Düsseldorf. Warum braucht es eigentlich noch den Weltfrauentag? Vier Managerinnen erzählen von Sexismus, Stimmtrainings und ungleichen Voraussetzungen.

Frauen in Führungspositionen sind in Deutschland immer noch in der Unterzahl. Im Gespräch mit unserer Zeitung sprechen vier Managerinnen über Hürden, die weibliche „Head ofs“, CEOs und Vollzeit arbeitende Mütter erleben. Aber auch darüber, was sich in den vergangenen Jahren gebessert hat.

Katja Sander, Verkaufsleiterin für Metalle bei der DB Cargo:

Frau Sander, rund 73 Prozent der Führungskräfte bei der Deutschen Bahn sind männlich. Stört Sie die Unterzahl an Frauen?

Sie haben recht, es ist eine sehr männerdominierte Branche, aber ich bewege mich schon so lange darin, dass es mir gar nicht mehr so richtig auffällt. In den vergangenen Jahren hat sich einiges gewandelt. Ich denke, dass man durch Kompetenz und gute kreative Ideen heute geschlechtsunabhängig geschätzt wird.

Sie sind 52 Jahre alt. Als Sie angefangen haben in der Businesswelt mitzumischen, war das Geschlechterrollenverständnis noch traditioneller. Hatten Sie es schwerer, sich hochzuarbeiten, als manche Ihrer männlichen Kollegen?

(schmunzelt) Es gibt schon ein paar lustige Anekdoten aus der Vergangenheit. Ich wurde zum Beispiel öfters für die Assistentin gehalten und als ich mal einen kleinen Rollkoffer bei einem Kundentermin dabei hatte, wurde ich gefragt, ob ich meine Dessous mitbringen würde. Da musste ich drüberstehen. Intern hatte ich aber nie das Gefühl, dass ich etwas nicht bekommen oder nicht erreichen kann, weil ich eine Frau bin.

Warum sollten mehr Frauen den Mut haben, sich auf Führungspositionen zu bewerben?

Diversität auf Führungsebene ist wichtig für Kreativität und Innovation in einem Unternehmen. Man darf Frauen aber auch nicht dazu drängen. Schließlich gibt es in Deutschland immer noch das Problem, dass nicht ausreichend Kinderbetreuungen zur Verfügung stehen. Ich bin selbst alleinerziehend und arbeite Vollzeit. Das beansprucht viel Organisation und Flexibilität.

Liz Fendt, Marketing-Chefin bei TÜV SÜD:

Liz Fendt, Global Chief Marketing Officer bei TÜV SÜD.
Liz Fendt, Global Chief Marketing Officer bei TÜV SÜD. © TÜV SÜD

Frau Fendt, Sie arbeiten in einer männerdominierten Branche. Werden Sie als Frau manchmal unterschätzt oder nicht ernst genommen?

Ich bin schon sehr lange in den Führungsriegen bei TÜV SÜD und von daher kenne ich das nicht anders. Ich hatte zum Glück immer tolle Chefs, die mich sehr stark gefördert und auf mein Fachkönnen gesetzt haben. In den Budgetgesprächen muss ich schon sehr dominant agieren. Ich habe bei einem Sprachcoach gelernt, eine tiefere Stimmlage einzulegen, damit ich präsenter wirke und ernster genommen werde. Das hat sehr geholfen. Vorher wurde mir oft gesagt, dass ich nicht stark genug wirke.

Würde Sie sich wünschen, mehr Kolleginnen zu haben?

Die Frage stelle ich mir um ehrlich zu sein nicht. Mir ist es eher wichtig, dass mein Team in jeglicher Hinsicht vielfältig ist. Sprich: auch Altersklassen und Nationalitäten sollten bunt gemischt sein.

Welchen Mehrwert hat das für Unternehmen?

Wenn alle Mitarbeitenden gleich sind, hat man wenig innovative Einflüsse. Es ist so interessant, wie viele unterschiedliche Lösungsansätze auf den Tisch kommen, wenn man ein diverses Team hat. Abgesehen davon haben wir jede Menge Spaß zusammen.

Sie haben zwei Kinder, gab es einen Moment in Ihrem Leben, in dem Sie gedacht haben, dass Sie Karriere und Kind nicht unter einen Hut bekommen?

Ich habe zu Beginn meiner Karriere das Glück gehabt, dass ich zum Zeitpunkt der Geburt meiner Kinder in Singapur gelebt habe. Dort ist es völlig normal, dass Frauen sechs Wochen nach der Geburt ihrer Kinder wieder Vollzeit in den Beruf einsteigen, ohne dass sie gleich „Rabenmütter“ genannt werden. Dementsprechend findet man an jeder Ecke Kinderbetreuungen. Da hat sich für mich die Frage, ob ich beides schaffen kann, nicht gestellt.

Katrin Terwiel, Leiterin des Diversitäts- und Inklusions-Management bei der Deutschen Telekom AG:

Frau Terwiel, wozu gibt es das Diversitäts-Management?

