Herne. Soll die Prüfung eines AfD-Verbots beantragt werden? Herner Bundestagskandidaten von SPD, CDU und Grünen sind unterschiedlicher Auffassung.
Die Herner Bundestagskandidatin Anna di Bari (Grüne) unterstützt die Initiative zur Prüfung eines AfD-Verbots. Während sich der designierte SPD-Bundestagskandidat Hendrik Bollmann in dieser Frage nicht so eindeutig wie di Bari positioniert, lehnt Christoph Bußmann (CDU) einen Verbotsantrag zum jetzigen Zeitpunkt ab.
„Ich halte die Prüfung eines Verbotsantrags und die gemeinsame Initiative von Abgeordneten über Fraktions- und Koalitionsgrenzen für richtig“, erklärt die 23-Jährige auf Anfrage der WAZ. Medienberichten zufolge haben sich mehrere Bundestagsabgeordnete von SPD, CDU, Grünen und Linkspartei zusammengetan, um einen entsprechenden Antrag beim Bundesverfassungsgericht auf den Weg zu bringen.
Natürlich dürfe die Forderung nach einem Verbotsverfahren nicht leichtfertig erhoben werden, so di Bari. Die im Grundgesetz geschaffenen Anforderungen seien zu Recht hoch. „Gleichzeitig gebe es eben dieses Instrument, damit wir nicht wehrlos zusehen müssen, wenn die parlamentarische Demokratie aggressiv angegriffen wird“, so die Politikerin, die in Bochum dem Rat der Stadt angehört. Menschenfeindliche Deportations- und russische Propaganda-Forderungen, die Verletzung der Menschenwürde von Gruppen wie von Migranten oder sexuellen Minderheiten seien hier Beispiele.
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Zuletzt habe die Konstituierung des Thüringer Landtags in der vergangenen Woche in aller Deutlichkeit gezeigt, wie die AfD parlamentarisch agiere. „Das wird sie auch anderswo versuchen. Ernsthafte Bestrebungen, ein Verbot einzuleiten und die staatlichen Finanzmittel zu entziehen, sind daher richtig“, betont di Bari, die im Juli von ihrer Partei für den Wahlkreis Herne-Bochum II nominiert worden ist.
Hendrik Bollmann (SPD) fragt: Was käme nach einem Verbot?
Auch der Herner SPD-Chef und Bundestagskandidat Hendrik Bollmann sorgt sich um die Demokratie. „Es muss alles dafür getan werden, die Datenlage für ein erfolgreiches Verbotsverfahren gegen die AfD herzustellen.“ Es gebe „Anlass zu größter Sorge“, erklärt der 42-Jährige und verweist unter anderem auf als gesichert rechtsextrem geltende AfD-Landesverbände und ebenfalls auf das jüngste Verhalten der AfD im thüringischen Landtag.
Wichtig sei aber auch die Frage: Was käme danach? „Mit einem Verbot der AfD wäre nur das Symptom erledigt. Die demokratischen Parteien müssen Konzepte entwickeln, wie man möglichst viele Menschen wieder zurückgewinnen kann. Sonst ist ein Verbot der AfD nur ein Pyrrhussieg vor Gericht, aber nicht für die Demokratie“, betont Bollmann.
Hernes CDU-Chef: Verbotsantrag spielt AfD in die Karten
„Zum aktuellen Zeitpunkt unterstütze ich diesen Verbotsantrag nicht“, erklärt dagegen Christoph Bußmann (36), Bundestagskandidat der Herner CDU. Eine rechtsextreme Kraft wie die AfD verbieten zu wollen, während sie gerade mit rund 30 Prozent in einem Bundesland stärkste Kraft geworden sei, spiele dieser Partei nur in die Karten. „Die AfD wird dadurch weiterhin das Märchen ihrer Opferrolle erzählen können und unsere Gesellschaft immer weiter mithilfe ihrer medialen Mittel spalten.“
Alle demokratischen Parteien hätten die gemeinsame Verantwortung, die AfD politisch zu stellen und den Bürgerinnen und Bürgern klarzumachen, dass sie keine „Alternative“ für Deutschland sei. Dazu gehöre aber auch, „dass nun vernünftige Realpolitik der regierenden Parteien betrieben werden muss“, so der Herner CDU-Vorsitzende. Gerade die Ideologiepolitik der vergangenen Jahre habe die Radikalisierung der Gesellschaft verschärft. „Fairerweise muss ich hier auch sagen, dass auch die letzten Jahre der Merkel-Ära ihren Teil dazu beigetragen haben“, räumt der Christdemokrat ein. Die AfD nun verbieten zu wollen, ohne die real existierenden Probleme wie zum Beispiel in der Migrationspolitik zu lösen, sei aber der falsche Weg.
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Er stehe einem Verbotsverfahren aber nicht generell kritisch gegenüber, sondern halte es zum jetzigen Zeitpunkt für falsch. „Wenn, dann hätte man es deutlich früher machen müssen“, so Bußmann. Er schlägt vor, die AfD noch stärker beobachten zu lassen, „damit wir einschreiten können, sobald sie zu einer ernsten Gefahr für unser Land und unsere Menschen wird.“
Er vertraue dem Verfassungsschutz, der Polizei sowie dem gesamten Sicherheitsapparat, der das Land beispielsweise kürzlich vor einem gewaltsamen Umsturzversuch durch Reichsbürger frühzeitig habe schützen können. Bußmann: „Wenn uns diese Sicherheitsbehörden ein Verbot der AfD nahelegen, wäre das der späteste Zeitpunkt, an dem die Partei verboten werden muss. Bis dahin müssen wir als Demokraten mit demokratischen Mitteln unsere Demokratie verteidigen.“
Und was sagt die einzige Herner Bundestagsabgeordnete? Michelle Müntefering (SPD) hat auf die Anfrage der WAZ nicht reagiert.