Herne. Frauen haben in der Herner Sozialdemokratie einen schweren Stand. Und: Warum die Herner Grünen am Wochenende gespannt nach Bielefeld blicken.

James Brown lässt grüßen

War die Soul-Ikone James Brown Sozialdemokrat? Wohl eher nicht. Sein Klassiker „It‘s a Man‘s Man‘s Man‘s World“ wird allerdings wohl auch künftig für die Herner SPD von Bedeutung sein. Zugegeben, es wird nach der Kommunalwahl im September 2025 nach wie vor Frauen in der künftigen Ratsfraktion geben. Der Anteil wird jedoch weiterhin eher gering sein, wie der Blick auf die Nominierung der Direktkandidatinnen und -kandidaten in den SPD-Ortsvereinen - sie müssen an diesem Samstag, 7. Dezember, vom Parteitag noch bestätigt werden - zeigt: 18 Männern und neun Frauen sind nominiert worden. Heißt: Wenn die SPD wie 2020 alle 27 Wahlkreise gewinnt, werden neun Sozialdemokratinnen in den Rat einziehen. Immerhin ein leichter Anstieg: 2020 waren es nur sieben Direktkandidatinnen plus Petra Herrmann-Kopp, die damals aufgrund des guten Wahlergebnisses völlig überraschend über die Reserveliste den Sprung schaffte. 9 von 27 - das entspricht einem Anteil von einem Drittel. Dass die Spitzenposten in der SPD mit Ausnahme der (in Kürze ausscheidenden) Bundestagsabgeordneten Michelle Müntefering allesamt männlich besetzt sind - OB Dudda, Bürgermeister Gera, Fraktions-Chef Sobieski, die Bezirksbürgermeister Grunert, Plickert, Bornfelder und Purwin, Parteichef Bollmann, Landtagsabgeordneter Vogt und dann noch Dudda, Bollmann und Syberg im Ruhr-Parlament -, sorgt für eine noch größere Schieflage innerhalb der Partei.

Noch mehr SPD-Männer: die Bezirksbürgermeister (v.li.) Peter Bornfelder (Herne-Mitte), Adi Plickert (Eickel), Mathias Grunert (Sodingen) und Uwe Purwin (Wanne) am Abend der Kommunalwahl im September 2020.
Noch mehr SPD-Männer: die Bezirksbürgermeister (v.li.) Peter Bornfelder (Herne-Mitte), Adi Plickert (Eickel), Mathias Grunert (Sodingen) und Uwe Purwin (Wanne) am Abend der Kommunalwahl im September 2020. © Foto Funke Services | Klaus Pollkläsener

Dabei hätte es die SPD in der Hand gehabt, mehr Frauen in den Rat zu bringen. Wenn alle sechs Herner SPD-Ortsvereine, in deren Beritt es zwei Wahlkreise gibt, dem Appell der Parteispitze gefolgt wären und jeweils mindestens eine Frau aufgestellt hätten, wäre die Frauenquote auf einen Schlag deutlich erhöht worden. Die SPD-Ortvereine Wanne, Wanne-Süd und Börnig-Holthausen scheiterten jedoch an dieser unverbindlichen Vorgabe des SPD-Vorstands und stellten jeweils zwei Männer auf. Aber vielleicht kann ja die CDU bei der Kommunalwahl „Hilfestellung“ leisten: Wenn die Union nach der Europawahl ihr (intern formuliertes) Ziel erreicht und der SPD vier Direktwahlkreise abjagen sollte, könnte das den Frauenanteil in der SPD-Fraktion erhöhen - treten doch in den möglicherweise wackligen Wahlkreisen überwiegend SPD-Männer an. Ein bisschen viel „hätte“, „könnte“, „würde“ - vielleicht sollte die Herner SPD vor der Kommunalwahl 2030 einfach mal konsequenter darauf hinarbeiten, mehr Frauen in Ämter, Kandidaturen und Verantwortung zu bringen.

