Herne. Die Stadt Herne hat einen Katalog erarbeitet, der Richtlinien für Baumaßnahmen auflistet. Die CDU schimpft - und spricht von „Bevormundung“.

Wie können Straßen und Häuser in Herne künftig so gebaut werden, dass sie klimagerecht sind? Darüber hat sich die Stadt Herne Gedanken gemacht und ein Handbuch mit Leitlinien erarbeitet. Diese sollen bei der Planung von neuen Straßen oder bei Umbau-Maßnahmen angewendet werden. In der CDU regt sich Widerstand. Sie spricht von „Bevormundung“: Die Verwaltung, so der Vorwurf aus der Union, habe ein viel zu enges Korsett geschnürt. Bei Baumaßnahmen hätten Menschen so künftig kaum noch Spielräume.

Zum Hintergrund: „Gestaltungsrichtlinien für klimagerechte Straßenräume“ heißt der über 40 Seiten starke Katalog, den das Rathaus erarbeitet und in diesen Wochen in den politischen Gremien vorstellt. Ende November entscheidet dann der Rat darüber, ob das Handbuch künftig als Grundlage bei der Gestaltung von Straßenräumen genutzt werden soll. Im Kern beschreibt das Maßnahmenpaket, wie Häuser und Fahrbahnen, aber auch Vorgärten, Gehwege und Randstreifen gestaltet werden sollen.

Häuslebauer sollen sich künftig nach einem Katalog richten, den die Stadt Herne erarbeitet hat. So sollen etwa Parkplätze oder Mülltonnen neben das Haus´.
Häuslebauer sollen sich künftig nach einem Katalog richten, den die Stadt Herne erarbeitet hat. So sollen etwa Parkplätze oder Mülltonnen neben das Haus´. © Marco Kneise | Marco Kneise

Herne: Keine Kies- und Schotterflächen

So sollen bei Fassaden künftig etwa helle Materialien verwendet werden und keine auffälligen, grellen Farben sowie keine glänzenden oder polierten Werkstoffe, heißt es da. Auch sollen Teile der Fassade bepflanzt werden. Vorgärten sollen begrünt, Kies- und Schotterflächen verboten werden. Abgrenzungen zu Gehwegen sollen nur bis bis 90 Zentimeter hoch sein, bei Mauern sollen sich Materialien und Farben an der Fassade orientieren. In Vorgärten sollen künftig keine „Nebenanlagen“ mehr stehen, heißt: Auto- und Fahrrad-Abstellplätze, Abfalltonen oder Wärmepumpen sollen neben dem Gebäude verschwinden und zudem begrünt werden. Ausnahmen soll es unter anderem bei Reihen-Mittelhäusern geben.

Bitte nur noch neben oder hinter das Haus: Wärmepumpen.
Bitte nur noch neben oder hinter das Haus: Wärmepumpen. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Beim Straßenbau sollen künftig helle Materialien genutzt werden, bei Gehwegen nur noch helle, kleinformatige Pflaster, Parkplätze sollen mit Rasenfugensteinen oder versickerungsfähigen Steinen angelegt werden. Außerdem legt der Katalog fest, wie breit Rand- und Grünstreifen sein sollen, wieviel Platz Bäume dabei bekommen sollen.

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Im Ausschuss für Digitales, Infrastruktur und Digitalisierung ließ CDU-Ratsherr Andreas Barzik jetzt kein gutes Haar an dem Katalog. Er sprach von einer „Phantasialand-Planung“, die das Rathaus da betreibe. Würde das so umgesetzt, dann hätten Bürgerinnen und Bürger beim Bauen künftig kaum bis gar keine Spielräume mehr, kritisierte er. Das sei eine „grüne Bevormundung“, so Barzik mit Verweis gerade auch auf die Grünen, die den Katalog einen „vernünftigen Vorschlag“ genannt hatten.

„Wir bevormunden keinen“: Hernes Baudezernent Stefan Thabe.
„Wir bevormunden keinen“: Hernes Baudezernent Stefan Thabe. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Baudezernent Stefan Thabe zeigte sich „überrascht über die Schärfe“ der Union: „Ich verstehe die Aufregung nicht.“ Er betonte: „Wir bevormunden keinen.“ Der Katalog sei vielmehr ein „Vorschlag für eine harmonische Stadtgestaltung“. Er biete Häuslebauern nach wie vor eine ganze Breite an Optionen. Künftig soll beim Bauen nur nicht mehr jeder machen können, was er wolle.

Der Ausschussvorsitzende Roberto Gentilini (SPD) sprang dem Baudezernenten bei. Er könne in den Leitlinien ebenfalls „keine Zwänge“ erkennen, sagte er. Bis zur Ratssitzung am Dienstag, 26. November, müssen die Ratskoalitionäre aus SPD und CDU nun versuchen, bei diesem Thema auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen.

>>> Leitlinien sollen „nach Möglichkeit“ umgesetzt werden

  • Das Handbuch soll bei der Planung von neuen und bei der Umgestaltung von bestehenden Straßen „nach Möglichkeit“ Anwendung finden, heißt es im Beschlussvorschlag der Stadt. Die Leitlinien seien „allgemeingültig, das heißt, sie gelten für alle Straßenräume“.
  • Diese Gestaltungsmaßstäbe sollen als fachliche Grundlage „für einen zielgerechten Abwägungs- und Entscheidungsprozess dienen und stellen einen überprüfbaren und praktikablen Bewertungsmaßstab für verschiedene Fachplanungen dar“, heißt es weiter.