Herne. Immer noch treten hunderte Menschen aus der Kirche aus. Neue Konzepte sollen in Herne dagegen wirken - unter anderem ein Hochzeitsfestival.
Immer noch treten jährlich hunderte Menschen in Herne aus der evangelischen und katholischen Kirche aus. Das zeigen aktuelle Zahlen der Amtsgerichte Herne und Wanne. Demnach haben vergangenes Jahr 949 Menschen die Kirche verlassen. Damit sind die Zahlen nun im zweiten Jahr in Folge minimal gesunken. Zur Erinnerung: 2023 sind 965 Menschen aus der Kirche ausgetreten, 2022 waren es 992 und 2021 685 Menschen.
Trotzdem seien die Zahlen noch immer auf einem hohen Niveau, sagt Ludger Plümpe, Leiter der katholischen St.-Christophorus-Gemeinde in Wanne-Eickel. „Wir wissen leider nicht, was wir gezielt machen können“, sagt er. Zwar melde sich die Kirche bei den Ausgetretenen, um ihre Gründe für den Austritt zu erfahren, aber nur die wenigsten reagierten darauf. Das verstehe Plümpe, schließlich hätten die meisten von ihnen auch schon vorher keinen großen Kontakt zur Kirche gehabt. Das Thema sei dann bei vielen durch.
Was der Pfarrer jedoch immer wieder erlebe, sei die Überraschung, wenn Ausgetretene feststellten, dass sie nicht mehr das Patenamt für ein Kind übernehmen können. „Wer austritt, ist raus“, so Plümpe. Bei diesem Thema gebe es häufig Verunsicherungen bei Menschen, die Paten ernennen wollen. „Da merken sie: Das ist nicht nur ein Schritt, sondern da hängen auch Konsequenzen dran.“
Durch besondere Gottesdienste und andere Angebote hofft die Kirche, den Kontakt zu den Menschen wiederzufinden. Das versucht auch die katholische Kirche in Herne. Dort entsteht beispielsweise gerade eine Kinderkirche, mit vielen Angeboten extra für die jungen Kirchenbesucherinnen und -besucher. Die Marien-Kirche in Herne-Baukau soll umgestaltet werden - ganz nach den Bedürfnissen der Kinder, erklärt Pfarrer Nils Petrat, Leiter der St.-Dionysius-Gemeinde in Herne. „Wir wollen einen Ort schaffen, an dem sich Kinder wohlfühlen.“ Ab dem Sommer soll es dort die ersten Angebote geben. Bis aber auch baulich alles umgestaltet ist, könne es noch einige Jahre dauern.
„Wir wollen einen Ort schaffen, an dem sich Kinder wohlfühlen.“
Auch Petrat bezeichnet die aktuellen Zahlen als „viel zu hoch“. Dennoch sei es erfreulich, dass der Trend offenbar gestoppt worden sei und die Zahlen nun im zweiten Jahr in Folge leicht gesunken seien. Trotzdem täten die hohen Zahlen noch immer weh, sagt er Pfarrer. „Wir müssen das Vertrauen der Menschen zurückgewinnen.“
Die evangelische Kirche orientiere ihre Arbeit nicht an Zahlen, sagt Arnd Röbbelen vom Herner Kirchenkreis. Trotzdem seien das Zahlen, „die schmerzen“. Allerdings, betont Röbbelen, sei die Kirche noch immer ein wichtiger Partner im Stadtgeschehen, deshalb müsse sie weiterhin sichtbar bleiben. Außerdem gebe es wichtige Bereiche wie Seelsorge oder Diakonie, die die Kirche den Menschen anbieten könne.
Evangelische Kirche veranstaltet Hochzeitsfestival
„Gerade jetzt vor der Bundestagswahl wollen wir uns deutlich positionieren“, sagt Röbbelen. Bestimmte Dinge müssten angesprochen werden, das habe jüngst auch die Bischöfin in Amerika gezeigt, die eine deutliche Rede an den neuen Präsidenten Donald Trump gerichtet habe. „Wenn etwas aus dem Ruder läuft, muss die Kirche da gegeben halten und sich Gehör verschaffen.“
Viele Menschen stellten sich die Frage, was es ihnen noch bringe, in der Kirche zu sein. In dem Zuge müsse die Kirche auch über Strukturen nachdenken und darüber, wofür Geld ausgegeben werde, sagt Röbbelen. Dabei müsse auch die Frage gestellt werden: „Wovon können wir uns verabschieden?“
Aber auch: Welche neuen Angebote können geschaffen werden? Bei der Frage geht die evangelische Kirche in Herne einen neuen Schritt: Am 20. September findet rund ums Schloss Strünkede ein Hochzeitsfestival statt, an dem Menschen ganz spontan oder auch mit vorheriger Anmeldung heiraten können. Es werde Foodtrucks, Blumenstände, Sänger und Kleidung geben, so Röbbelen. Weitere Infos zu dem Festival sollen bald folgen.
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