Herne. In Geschäften in Herne gibt es immer mehr SB-Kassen. Die Händler wollen damit den Service verbessern, sagen sie. Verdi sieht das ganz anders.
Selbst-Scanner erobern den Einzelhandel: Immer mehr Geschäfte in Herne installieren Selbstbedienungskassen. „Das ist die Zukunft“, sagt Olaf Kenkmann, der Sprecher des Einzelhandelsverbands in Herne. Kundinnen und Kunden erwarteten diesen Service. Die Gewerkschaft Verdi betrachtet den Scanner-Boom dagegen kritisch.
Nicht mehr an Kassen anstellen, sondern nur kurz zur SB-Kasse gehen, das ist in Herne in immer mehr Geschäften möglich - in Supermärkten, Fachgeschäften und Drogeriemärkten. Für Kundinnen und Kunden, die nur ein paar Teile in der Hand hätten, seien die Scanner ein super Service, sagt Olaf Kenkmann, der Chef des Herner Einzelhandelsverbandes. Die Menschen stünden dann nicht in der Schlange, sondern seien zügig wieder draußen. Trotz seines Lobes für SB-Kassen: Kenkmann, der den Rewe-Markt an der Siepenstraße in Herne-Mitte betreibt, bietet diesen Service gar nicht an. Noch nicht, betont er: „Auf den Zug will ich auf jeden Fall aufspringen.“
Herner Supermarkt: „Büroverkehr“ nutzt den SB-Service
Bei Edeka Koch im Kaiserquartier in Baukau gibt es neben den vier normalen Kassen auch zwei SB-Kassen. „Die werden gut genutzt“, sagt Inhaber Michael Koch. Nicht bei Menschen, die ihren Wochenend-Einkauf machten, aber von jenen, die mal eben zwei, drei Produkte kaufen wollten. „Büroverkehr“ nennt er das. Diese Kundinnen und Kunden seien dank SB-Kasse schnell wieder vor der Tür - und hätten dadurch mehr Pause. In Kürze will Koch aber auch den Wochenend-Einkäufern einen, wenn auch anderen, SB-Service anbieten: Er hat 30 Hand-Scanner angeschafft, Kundinnen und Kunden könnten damit im Markt jeden Artikel einscannen, bevor sie ihn in den Einkaufswagen legen. Am Ende, vor dem Ausgang, müssten sie dann nur noch digital per Knopfdruck bezahlen. An der Kasse anstellen, Waren aufs Band legen, dann wieder in den Wagen packen, das sei nicht mehr nötig.
Nach einem ähnlichen Prinzip arbeitet Decathlon. Das Sportartikel-Geschäft an der Holsterhauser Straße hat mittlerweile zehn „Self-Checkout-Kassen“ und vier traditionelle Kassen. Nicht mal scannen müssen die Kundinnen und Kunden die Produkte an den SB-Kassen. Die Produkte werden in eine Box gelegt und dort automatisch vom System erkannt und verrechnet. Große Produkte können mit einem Handscanner erfasst werden. Mehr als die Hälfte der Kundinnen und Kunden nutzten diesen Weg, sagt Sprecherin Nora Lühne. Der Großteil empfinde den Self-Checkout „als Spaßfaktor bzw. Erlebnis“ .
Auch die Drogeriemarkt-Kette DM bietet den SB-Service mittlerweile in allen drei Filialen in Mitte, Wanne und Baukau an - und verzeichne eine „rege Nachfrage“: „Wir beobachten, dass dieser Service gerne genutzt wird und erhalten positive Rückmeldungen von unseren Kundinnen und Kunden“, sagt Sprecherin Melina Rehhorn. Auch sie sagt: Die Scanner sorgten „gerade in Stoßzeiten für Entlastung und sind insbesondere für kleinere Besorgungen sehr praktisch“.
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Vorwürfe, dass durch SB-Kassen in Wirklichkeit nur Personal abgebaut werden soll, sind den Händlern nicht unbekannt. Aber sie widersprechen vehement. Wieso Personal abbauen?, fragt Rewe-Inhaber Olaf Kenkmann, der Sprecher des Einzelhandelsverbandes. Es sei ja schwierig, überhaupt welches zu bekommen. Geschäfte mit SB-Kassen setzten ihr Personal woanders ein - zu tun gebe es genug.
Auch Melina Rehhorn, die DM-Sprecherin, widerspricht. SB-Kassen seien ein Zusatzservice, durch den die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Ende mehr Freiräume hätten, etwa für die Beratung oder Express-Abholung von Online-Einkäufen. Gerade in Stoßzeiten sorgten die Selbstbedienungsterminals für Entlastung. Ähnlich äußert sich Nora Lühne, die Decathlon-Sprecherin: Sie verkürzten Warteschlangen und verbesserten den Kundenfluss in der Kassenzone. „Die Self-Checkout-Kassen benötigen zudem eine deutlich geringere Stellfläche als herkömmliche Kassen.“ Diesen Platz könne das Unternehmen für Produkte nutzen.
Und lädt die Technik nicht zum Diebstahl ein? Nach dem Motto: drei Produkte einscannen und fünf mitnehmen? Das sei natürlich nicht auszuschließen, sagt Michael Vogel, der in Herne drei Edeka-Filialen betreibt, unter anderem die neue in Baukau. Allein: „Wer Diebstahl begehen möchte, der schafft das auch so.“ Dafür brauche er keine SB-Kasse.
Und was sagt die Gewerkschaft Verdi?
„Wenn Unternehmen in SB-Kassen investieren, dann nicht aus reiner Kundenfreundlichkeit“, meint Verdi-Sekretär Azad Tarhan. Grund seien in der Regel Einsparungen bei den Personalkosten, da Tarif-Entgelte und eventuell auch Zulagen für das Kassenpersonal wegfielen. Kurz: „Letztlich geht es darum, die Gewinne auf Kosten der Beschäftigten weiter hochzutreiben.“ Auch das Gejammere, man finde kein Personal für die Kassenbereiche, sei hausgemacht: „Die schlechten Arbeitsbedingungen im Einzelhandel sind nicht gerade ein Aushängeschild für Menschen, die ihre Ausbildung beginnen oder auf der Suche nach einem neuen Job sind.“