Herne. Pazifistin Klaudia Scholz (69) kauft Aktien des Rüstungskonzerns Rheinmetall und vervielfacht den Einsatz. Warum investiert die Linke in Waffen?

Die Herner Linken-Politikerin Klaudia Scholz (69) hat mit Rheinmetall-Aktien innerhalb weniger Jahre einen dicken Gewinn erwirtschaftet und ihren Einsatz vervielfacht. Der Gewinn könnte noch steigen. Verkaufen kommt für die Pazifistin erst einmal nicht in Frage. Wie kommt ausgerechnet eine Linken-Politikerin an Aktien des größten deutschen Rüstungskonzerns?

Tipp zum Aktiendeal kommt aus der Friedensinitiative

Das Raunen unter den Grünen-Parteimitgliedern im Saal ist deutlich zu vernehmen, als Klaudia Scholz ausgerechnet bei einer Debatte über den Krieg in der Ukraine ihre Rheinmetall-Aktien ins Spiel bringt. Sie nennt ihre eigenen Aktien als Beispiel dafür, wie man am Krieg verdienen könne. Ihren Einsatz habe sie weit mehr als verzehnfacht.

Auf WAZ-Nachfrage erklärt Scholz, wie sie an die Aktien gelangte. Der Kontakt und der Tipp zu dem Aktiendeal sei nämlich über die Herner Friedensinitiative und einen Bekannten entstanden. „Eigentlich wollte ich zu den Hauptversammlungen eingeladen werden“, sagt Scholz. Ein Trick, den nicht wenige Klein-Aktionäre einsetzen, um mal auf der großen Bühne mitreden zu können. Manchmal lockt auch nur der Gaumenschmaus.

Rheinmetall-Konzernzentrale in Düsseldorf
Die Rheinmetall-Konzernzentrale in Düsseldorf. Klaudia Scholz wollte an den Hauptversammlungen teilnehmen. © FUNKE Foto Services | Kai Kitschenberg

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Rederecht und ein schickes Essen auf der Hauptversammlung

Sie habe sich jedenfalls Rederecht bei den Hauptversammlungen beim „Händler des Todes“ (O-Ton Friedensinitiative) in Düsseldorf erhofft, sagt Scholz. Die Einladungen seien dann auch gekommen. Und ein festliches Essen sei auch angekündigt. Den Einsatz von etwa 37 Euro je Aktie und den Kauf von zwei Aktien sei ihr das wert gewesen. Das erstaunliche Ergebnis: Heute steht der Kurs der Aktie bei gut 500 Euro. Scholz hat mit nicht mal 60 Euro Einsatz für zwei Aktien 1000 Euro rausgeholt.

Wann genau sie die Aktien kaufte, weiß Scholz spontan gar nicht mehr. Am Kursverlauf lässt es sich aber gut festmachen. Die Rheinmetall-Aktie hatte zuletzt Anfang 2015 nach jahrelanger Stagnation bei einem Kurs von ca. 40 Euro gelegen. 2018 stieg der Wert dann auf über 100 Euro. Ab 2022 schoss der Wert dann in die Höhe, zwischenzeitlich auf ein Maximum von 571 Euro je Aktie. Der Krieg in der Ukraine und die Entschlossenheit vieler Staaten, mehr in Rüstung zu investieren, befeuern den Wert der Aktie, trotz zuletzt kleinerer Kursverluste.

Wie lange setzt die Pazifistin noch auf Rheinmetall?

Wann ist der beste Zeitpunkt zum Verkaufen? Klaudia Scholz will Rheinmetall, der jetzt auch BVB-Sponsor ist, vorerst weiter in ihrem Portfolio halten. „Ich gucke mir das mal an“, sagt sie. Einen Widerspruch zu den Bemühungen in der Friedensinitiative, die Rüstungsindustrie und Waffen verteufelt, sehe sie dabei nicht. Die Absicht, kritisch in Düsseldorf aufzutreten, sei ja dagewesen.

Nur bei einer der Hauptversammlungen in Düsseldorf sei sie in all den Jahren noch nicht gewesen. Kein Essen, keine kritischen Wortbeiträge. Klaudia Scholz gesteht ein, dass sie sich einfach nicht in die Rheinmetropole getraut habe: „Ich bin eine schlechte Autofahrerin.“

>>> Arbeit bei der Ruhrkohle

  • Klaudia Scholz, heute Rentnerin, arbeitete früher bei der RAG Sie habe sich 1968 mit ihrer Zwillingsschwester bei der Ruhrkohle beworben – und beide hätten sofort anfangen können, erzählte sich mal der WAZ. In der Lehre habe sie viele Bereiche und Zechen kennengelernt.
  • Nach Abschluss der Ausbildung zur Industriekauffrau sei sie gefragt worden, ob sie in der Telefonzentrale aushelfen könne. Man suche jemanden, der sich gut ausdrückt, Englisch spricht und den Fernschreiber bedient. Diese Aushilfe in der Telefonzentrale dauerte dann 38 Jahre.