Moers. In seiner Heimat wurde „Prince Emrah“ von seiner Familie mit einem Messer angegriffen. Heute steht er als Künstler auf der Bühne. So auch in Moers.
Es ist eine Nacht, die sein Leben für immer veränderte. Emrah, heute 30, damals 18 Jahre alt, hatte nur eine Wahl: Er muss fliehen, bevor ihn die Polizei vor Gericht stellt. Denn in seinem Heimatland Turkmenistan sind homosexuelle Handlungen unter Männern illegal und können mit bis zu zwei Jahren Haft geahndet werden. Auch in der dortigen Gesellschaft wird Homosexualität geächtet. Die Polizei hörte ein Telefonat zwischen ihm und einem Freund ab, auf einmal standen sie vor ihm während der Arbeit und forderten ein Geständnis. Der Anfang von Emrahs, heute besser bekannt unter seinem Künstlernamen „Prince Emrah“, Fluchtgeschichte.
„Ich wusste, was ich bin und wer ich bin.“
„Prince Emrah“ kommt aus einer kurdisch-aserbaidschanischen Familie. Homosexualität oder feminines Verhalten von Männern waren Tabus, Queerness kein Begriff, den man kannte. Sein wahres Ich versteckte Emrah 18 Jahre lang vor seiner Familie. Bis er aufflog. Für die Vorbereitung zur Gerichtsanhörung wurden ihm drei Tage von der Polizei gewährt. Noch in der gleichen Nacht floh er – sowohl vor dem Gesetz als auch vor seiner Familie. „In derselben Nacht bestrafte mich meine Familie mit einem Messer, dass sie mir in die Hand stachen. In derselben Nacht rannte ich von zu Hause weg.“
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Ein Cousin mit guten Beziehungen organisierte seine Flucht von einem privaten Flughafen aus. Das Ziel: die Türkei, weg von der Heimat, weg von der Familie. Am Telefon sagten sie ihm: „Wir werden dich vergessen, ruf uns nicht an.“ Seitdem sind zwölf Jahre ohne Kontakt vergangen. Und Emrah stand ohne ein Wort türkisch zu sprechen und ohne Rückhalt allein in einem fremden Land.
„In derselben Nacht bestrafte mich meine Familie mit einem Messer, dass sie mir in die Hand stachen. In derselben Nacht rannte ich von zu Hause weg.“
Drei Jahre lebte Emrah in der Türkei und arbeitete als Make-Up-Artist in einem Salon. Doch auch hier wurde es mit den Entwicklungen des Landes als queere Person zunehmend gefährlicher. Täglich stellte er sich die Frage: „Wie lange muss ich so noch weitermachen?“ Als sein damaliger Partner nach Deutschland emigrierte, ging Emrah 2015 nach langem Überlegen hinterher. Auf dem illegalen Weg. Als Nicht-Schwimmer in einem Fischerboot, das für vier Personen bestimmt war, doch rund 40 Mitmenschen nahmen die Route auf sich. Das Gepäck warfen sie irgendwann über Bord, mit den Schuhen schöpften sie Wasser aus dem Inneren des Bootes, um nicht unterzugehen. Nach zehn langen Tagen kam Emrah endlich in Köln an. Daraufhin ging es in eine Kleinstadt nahe Stuttgart, wo sein Partner auf ihn wartete. Doch die Ausländerbehörde teilte ihm mit, dass er nach Berlin müsse.
Berliner-Künstler in Moers: Der Anfang einer Karriere
„Ein weiteres schreckliches Leben, ein weiterer schrecklicher Anfang“ beschreibt Emrah seine erste Zeit in Berlin. Während er anderthalb Jahre auf sein Visum in einem Geflüchtetenheim wartete, entdeckte er seine Leidenschaft zum Tanzen wieder, vor allem für den Bauchtanz. Über Organisationen, die Community-Events in Geflüchtetenheimen veranstalteten, geriet Emrah an seine ersten Auftritte vor Publikum. So baute er sich über einige Jahre seine Bühnenpersönlichkeit „Prince Emrah“ – mit den verschiedensten Kostümen und Auftritten – auf. Um auch anderen People-of-Colour (Personen mit dunkler Hautfarbe) und queeren Geflüchteten eine Anlaufstelle und zweite Chance zu geben, gründete „Prince Emrah“ 2018 das Kollektiv „Queerberg“.
Heute tritt „Prince Emrah“ mit seinen Bauchtanz-Shows und Kollektiven in ganz Deutschland auf. Mit seiner Mischung aus Bauchtanz, Drag-Kultur und DJ-Gigs setzt er ein Symbol für persönliche Freiheit und Selbstbestimmung. Auch für die bekannten Festivals „Fusion“ und „Melt“ wurde er bereits engagiert.
Worum es geht: Moers unterstützt Toleranz und Vielfalt
Letztendlich fragt sich „Prince Emrah“ vor jedem Auftritt, wie er andere queere und nicht-binäre (sich weder als Frau noch Mann identifizierend) Menschen motivieren und inspirieren kann. „Du kannst du selbst sein und dich wohl fühlen“ – egal welche Sexualität, welches Aussehen, welche Herkunft. Für „Prince Emrah“ ist es schwer zu fassen, wie weit er es als einst Geflüchteter aus Turkmenistan geschafft hat. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich auch nur einen kleinen Teil, von dem, was ich tue, in meinem Heimatland schaffen könnte“, sagt er. „Dort wäre ich froh, noch am Leben zu sein.“
ComedyArts Festival in Moers: Alles rund ums Event
“Prince Emrah” tritt am Freitag gemeinsam mit seiner „Black & Brown Carbaret“-Show im Rahmen des 48. Internationalen Comedy-Arts Festivals in Moers auf, welches vom 12. bis zum 15. September stattfindet. Das diesjährige Motto „Come As You Are“ könnte kein besserer Ausdruck für „Prince Emrahs“ Geschichte sein. Neben der Moderation des „Black & Brown Carbaret“ als Drag-Queen tritt er auch mit einer Bauchtanzvorstellung auf. Voll kostümiert, mit großem Kopfschmuck und bereit, das Publikum zum Tanzen und Mitmachen zu bewegen – und Selbstbestimmung und Vielfalt in Moers zu feiern.
Tickets ab 34,00 €
Tickets für das 48. ComedyArts Festival gibt es ab 34,00€ (ermäßigt 17,50€) und können online unter www.comedyarts.de/tickets/ sowie an Vorverkaufsstellen erworben werden. Vorverkaufsstellen sind die Stadtinformation Moers und der NRZ Shop Moers. Sofern noch Karten erhältlich sind, können diese auch an der Abendkasse gekauft werden.
Das Festival findet in der Enni Eventhalle, Filder Str. 142, 47447 Moers statt. Der Veranstaltungsort ist barrierefrei.
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