ihren Bürgermeisterkandidaten bzw. ihre Kandidatin benannt. Wir haben mit ihnen über aktuelle Themen gesprochen. Wie ist es um bezahlbaren Wohnraum bestellt? Soll in der Kultur gespart werden? Was ist mit neuen Arbeitsplätzen? Redakteurin Sonja Volkmann hat sich mit Julia Zupancic getroffen, die für die CDU die Nachfolge von Christoph Fleischhauer antreten möchte.
Frau Zupancic, Sie waren, bevor Sie bei der KPV beschäftigt waren, im Heimat-Ministerium tätig. Was nehmen Sie von dort mit, was Ihnen für das Bürgermeisteramt zuträglich sein könnte?
Was mir definitiv geholfen hat, war die Arbeit in einer solch großen Verwaltung. Zu sehen, wie Verwaltungsstrukturen ablaufen. Das hat mir viel Erfahrung gebracht, weil ich als Selbstständige diese zum Teil hierarchischen Strukturen und die Aktenläufe nicht kannte. Durch die Dynamik im Ministerium konnte man sehr schnell sehr viel lernen.
Sie sind dann zur kommunalpolitischen Vereinigung gegangen. Was ist ausschlaggebend, nun Bürgermeisterin werden zu wollen?
Ausschlaggebend war tatsächlich, dass ich immer wieder mit Kandidaturen konfrontiert wurde. Ich habe immer mal wieder das Angebot bekommen, für ein solches Amt zu kandidieren, in anderen Städten, aber auch in anderen Landkreisen. Ich habe das immer direkt verneint. Als dann klar war, dass Bürgermeister Christoph Fleischhauer nicht mehr antritt, und er bei mir anrief, fing es an zu arbeiten: Warum habe ich immer nein gesagt? Weil ich das mit so viel Herzblut nur in meiner Heimatstadt Moers machen kann.
Sie haben gesagt, Sie wollen Moers als Wohnstandort attraktiv halten. Was heißt das genau?
Moers ist meine Heimatstadt. Ich habe meinen Familienmittelpunkt hier. Ich habe viele Stationen durchlaufen, mit denen man in der Moerser Stadtgesellschaft verankert ist, sei es der Kindergarten, die Grundschule, das Vereinsleben... Wir haben eine Stadt, auf die wir sehr stolz sein können. Aber wir müssen uns auch immer neu an die Gegebenheiten anpassen, sei es bei den Veränderungen nach der Corona-Pandemie und dem Stimmungswechsel in der Gesellschaft, dem Klimawandel oder der Stadtentwicklung. Das können wir über das Betrachten der Vielfältigkeit ändern. Wir haben sehr starke Stadtteile, wir haben aber auch solche, in denen wir noch arbeiten müssen.
Konkret?
Den Kontakt und das Netzwerk zur Unternehmerschaft zu halten. Was macht den Wirtschaftsstandort Moers aus? Das bedeutet nicht nur starke Unternehmen und starke Steuereinnahmen, das heißt auch: eine starke Struktur an Arbeits- und Ausbildungsplätzen. Und, was mir am Herzen liegt: das Thema Sicherheits- und Ordnungspolitik.
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Bleiben wir zunächst beim Wirtschaftsstandort Moers. Wie wollen Sie hier weitere Arbeitsplätze schaffen und welche Branchen könnten Sie sich vorstellen?
Dass wir die Flächen, die wir zur Verfügung haben, endlich entwickeln. Wir haben da fünf Jahre verschlafen. Insbesondere auf Kohlenhuck. Da hätten wir schon Planungssicherheit haben können. Ob man das wirklich an einer Branche festmachen kann? Was ich sehe, ist, dass wir viele vernetzte Unternehmen haben. Aber wir haben auch bestehende Standorte, zum Beispiel Wellkistenfabrik Peters, das sich an seinem Standort stetig weiterentwickelt. Wir haben jetzt schon viel, darauf müssen wir weiter aufbauen.
So viele Flächen für Unternehmen, die Platz brauchen, gibt es doch nicht mehr, oder?
Unternehmen entwickeln sich auch. Ich wünsche mir, dass wir noch mehr in den Dialog gehen. Wo sind beispielsweise Flächen frei geworden durch die Home-Office-Regelungen? Für kleinere Unternehmen, für die eine Etage ausreichend wäre. Nehmen Sie das Projekt im Gebäude der Familie Kleier, wo wir es geschafft haben, die Gesundheitsschule zu installieren, die nicht das gesamte Gebäude hat, sondern einzelne Flächen nutzt. In der Hinsicht sollte man noch innovativer denken.
Stichwort bezahlbarer Wohnraum. Wie ist Moers aufgestellt?
Ich denke, dass Moers da schon gut aufgestellt ist. Natürlich haben wir auch die Themen, dass einige Gebäude aus der Förderbindung fallen. Aber da sind wir mit der städtischen Tochter, der Wohnungsbau Stadt Moers, gut aufgestellt. Wenn wir uns den Bereich der Meerbecker Zechenhäuser zum Beispiel anschauen, wo jetzt die Sanierungen anstehen, wo man auch modernisiert. Wir müssen das weiter im Blick haben.
Wobei Sie auch von Investoren abhängig sind, die – das hat man an den Eicker Wiesen gesehen – schön sanieren, aber dafür die Mieten erhöhen.