Die CDU und das „schönste Stadion Deutschlands“

Die CDU hat ihre Hausaufgaben in Sachen Frauenbeteiligung am vergangenen Wochenende beim Parteitag im Wanner Kongresszentrum des St. Anna Hospitals besser erledigt. Auf den ersten zwölf Plätzen der Reserveliste - so viele CDUler zogen 2020 über die Liste in den Rat ein - finden sich fünf Frauen (44,7 Prozent), unter den ersten 27 Plätzen 13 Frauen (48,1 Prozent). Nicht zur Wahl stellte sich der frühere CDU-Partei- und Fraktions-Chef Markus Schlüter, der als Dezernent des Regionalverbands Ruhr (RVR) kein kommunales Mandat übernehmen darf. Vielleicht fiel es dem 56-Jährigen beim Parteitag deshalb so leicht, mal eben aus der Hüfte einige Parteifreunde gegen sich aufzubringen: Unter Verweis auf die mit Pappe verhängte Fensterfront des im 7. Stock gelegenen Kongresszentrums stellte er fest, dass es schade sei, dass man vom Saal nicht „aufs schönste Stadion Deutschlands“ blicken könne. Gemeint war natürlich die Arena des FC Schalke 04, was die (nicht kleine) Fraktion der Borussia-Dortmund-Anhänger in der CDU mit einem Murren quittierte.

Kein Panorama-Blick auf die Schalker Veltins-Arena: Den Fans der Königsblauen in der Herner CDU blieb beim Parteitag im 7. Stock des Wanner St. Anna Hospitals der Blick auf den S04-Tempel verwehrt.
Kein Panorama-Blick auf die Schalker Veltins-Arena: Den Fans der Königsblauen in der Herner CDU blieb beim Parteitag im 7. Stock des Wanner St. Anna Hospitals der Blick auf den S04-Tempel verwehrt. © FUNKE Foto Services | Hans Blossey

In wenigen Tagen muss sich Schlüter allerdings doch noch einer Abstimmung stellen: Es geht am Freitag, 13. Dezember, im Ruhr-Parlament um seine Wiederwahl als RVR-Dezernent. Angesichts der politischen Mehrheiten und eines Vorab-Votums von SPD und CDU dürfte das nur Formsache sein. Mehr Spannung verspricht dagegen eine andere Personalie bereits an diesem Wochenende: Die NRW-Grünen stellen die Weichen für die Bundestagswahl. Die Herner Kandidatin Anna di Bari (23) kann sich bei der Delegiertenkonferenz in Bielefeld Hoffnung auf einen aussichtsreichen Listenplatz für die Bundestagswahl machen - oder wie sie es auf Instagram formuliert: „Es geht um was!“ Es wäre das erste Mandat in der Geschichte der Herner Grünen auf Landes-, Bundes- und Europa-Ebene.

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Für den Herner CDU-Bundestagskandidaten Christoph Bußmann ging es auch um was, es ging allerdings nicht so gut aus. Auf dem vom Vorstand der NRW-CDU erarbeiteten Listenvorschlag landete der 36-Jährige nur auf Platz 43. Er verbesserte sich zwar im Vergleich zu 2021 um elf Plätze und ließ Kandidaten großer CDU-Kreisverbände wie Dortmund und Duisburg hinter sich, doch der Einzug in den Bundestag bei der Wahl am 23. Februar über die Liste dürfte vom Tisch sein. Seine Reaktion: „Ich will den Wahlkreis gewinnen!“ Gemessen am Europawahlergebnis in Herne - die SPD lag nur fünf Stimmen vor der CDU - ein realistisches Ziel, vor dem Hintergrund des Ausgangs der Bundestagswahl 2021 in Herne-Bochum II - der SPD-Vorsprung auf die CDU betrug 23,7 Prozent - ein Pfeifen im Walde. Um‘s mit dem deutschen Electropop-Duo 2raumwohnung zu sagen: „Wir werden sehen“.