Herne. Für Verdi ein „Schlag in die Magengrube“: Eine Stadttochter zahle Mitarbeitern 300 Euro pro Kopf, wenn sie sich nicht am Warnstreik beteiligten.

Verdi-Sekretär Eric Lobach spricht von „einem Schlag in die Magengrube“: Teile der Belegschaft der Wanne-Herner Eisenbahn und Hafen GmbH (WHE) erhielten vom Arbeitgeber 300 Euro pro Kopf, wenn sie sich nicht an dem von der Gewerkschaft für Mittwoch, 4. Dezember, aufgerufenen Warnstreik beteiligten, berichtet er.

Eric Lobach ist in Herne Sekretär der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi.
Eric Lobach ist in Herne Sekretär der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Mehrere Gewerkschaftsmitglieder hätten Verdi darüber informiert, dass ihnen diese Prämie angeboten worden sei. „So etwas habe ich bei einem kommunalen Unternehmen noch nie erlebt“, sagt Lobach. Hintergrund: Anteilseigner der WHE sind die Stadt und die Stadtwerke, im Beirat sowie in der Gesellschafterversammlung sitzen mehrere vom Rat entsandte Stadtverordnete sowie städtische Vertreter.

Mitarbeiter seien aufgrund dieser „Streikbruchprämie“ sauer, aber auch verunsichert: „Sie fragen uns, ob das rechtlich überhaupt zulässig sei.“ Lobachs erste Einschätzung: Er gehe davon aus, dass dieses „Angebot“ vor einer Streikmaßnahme durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) abgedeckt sei, auch wenn noch einige Details zu klären seien. Aus moralischer Sicht sei dieses Vorgehen aber völlig inakzeptabel, so der Verdi-Mann.

Verdi ruft die Herner Unternehmen WHE und ETZ erneut zum ganztägigen Warnstreik auf. Der erste Streik in dem aktuellen Tarifkonflikt fand im November statt.
Verdi ruft die Herner Unternehmen WHE und ETZ erneut zum ganztägigen Warnstreik auf. Der erste Streik in dem aktuellen Tarifkonflikt fand im November statt. © verdi | verdi

Der SPD-Stadtverordnete Roberto Gentilini ist Vorsitzender des WHE-Beirats. Nach einer Anfrage durch die WAZ sprach er am Mittwoch sowohl mit Vertretern der Belegschaft als auch mit der Geschäftsführer Mirko Strauss über die Situation. „Ich kann beide Seiten verstehen“, sagt er. Er hätte es nachvollziehen können, wenn einige wenige Mitarbeiter sich zumindest „zur Aufrechterhaltung der Grundversorgung des Zugverkehrs“ nicht am Warnstreik beteiligt hätten. Das müssten diese aber selbst entscheiden, denn „schließlich ist Streik ein Grundrecht“..

WHE verteidigt Zahlung von „Zulagen“

Dieses Grundrecht werde auch von der Geschäftsführung akzeptiert, erklärt WHE-Sprecherin Angelika Kurzawa gegenüber der WAZ. „Gleichzeitig fühlen wir uns verpflichtet, unsere Versorgungaufgaben als systemrelevantes Unternehmen zumindest eingeschränkt aufrecht zu halten.“ Der letzte Warnstreik habe gezeigt, dass schon die Nichtbesetzung weniger Positionen erhebliche Auswirkungen auf die Abläufe bei der WHE hätten.

Um die „Grundfunktionen zur Versorgung der Bevölkerung“ auch weiterhin zu sichern und wichtige Züge in einer anstatt in drei Schichten abfertigen zu können, habe die WHE „eine Handvoll Mitarbeitende“ angesprochen, die eine Bereitschaft zur Aufrechterhaltung von Grundfunktion haben könnten. Zu keiner Zeit sei der gesamten Belegschaft eine Zahlung von Streikabbruchprämien in Aussicht gestellt worden. „Aktuell erhalten lediglich drei Mitarbeiter eine Zulage für kurzfristige Schichtveränderungen“, so Kurzawa. Und: Sie bedauerten die Entscheidung, dass die WHE bereits zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit vom Warnstreik betroffen sei, während der überwiegende Teil der Güterverkehrsbranche ohne Einschränkungen arbeiten kann. „Es wäre wünschenswert, wenn die Streikziele gleichmäßiger verteilt wären.“

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Neben den rund 110 WHE-Beschäftigten sind auch die etwa 30 Beschäftigten der ETZ Betriebs GmbH am Wanne-Eickeler Westhafen von Verdi für Mittwoch zu einem ganztägigen Warnstreik aufgerufen worden. In dem Tarifkonflikt geht es um die Bezahlung jener Eisenbahner, die nicht zur bundeseigenen Deutschen Bahn gehören. Bereits im November hatte Verdi zu einem Warnstreik bei der WHE sowie am Wanne-Eickeler Westhafen aufgerufen.