Das stimmt. Das ist selbstverständlich ein Spagat, der oft schwierig ist. Andersrum ist es dort ein tolles Projekt von Vivawest. Da war die Sanierung notwendig. Dort geht es um eine perspektivische Entwicklung. Es wurde ein Quartier geschaffen, das langfristig einen Mehrwert bietet. Ich verstehe, dass es problematisch für Menschen ist, die bei den Mieten in finanzielle Probleme kommen. Darum muss man schauen, wo wir von städtischer Seite noch mehr Verantwortung übernehmen können.
Was wünschen Sie sich für das ehemalige Finanzamtsgelände?
Wir hatten ursprünglich sehr gute Planungen. Es ist mehr als ärgerlich für die Stadt, es ist eine Katastrophe, dass es so gekommen ist. Das liegt nicht daran, dass die Stadt gepennt hat, sondern es hat sich durch die Baupreissteigerung und die wirtschaftliche Situation verändert. Ich finde die Kombination aus Wohnen und Gewerbe nach wie vor richtig. Es bleibt wünschenswert, das auf der Fläche zu realisieren.
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Für junge Familien ist eine vernünftige Infrastruktur wichtig mit Schulen und Kitas. Gerade in den Kitas ist gerade eine Menge los. Gruppen fallen aus. Fachkräftemangel. Sehr ärgerlich...
Und schwierig: Wenn man da als Eltern morgens steht und nicht weiß, was man machen soll. Es geht gar nicht nur darum, wie tolerant ein Arbeitgeber ist. In manchen Fällen geht es gar nicht. Jemand, der im direkten Kundenkontakt steht, kann sein Kind nicht mitnehmen oder von zuhause arbeiten..
Was könnten Sie als Bürgermeisterin tun? Wo stoßen Sie nicht an Grenzen?
Zum einen freue ich mich, dass die Landesregierung einen Vorstoß geleistet hat, dass man versucht hat, die Regelungen für Notsituationen zu vereinfachen. Wobei es da auch wieder Proteste gab. Ich sehe das in meinem Umfeld. Wir müssen versuchen, innovative Lösungen zu finden. Vielleicht gibt es Poollösungen. Wo kann vielleicht KI einen Teil der Dokumentation übernehmen? Es muss für die Fachkräfte, die da sind, am Ende auch machbar sein. Es sind viele Schritte, nicht das eine Patentrezept.
Müsste man womöglich an den Kita-Beiträgen schrauben?
Ich glaube nicht, dass es am Geld liegt. Die Arbeit der Erzieherinnen muss gewertschätzt werden. Aber es mangelt ja insgesamt an den Fachkräften. Ob höhere Gebühren zu mehr Personal führen, wage ich zu bezweifeln. Wir sollten die Familien nicht weiter belasten.
Die Landesregierung schnürt ein Riesensparpaket im sozialen Bereich. Kommunen müssen die Zeche zahlen.
Genau. Wenn ich Bürgermeisterin bin, muss ich für diese Kommune eintreten. Ich glaube, dass die Landesregierung da immer mit bestem Wissen und Gewissen handelt, aber es liegt an den Verantwortlichen, Hinweise zu geben, wie es vor Ort tatsächlich aussieht und was wir für Herausforderungen haben. Aus meiner Sicht arbeitet diese Landesregierung realitätsnah; sie tut vieles, das ich unterstützen kann. Und sie hat jüngst gezeigt, dass sie bereit ist, Kritik anzunehmen und noch einmal den Bleistift anzusetzen.
Wenn Sie finanziell an Ihre Grenzen stoßen: Sparen Sie gern an der Kultur, am Schlosstheater?
Nein! Die Frage ist, spare ich oder stelle ich andere Stellschrauben. Kultur ist wichtig, sie hält uns zusammen. Wir müssen den Menschen Anlässe bieten, wo sie zusammenkommen, wo sie neue Eindrücke sammeln. Dass wir als CDU es kritisch sehen, was die Strukturierung vielleicht auch des Spielplans angeht, ist kein Geheimnis. Die Festivals sind ebenfalls gut und wichtig. Aber man sollte darüber sprechen können, wo man Weichen anders stellen kann.
Wie sehen Sie die Schulen aufgestellt?
Gut. Wir haben über das Sanierungsprogramm PRO:SA viel geschafft. Wir haben viele top sanierte Schulen. Wo es noch nicht so ist, sind wir dran, bei der Anne-Frank-Gesamtschule oder beim Gymnasium in den Filder Benden zum Beispiel. Wir sind gut aufgestellt: Grundschulen, vier Gymnasien, bis zur Hauptschule haben wir noch alles. Darauf können wir stolz sein.
Sie haben vorhin Sicherheit und Ordnung angesprochen. Gibt es Orte, an die Sie sich nachts nicht mehr trauen?
Ja. Die Frage ist: Wie ist das subjektive Empfinden? Gerade der Bereich der Innenstadt vom Kö in Richtung Bahnhof ist ein Pflaster, in dem ich mich nicht sicher fühle. Ob es dann objektiv die Begründung gibt, ist nicht meine Leitschnur, sondern dafür zu arbeiten, dass Menschen sich überall in Moers sicher fühlen. Das Ordnungsamt müsste nach meinem Dafürhalten so breit aufgestellt sein, dass es die ganze Woche 24 Stunden täglich erreichbar ist.
Welche neuen Impulse wollen Sie setzen?
Ganz wichtig ist mir der soziale Kitt in der Gesellschaft; der direkte Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern. Damit wir das Vertrauen der Menschen zurückgewinnen.