Moers. Seit 13 Jahren war Motasem nicht mehr zuhause. Der Assad-Sturz macht ihm Hoffnung auf ein neues Syrien. Zurück möchte er aber nicht – die Gründe.
„Seit den 28. November konnte ich kaum schlafen“, erzählt der 28-jährige Syrer Almotasem Bellah Dahkoul, genannt Motasem, aus Moers. Seit Beginn der Offensive habe er sich regelmäßig in Moers mit Freunden getroffen, um die Nachrichten zu verfolgen. „Als der Sturz des Regimes verkündet wurde, weinte ich heftig“ erzählt Motasem. Es seien auf der einen Seite Freudentränen gewesen, Freude über das Ende jahrzehntelanger Unterdrückung. Es waren laut Motasem aber auch Tränen der Trauer, für all die, die durch ihr Opfer diesen Moment nicht miterleben können.
Freude, Trauer, Angst und Hoffnung – Diese Gefühle gehen Motasem seit dem 8. Dezember durch den Kopf. An diesem Tag hat sich Syrien von seinem Diktator Bashar al-Assad und eine über 50 Jahre anhaltende Diktatur befreien können. Darüber freut sich Motasem: „Das Regime von Assad, das Jahrzehnte der Unterdrückung und Ungerechtigkeit verursacht hat, wurde endlich gestürzt.“ Gleichzeitig empfindet er Trauer über die massiven Zerstörungen im Land, welche seit dem Bürgerkrieg im Jahre 2011 andauern. Ein zerstörtes Land und verstörte Menschen – Motasem blickt sorgenvoll auf diese enormen Herausforderungen, die der syrischen Bevölkerung bevorstehen.
„Als der Sturz des Regimes verkündet wurde, weinte ich heftig.“
13 Jahre Bürgerkrieg in Syrien
Das wohl wichtigste Gefühl für Motasem bleibt die Hoffnung. Die Hoffnung habe Seite an Seite gekämpft mit der syrischen Bevölkerung. Die gleiche Hoffnung werde nun das syrische Volk beflügeln, eine Zukunft aufzubauen: „Mit allen zusammen, durch die Hände der Kinder, unabhängig von Ethnie und Religion.“
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Motasem hat der Sturz Assads nicht überrascht: „Ich habe immer daran geglaubt, dass dieser Moment unausweichlich kommen würde.“ Das syrische Volk habe durch den 13-jährigen Bürgerkrieg und die Diktatur der Familie Assad gelitten. 600.000 Getötete im Krieg und sechs Millionen geflüchtete Syrer im Ausland. Die Bilanz des Bürgerkriegs ist erschreckend. Trotzdem, sagt Motasem, hat das syrische Volk Mut und Entschlossenheit gezeigt, sich der jahrelangen Ungerechtigkeit in den Weg zu stellen.
Eine Rückkehr spielt für den Syrer aus Moers keine Rolle
Einen Tag nach dem Sieg der Rebellen ist Motasem in Dortmund. Mit anderen Syrern und Syrerinnen feiert er den Sturz des Regimes. Motasem beschreibt es selbst als einen historischen Moment. Ihm war auch bewusst, dass der Sturz des Diktators nur der Anfang ist: „Die wahre Arbeit beginnt erst jetzt.“
Motasem ist seit zehn Jahren in Deutschland. Er hat hier geheiratet und ist Vater von zwei Kindern geworden. Seit 13 Jahren war er nicht mehr in Syrien: „Eine Rückkehr hätte bedeutet, mein Leben unter einem repressiven Regime zu riskieren.“ Fast zeitgleich mit der Nachricht, dass das diktatorische Regime gestürzt wurde, ist in Deutschland eine öffentliche Debatte über Asyl, Migration und Rückkehr nach Syrien gestartet worden. Für Motasem spielt eine Rückkehr noch keine Rolle – Er arbeite jetzt hier und habe sich gut in die deutsche Gesellschaft integriert: „Meine Familie lebt hier ein stabiles und sicheres Leben.“
„Das syrische Volk vertraut Deutschland.“
Syrer aus Moers hat seit 13 Jahren seinen Vater nicht getroffen
Syrien muss sich laut Motasem erstmal stabilisieren und sicher werden, damit eine Rückkehr für ihn infrage kommt. Dafür hofft er auf die Hilfe Deutschlands: „Heute gilt Deutschland als der treueste Freund des syrischen Volkes.“ Deutschland habe ihm viel beigebracht über die Achtung der Gesetze, das Zusammenleben mit anderen sowie den Aufbau einer sicheren Zukunft, sagt Motasem. Das gleiche wünscht er sich jetzt für Syrien: „Das syrische Volk vertraut Deutschland und sieht es als Vorbild für einen gerechten Staat, der beim Aufbau eines neuen Syriens helfen kann.“
Für die Zukunft Syriens wünscht sich Motasem einen demokratischen Staat, welcher die Menschenrechte respektiert und jedem Bürger und jeder Bürgerin Würde und Freiheit schenkt. Syrien müsse ein Ort werden, der alle willkommen heißt und dabei Hass und Spaltung ablehne. Einen persönlichen Wunsch hat Motasem auch: Endlich seinen Vater sehen, den er seit über 13 Jahren nicht mehr getroffen hat.
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