Herne. Das Herner Frauenhaus schlägt Alarm: Es gibt zu wenige Wohnungen für die Frauen aus dem Frauenhaus. Täglich müssen Frauen abgewiesen werden.

Wenn Frauen in ihrer Beziehung Opfer von physischer oder psychischer Gewalt werden, ist häufig das Frauenhaus der letzte Ausweg. Doch was, wenn es keinen Platz mehr im Frauenhaus gibt und sie abgewiesen werden müssen? Immer wieder passiert genau das im Herner Frauenhaus. „Es ist jedes Mal sehr hart für uns, Frauen abweisen zu müssen“, sagt Mitarbeiterin Olga Kornev. Aber häufig gebe es keine andere Lösung. Denn es gibt gleich mehrere große Probleme.

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Das erste: Es gebe zu wenige freie Wohnungen in Herne. „Und die Wohnungen, die frei sind, werden nur ungern an unsere Frauen vermietet“, sagt Mitarbeiterin Svenja Caliskan-Kröger. Oft hätten die Frauen ein oder mehrere Kinder, sprächen kein gutes Deutsch und lebten vom Jobcenter. Das sei für viele Vermieterinnen und Vermieter abschreckend. Manche Frauen hätten bereits bis zu einem Jahr im Frauenhaus gelebt, weil keine passende Wohnung gefunden worden sei. Und das heißt: Es gibt keinen Platz für neue Frauen, die so dringend Schutz vor ihrem gewalttätigen Mann suchen. Häufig komme auf eine Anfrage für eine Wohnungsbesichtigung noch nicht einmal eine Rückmeldung. „Das ist vor allem für die Frauen sehr bitter.“ Schließlich sehnten sie sich nach einem Leben in ihren eigenen vier Wänden.

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Das Frauenhaus arbeite zwar mit der Herner Gesellschaft für Wohnungsbau (HGW) zusammen – aber das reiche nicht. Auch andere Wohnungsgesellschaften und vor allem auch private Vermieterinnen und Vermieter müssten miteinsteigen. „Wir übernehmen selbstverständlich auch die Nachbetreuung und kümmern uns auch nach dem Auszug aus dem Frauenhaus um die Frauen.“

Svenja Caliskan-Kröger und Olga Kornev vom Frauenhaus machen auf die angespannte Situation in Herne aufmerksam.
Svenja Caliskan-Kröger und Olga Kornev vom Frauenhaus machen auf die angespannte Situation in Herne aufmerksam. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

Frauen müssen Platz im Frauenhaus selbst bezahlen

Ein weiteres Problem: Frauen, die keine Leistungen beziehen, müssen den Aufenthalt im Frauenhaus selbst bezahlen. 20 bis 80 Euro seien das pro Tag – das variiere von Frauenhaus zu Frauenhaus. Viele Frauen könnten sich das nicht leisten und müssten deswegen auf den Platz im Frauenhaus verzichten. Hinzu komme, dass es zwar manchmal noch ein freies Bett für die Frau, aber nicht für ihre Kinder gebe.

Auf der Website der Landesarbeitsgemeinschaft Autonomer Frauenhäuser in NRW (LAG) gibt es eine Karte, die auf den ersten Blick zeigt, in welchem Frauenhaus noch ein Platz frei ist. Wenn Betten frei sind, wird dieses Haus grün angezeigt, wenn nicht, rot. „Eigentlich ist jeden Tag alles rot.“ Und trotzdem riefen viele Frauen in ihren ausweglosen Situationen in der Unterkunft an und versuchten ihr Glück - oft vergeblich. Selbst bei roter Karte müsse das Haus drei bis vier Mal in der Woche Frauen abweisen. Wenn die Karte grün zeigt, stehe das Telefon den gesamten Tag nicht mehr still, so Kornev.

Nur wenige grüne Punkte sind auf der Karte zu sehen. Das heißt: Fast alle Frauenhäuser sind voll.
Nur wenige grüne Punkte sind auf der Karte zu sehen. Das heißt: Fast alle Frauenhäuser sind voll. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

Neunmonatige Kampagne soll auf das Problem aufmerksam machen

Um auf die prekäre Situation aufmerksam zu machen, hat die LAG nun eine neunmonatige Kampagne rund um die Zugänglichkeiten von Frauenhausplätzen gestartet, an der sich auch das Herner Frauenhaus beteiligt. Die Frauenhäuser fordern, Platzmangel, Zutrittshürden und Barrieren in Frauenhäusern endlich abzuschaffen. „Solange Gewalt gegen Frauen stattfindet, braucht es in Deutschland Frauenhäuser. Diese müssen auf einem soliden Fundament stehen und benötigen Planungssicherheit, um den gewaltbetroffenen Frauen und Kindern bestmöglich zu helfen“, so die LAG. Und: „Die Finanzierungssituation und bürokratische Hürden erschweren diese rettende Grundlage.“

Die Kampagne startet am 8. März, dem internationalen Frauentag, und läuft bis zum internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am 25. November unter dem Leitspruch „Rauf die Plätze, fertig, los!“. Weitere Infos gibt es unter www.raufdieplaetze.de.