Herne. Migration - das ist ein Triggerwort in der aktuell aufgeheizten politischen Debatte. Eine Ausstellung offenbart, wie lange es Migration gibt.

Migration ist seit einigen Jahren einer der großen Reizbegriffe in der gesellschaftlichen und politischen Debatte, spätestens seit der sogenannten Flüchtlingskrise 2015. Eine Sonderausstellung im Schloss Strünkede offenbart nun, wie lange es Wanderbewegungen in der Menschheitsgeschichte schon gibt. Und an einer Stelle hält sie den Besucherinnen und Besuchern sprichwörtlich den Spiegel vor. Titel der Ausstellung, die ab Freitag, 19. Juli, geöffnet sein wird: „2 Millionen Jahre Migration“.

Die Ausstellung, die 2017 im Neanderthal Museum entwickelt wurde und die seitdem durch Deutschland tourt, wirft einen Blick auf die frühe Menschheitsgeschichte und spürt den Gründen nach, warum schon damals Menschen wanderten: die Suche nach Nahrung, aber auch schlicht Neugier gehören zu den Gründen. „Es ist schon interessant, wo der Mensch herkommt und wie er sich im Laufe der langen Geschichte verändert hat“, so Melanie Wunsch, Kuratorin des Emschertal-Museums.

Bei der Frage, wo der Mensch herkommt, hält die Ausstellung den Besucherinnen und Besuchern im wahrsten Sinne des Wortes den Spiegel vor - denn vor so einen mannshohen Spiegel kann man sich stellen und eine kleine Papierbrille aufsetzen, die beschriftet ist. Erst im Spiegel wird sie richtig lesbar: Wir sind alle Afrikaner. Das mag für manche Zeitgenossen eine unangenehme Erkenntnis sein. Doch davon gibt es in der Ausstellung noch mehr...

Die Ausstellung hält den Besuchern den Spiegel vor. Denn im Spiegel kann man den Satz auf den Papierbrillen lesen: Wir sind alle Afrikaner.
Die Ausstellung hält den Besuchern den Spiegel vor. Denn im Spiegel kann man den Satz auf den Papierbrillen lesen: Wir sind alle Afrikaner. © FUNKE Foto Services | Sebastian Sternemann

„Früher waren wir alle dunkelhäutig“

...denn „wir haben alle zu einem gewissen Grad einen Migrationshintergrund, wir kommen genetisch alle aus Afrika“, betont Dustin Welper, Anthropologe am Neanderthal Museum. Und in Deutschland gebe es - genetisch - eine Mischung aus mesolithischen Jägern und Sammlern, anatolischen Bauern und bronzezeitlichen Steppenvölkern. All diese Bestandteile seien nach wie vor in der DNA zu finden. Welper erzählt, dass er selbst einen DNA-Test habe machen lassen, das Ergebnis: Es stecken noch 3,4 Prozent Zentralasien in seiner DNA. Es gebe also kein Schwarz und kein Weiß. Auch wenn es heute verschiedene Hauttypen gebe: „Früher waren wir alle dunkelhäutig“, so Welper. „Das, was wir als hell ansehen, ist eigentlich nur eine Anpassung an Mitteleuropa.“ Eine Fotowand der Künstlerin Angélica Dass verdeutlicht diese Erkenntnis.

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Und: Die Wanderungsbewegungen schufen immer wieder Begegnungen mit anderen Menschen, sie vermischten sich und tauschten ihre Kulturen aus: Wer also über Multikulti schwadroniert - die multikulturelle Gesellschaft ist tausende von Jahren alt.

Ausstellung eignet sich für die ganze Familie

Blendet man die gesellschaftliche Dimension der Ausstellung aus, dann können Besucherinnen und Besucher an insgesamt vier Stationen in die Menschheitsgeschichte eintauchen. Dazu gibt es allerhand Exponate unter anderem Schädel, Werkzeuge, Waffen, Schädelfragmente und Keramikgefäße. Einige sind Originale, andere Nachbildungen. Für manche Dinge müssen Besucher Schubladen oder Kisten öffnen - oder Koffer, das traditionelle Migrationshandgepäck. So wird ein ganz klein wenig der Entdeckergeist geweckt, sodass sich die Ausstellung auch für Familien eignet.

>>> Museumsfest am 1. September

Die Ausstellung ist bis zum 29. September zu sehen, Öffnungszeiten: dienstags bis freitags, 10 bis 13 und 14 bis 17 Uhr; samstags, 14 bis 17 Uhr, sonntags und feiertags, 11 bis 17 Uhr. Zum Museumsfest am 1. September sind Eintritt und alle Angebote kostenlos. Am Sonntag, 1. September, findet von 14 bis 17 Uhr das Museumsfest im Schloss Strünkede statt. Neben Führungen und Kreativangeboten gibt es ein Straßentheater mit Koffern.