Herne/Bochum. Ein NRW-Landtagsabgeordneter wird für die AfD im Bundestagswahlkreis Herne-Bochum II antreten. Wer es ist, womit er zuletzt in die Kritik geriet.
Die Herner AfD setzt bei der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 erneut auf einen Kandidaten-Import: Der in Dorsten lebende Landtagsabgeordnete Daniel Zerbin (51) wird für die AfD im Bundestagswahlkreis Herne-Bochum II antreten. Das berichtet die Herner AfD in einer Pressemitteilung.
„Mit Prof. Dr. Daniel Zerbin konnten wir einen erfahrenen Politiker, Landtagsabgeordneten und Vorsitzenden im Wissenschaftsausschuss des NRW-Landtages als Direktkandidaten für den Bundestags-Wahlkreis 140 gewinnen“, erklärt Hernes AfD-Vorsitzender Guido Grützmacher. Er spricht von einem „großen Coup“: Mit dieser Kandidatur zeige die AfD, dass sie den Anspruch erhebe und aussichtsreiche Chancen sehe, das Direktmandat zu holen.
Wie kam es dazu, dass ein Dorstener für die AfD im Herne Wahlkreis antritt? „Wir haben uns gegenseitig gefunden“, erklärt Zerbin dazu schriftlich auf Anfrage der WAZ. Er habe familiäre Bindungen sowohl zu Herne als auch zu Bochum. Und er habe „sein erstes Geld in Herne verdient“. Den Optimismus des Herner AfD-Chefs teile er: „Wir setzen auf Sieg.“
Bei der Bundestagswahl 2021 trat die AfD in Herne-Bochum II mit dem Bayer Markus Dossenbach an, der Büroleiter eines Soester AfD-Bundestagsabgeordneten war und angab, Herne kaum zu kennen. Bei der Wahl am 27. September 2021 entfielen auf Dossenbach in Herne-Bochum II bei den Erststimmen 9,8 Prozent. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Michelle Müntefering verteidigte damals den Wahlkreis mit 43,5 Prozent vor CDU-Kandidat Christoph Bußmann mit 19,8 Prozent.
Anders als Dossenbach kommt Zerbin aus dem Ruhrgebiet, hat aber wie sein Vorgänger eine CDU-Vergangenheit: Laut seiner Biografie auf Landtag.de - die offizielle Seite des NRW-Landtags - gehörte er bis zu seinem Eintritt in die AfD von 1998 bis 2016 der Union an. Und auch das steht in der (überwiegend auf persönlichen Angaben beruhenden) Landtagsbiografie: Zerbin ist gebürtiger Gelsenkirchener, ledig und Vater von zwei Kindern.
Dem NRW-Parlament gehört er seit der Landtagswahl im Mai 2022 an, bei der er im Wahlkreis Recklinghausen III (Dorsten, Haltern, Marl-Polsum und Datteln-Ahsen) antrat. Er erhielt 6 Prozent der Erststimmen, zog aber über Platz 11 der AfD-Reserveliste in den Landtag ein. Bei der konstituierenden Sitzung des Landtags im Juni 2022 kandidierte Zerbin für die AfD für das Amt des Vize-Präsidenten, fiel aber durch. Zum Vorsitzenden des Wissenschaftsausschusses des Landtags wurde er gewählt, weil seine Partei Zugriff auf den Vorsitz hatte.
Medienbericht über Treffen der rechten Szene mit Daniel Zerbin
In diesem Jahr sorgte der AfD-Politiker schon mehrfach für (Negativ-)Schlagzeilen. So berichtete der Kölner Stadt Anzeiger im Januar 2024, dass die NRW-Polizeihochschule gegen biografische Angaben Zerbins - er hatte dort bis 2021 gelehrt - protestiert habe. Der beanstandete Hinweis, dass der Abgeordnete nach wie vor Dozent an der Landeseinrichtung sei, findet sich inzwischen nicht mehr auf der Homepage des Landtags. Die Dorstener Zeitung berichtete im März 2024, dass Zerbin nach Absprache mit dem Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) seine Mitgliedschaft ruhen lasse. Der BDK habe zuvor über einen Ausschluss nachgedacht, dies aber wegen der Komplexität des Verfahrens zurückgestellt, hieß es weiter. Bis zum Einzug in den Landtag vor zweieinhalb Jahren hatte der Kriminalwissenschaftler eine Professur für Kriminologie an der privaten Northern Business School in Hamburg.
Weniger um berufliche als vielmehr um politische Aspekte ging es in einem Online-Beitrag der „Zeit“ im Juli 2024: Die Wochenzeitung berichtete von einem „exklusiven Treffen der rechten Szene“ in einem bayrischen Gasthof, an dem neben dem (aus der AfD ausgeschlossenen) Brandenburger Rechtsextremisten Andreas Kalbitz unter anderem auch Daniel Zerbin teilgenommen habe. Im Laufe der Veranstaltung seien vermummte Polizisten aufgetaucht, um den Gastraum und die Anwesenden zu durchsuchen. „Sie stellten ein Messer sicher und ein Tütchen mit weißem Pulver“, so die „Zeit“. Dieser „Fall Zerbin“ reihe sich ein in „eine ganze Serie rechter Ausfälle“ des Führungspersonals des AfD-Landesvorsitzenden in NRW Martin Vincentz, der im Jahr 2022 eigentlich eine Deradikalisierung des Landesverband angekündigt habe, berichtete die Zeitung.
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Nicht in Einklang zu bringen mit diesem Ziel des Landesvorsitzenden war sicherlich auch ein Neujahrsempfang der AfD in Münster Anfang 2023.. Ehrengast war der Thüringer AfD-Rechtsaußen Björn Höcke, der in einer „Geschichtsstunde“ mit „kruden Thesen“ aufgewartet habe, berichtete anschließend die Münstersche Zeitung. Gastgeber des von lautstarkem Gegenprotest begleiteten Empfangs waren der AfD-Bezirk Münster und sein (damaliger) Sprecher Daniel Zerbin.
>>> AfD-Kreisverband mit 65 Mitgliedern in Herne
- Auf der Wahlkreisversammlung der AfD für Herne-Bochum II sei Daniel Zerbin am Donnerstag, 29. November, von 16 Mitgliedern gewählt worden, berichtet die Herner AfD auf Anfrage.
- Und erstmals machte AfD-Vorsitzender Guido Grützmacher gegenüber der WAZ auch Angaben zur Mitgliedschaft: Der Kreisverband Herne bestehe zurzeit aus 65 Menschen, erklärte er. Zudem befänden sich „etliche“ Antragsteller noch im Aufnahmeprozess.
