Moers. Das Presbyterium der evangelischen Gemeinde Schwafheim ist im Juli zurückgetreten. Jetzt gab es eine Versammlung. Die Emotionen kochten hoch.
Es geht ein Riss durch die Gemeinde. Und dieser Riss ist tief. Sehr tief. Das wurde bei der Gemeindeversammlung der evangelischen Kirchengemeinde in Moers-Schwafheim am Sonntag (22.9.) immer wieder festgestellt. Wörtlich. Wie unsere Zeitung berichtete, trat im Juli dieses Jahres das Presbyterium geschlossen zurück. Das Schiff, das sich Gemeinde nennt, sei in schwere See geraten, sagte Rüdiger Erbe, Vorsitzender des Bevollmächtigten-Ausschusses (BVA) im Juli. Am Sonntag sollte ein zarter Neuanfang versucht werden. Aber zu der schweren See kam noch ein mächtiges Gewitter hinzu. Ob es ein reinigendes Gewitter war? Wer weiß.
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Im Juli war die Gemeinde handlungsunfähig geworden, „nachdem ein Konflikt im Presbyterium nicht zu lösen war“, hieß es damals von Kirchenseite. In einem solchen Fall sieht die Kirchenordnung Neuwahlen und für die Übergangszeit die Gründung eines Bevollmächtigen-Ausschusses vor. Der hatte eigentlich eingeladen, um mit positiver Energie die Mitglieder aufzurufen, „sich einzubringen für eine bessere Zukunft der Gemeinde.“ Dieses Konzept allerdings ging in der vollbesetzten Kirche nicht auf.
Evangelische Gemeinde Moers-Schwafheim: Viele Zerrüttungen
Das ehemalige Presbyterium wehrte sich entschieden gegen die Aussage, das Gremium sei untereinander zerstritten gewesen. Genau das sei eben nicht der Fall. Sondern es sei immer der Konflikt mit der Pfarrerin gewesen, mit der man nicht vernünftig habe sprechen können. Eine konstruktive Kommunikation sei einfach nicht möglich gewesen. Als letztes Mittel habe man sich dann schweren Herzens entschieden, gemeinsam zurückzutreten, erklärte nicht nur ein Mitglied des damaligen Gremiums.
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Immer wieder machte Rüdiger Erbe, der Vorsitzende des Bevollmächtigten-Ausschusses, klar, dass es jetzt einen Neuanfang braucht, um die wichtigen Aufgaben der Gemeinde wahrnehmen zu können. Die Mitglieder aber hatten offenbar ganz andere Sorgen, die sie endlich loswerden wollten. „Fragen, Kritik und Anregungen“ waren von Seiten des BVA ausdrücklich erwünscht. Was dann aber an Wortbeiträgen kam, ließ einen tiefen Blick auf den Riss und die Zerrüttungen in der Gemeinde zu.
Presbyter in Moers zurückgetreten: „Die Fakten müssen auf den Tisch
„Ich habe das Gefühl, dass heute nicht versucht wird, die Brüche zu erarbeiten, sondern süßer Kleister darüber geschüttet werden soll, damit alle beruhigt sind“, vermutete eine Frau. Ein Mann aus der Gemeinde kritisierte in deutlichen Worten, dass man aufhören soll, „uns wie Kinder zu behandeln. Die Protagonisten müssen endlich aufklären, was vorgefallen ist, die Fakten müssen auf den Tisch. Wir haben einen Anspruch darauf, zu wissen, was hinter dem Konflikt steckt.“ Es folgte: donnernder Applaus.
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Immer wieder wurde von Seiten des BVA versucht, die Stimmung ins Positive zu drehen. Auch Thomas Koch (BVA) wies darauf hin, wie viel mit gutem Willen auf die Schiene gebracht werden kann, wenn man wieder die Gemeinsamkeit der Gemeinde in den Vordergrund stellt. Aber auch der Vorschlag von Matthias Immer, Stellvertreter des Bevollmächtigten-Ausschusses, stieß auf wenig Gegenliebe. Er sagte, man wolle einen zweiten Anlauf für eine Mediation unternehmen.
Gemeinde in Moers-Schwafheim: „Es braucht Zeit, viel Zeit“
Heißt: Es soll ein unabhängiger Dritter zwischen den zerstrittenen Parteien vermitteln, um wieder einen gangbaren Weg für die Zukunft zu finden. Der erste Versuch dieser Art, den Konflikt beizulegen, war gar nicht erst zustande gekommen. Immer machte klar, dass auch nach einer Mediation „die Wunden durch Stolz, verletzte Eitelkeiten, durch böse Nachrede und Missverständnisse“ nicht einfach verschwinden würden. „Danach ist nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen“, sagte er. Auch Superintendent Wolfram Syben betonte mehrfach, dass die Lage in der Gemeinde „deutlich komplizierter“ sei, als man es bisher erörtert habe. „Es braucht Zeit, viel Zeit.“
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Die Ausschuss-Mitglieder appellierten immer wieder an jedes einzelne Gemeindemitglied, sich einzubringen, mitzuarbeiten, Aufgaben zu übernehmen. „Ja, es gibt einen tiefen Riss, aber wir haben auf dem Weg, mit der Gemeinde Kapellen zusammenzuwachsen, eine gute Zukunft vor uns. Es ist nicht zu Ende.“ Einige drückten zum Schluss ihr „Entsetzen aus, wie sich die Gemeinde heute gegenüber der Öffentlichkeit dargestellt hat.“
„Ich habe das Gefühl, dass heute nicht versucht wird, die Brüche zu erarbeiten, sondern süßer Kleister darüber geschüttet werden soll, damit alle beruhigt sind.“
Andere wollten wissen, wann die Gemeinde denn wieder ein Presbyterium haben würde. Als kein konkreter Zeitpunkt genannt wurde, vermutete eine Frau: „Das hört sich so an, dass die Fusion mit Kapellen vom BVA beschlossen werden soll, ohne ein Presbyterium von Schwafheim.“ Das aber wurde von den Ausschussmitgliedern bestritten. Eine Frau aus der Gemeinde meldete sich zum Schluss zu Wort. „Diese Gemeindeversammlung ist anders verlaufen, als Sie das geplant hatten. Aber vielleicht war es ja ein reinigendes Gewitter.“ Das hofft nicht nur sie.