Herne. Warum sich ein Herner SPD-Ortsvereinsvorsitzender für einen SPD-Stadtverordneten schämt. Und: Warum der Kämmerer ein Raunen im Ratssaal auslöste.
SPD-Ortsvereins-Chef schämt sich für SPD-Stadtverordneten
Keine Kandidatenaufstellung für die Kommunalwahl ohne Knalleffekt: Diese Regel gilt offenbar für die Herner SPD. 2020 sorgte die Horsthauser SPD für Turbulenzen. Zur Erinnerung: Ratsherr Walter Hanstein (78) setzte sich bei der Nominierung im Ortsverein knapp gegen seine Herausforderin Andrea Ellerbrock (55) durch. Die Partei korrigierte dieses Votum aber letztlich und nominierte stattdessen Ellerbrock. Für die Kommunalwahl 2025 zeichnet sich ab, dass die größte Kontroverse diesmal im Ortsverein Holsterhausen stattfinden wird, der zwei Wahlkreise zu besetzen hat.
Das Drama war zunächst nicht absehbar - ging man doch davon aus, dass die 2020 gewählten Holsterhauser Stadtverordneten - Ratsfraktions-Chef Udo Sobieski (66) und Heinrich Schmidt (74) - nicht mehr antreten werden. Dem ist aber nicht mehr so: Sowohl Sobieski als auch Schmidt erklärten im Juli auf Anfrage der WAZ, dass sie sicher (Schmidt) oder wahrscheinlich (Sobieski) erneut kandidieren wollten. Womit es plötzlich im Ortsverein (mindestens) vier potenzielle Kandidaten für zwei Plätze gibt. Mit Blick auf die Konstellation in Holsterhausen und entsprechenden Signalen aus der Partei ist nämlich die Stadtverordnete Petra Herrmann-Kopp bereits von Constantin nach Holsterhausen gewechselt. Die 51-Jährige war 2020 aufgrund des Wahltriumphs der Herner SPD völlig überraschend über die Reserveliste in den Rat eingezogen. Sie fand so viel Gefallen an ihrem Mandat, dass sie ihr Engagement fortsetzen wollte - über einen Holsterhauser Wahlkreis, weil in der SPD Constantin Ratsherr Olaf Semelka als gesetzt gilt. Ebenfalls Ambitionen auf eine Ratskandidatur hat (vor den überraschenden Kurswechseln bei Schmidt und Sobieski) auch Ortsvereins-Chef Andreas Jansen angemeldet, dessen Ehefrau Sarah Jansen derzeit gegen SPD-Chef Hendrik Bollmann am 15. September um die Bundestagskandidatur kämpft.
Zwischen Andreas Jansen und Heinrich Schmidt ist nun ein offener Machtkampf ausgebrochen, bei dem es bereits am 5. September zum Showdown kommen wird: An diesem Tag werden sie - Stand jetzt - bei der Neuwahl des Ortsvereinsvorstands gegeneinander ums Amt des Vorsitzenden antreten. Jansen findet im Vorfeld deutliche Worte. Schmidt stehe der gewünschten Modernisierung der Partei im Weg, sagte er auf Anfrage. Und: Er schäme sich dafür, dass Schmidt nach außen ein Gesicht der SPD sei. Schmidt erklärte gegenüber der WAZ, dass die Unzufriedenheit mit Jansen groß sei. Er sei von Mitgliedern aufgefordert worden, erneut für den Rat zu kandidieren.
Ein Raunen geht durch den Herner Ratssaal
Zum Abschluss noch etwas fürs Herz. Der neue Kämmerer Marc Ulrich stimmte am Donnerstag im Finanzausschuss regelrechte Lobeshymnen auf Karla Fürtges an. Anlass: Die Leiterin des städtischen Gebäudemanagements hatte über mehrere Jahre die Herner Stadttochter Schulmodernisierungsgesellschaft (HSM) „nebenamtlich“ führen müssen, weil die Besetzung des hauptamtlichen Geschäftsführerpostens bei der HSM vor allem durch das politische Versagen der CDU zweimal gescheitert war. Mit Christian Keller wurde dann nach langem Ringen doch noch ein qualifizierter Geschäftsführer gefunden. „Es ist mir ein Rätsel, wie Frau Fürtges diese Doppelbelastung ertragen und ausgehalten hat. Das ist schon eine ganz besondere Leistung“, sagte Ulrich.
Dafür gab es auch von den Ausschussmitgliedern viel Beifall. Ein Raunen ging allerdings nach dieser Bemerkung Ulrichs durch den Ratssaal: „Kein Mann hätte geschafft, was sie hier geschultert hat.“ Diese Reaktion aus der Politik war vielleicht auch der Tatsache geschuldet, dass dem Finanzausschuss viermal so viele Männer wie Frauen angehören ...