Unser Ziel ist es, Chancengleichheit für all unsere Mitarbeitenden weltweit herzustellen – ganz egal, mit welchen demografischen Variablen sie geboren wurden (z.B. Geschlecht, Religion, Geburtsland, soziale Schicht etc.). Um das zu erreichen, schauen wir uns an, wer systemische Hürden auf dem Arbeitsmarkt erlebt und versuchen diese abzubauen. Menschen, die einen „ausländisch“ klingenden Namen haben oder nicht-weiße Hautfarbe, werden z.B. aufgrund unbewusster Vorurteile seltener zu Jobinterviews eingeladen. Bei gleicher Qualifikation. Das ist natürlich sowohl menschlich als auch aus Business Sicht verwerflich und sollte möglichst nicht vorkommen.

Wie kommt ihre Position als Diversitäts-Managerin in einem männerdominierten Unternehmen an?

Katrin Terwiel, Leiterin des Diversitäts- und Inklusions-Management bei der Deutschen Telekom AG.
Katrin Terwiel, Leiterin des Diversitäts- und Inklusions-Management bei der Deutschen Telekom AG. © Deutsche Telekom AG

Hauptsächlich gut. Aber es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass ich dafür nicht manchmal belächelt werde. Der Jobtitel an sich ist für manch einen schon eine Provokation, auch wenn ich noch gar nichts gesagt habe. Einige Menschen – übrigens nicht nur Männer – sehen die Notwendigkeit von Diversitäts-Management nicht. Das sind in der Regel diejenigen, die wenig systemische Hürden erlebt haben oder Angst davor haben, dass ihnen irgendeine Art von Macht genommen wird.

Wie weit sind Unternehmen bei der Schaffung von Chancengleichheit von Männern und Frauen fortgeschritten?

Bei der Telekom arbeiten immer noch deutlich mehr Männer als Frauen, gerade in den technischen Bereichen. Aktuell sind 35,7 Prozent der Gesamtbelegschaft weiblich. Wir haben allerdings mittlerweile den diversesten Dax-Vorstand. Nicht nur in Sachen Geschlecht, sondern auch in Sachen Nationalität und Ethnizität. Dementsprechend hat das Thema bei uns Unterstützung von ganz oben und ist obere Priorität. Wie in anderen Unternehmen auch, liegt trotzdem noch ein langer Weg vor uns, um Diversität und Inklusion auf allen Diversitätsdimensionen zu erreichen. Dies gilt auch für Geschlechtergerechtigkeit in Führung.

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Es wird immer wieder darüber diskutiert, ob die Frauenquote sinnvoll ist. Was halten Sie von solchen Politika?

Für mich ist die Frauenquote eine Erfolgskennzahl. Wenn man davon ausgeht, dass Diversität in einer Firma strategische Relevanz hat, um zum Beispiel Innovation voranzutreiben, Produkte für möglichst viele Menschen passender zu machen oder dem Fachkräftemangel zu begegnen, dann ist das ein Ziel. Und sollte auch so behandelt werden, also gemessen werden. Und ich darf besondere Mühe walten lassen, um diese Ziele zu erreichen. Ich nehme mir also z.B. mehr Zeit, bei der Besetzung von Stellen oder trainiere die Einstellenden zum Thema Vorurteile. Das heißt ja noch lange nicht, dass Frauen Positionen nur wegen ihres Geschlechts erhalten. Es heißt nur, dass sich eine Firma bemüht, die besten Voraussetzungen zu schaffen für die Erreichung des Ziels. Es gibt genug qualifizierte Frauen. Unternehmen müssen sich nur ins Zeug legen für sie interessant zu sein. Wo wir wieder beim Abbauen systemischer Hürden sind. Schaffe ich das als Arbeitgeber, bin ich attraktiver auf dem Markt.

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Wenn die Erfüllung der Frauenquote ein Ziel ist, ist es dann für Frauen einfacher, in ein Unternehmen zu kommen als für Männer?

Ich denke schon, dass gute und sichtbare Mitarbeiterinnen aufgrund der Frauenquote heute sehr gefragt sind. Dennoch verkaufen sich viele immer noch unter Wert – deutlich häufiger als Männer. Zudem begegnen sie weiterhin Vorurteilen oder Sexismus und müssen in einem Arbeitssystem operieren, das für Männer gebaut ist. Allein aus diesen Gründen ist der Karriereweg im Durchschnitt steiniger. Und wenn man die gesetzliche Frauenquote von 30 Prozent mal umdreht, haben Firmen das Ziel bis 2023 70 Prozent Männer in Führungspositionen zu haben. Weiterhin haben Männer also überdimensional große Chancen auf Führung.

Aisha Washington, Zuständige für Luxusmarken bei L’Oréal in Düsseldorf:

Aisha Washington, Business Development Director bei L`Oreal Luxe.
Aisha Washington, Business Development Director bei L`Oreal Luxe. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Aisha, inwiefern setzt du dich für das Thema Diversität ein?

Ich habe zwei Kinder und arbeite Vollzeit, damit gehöre ich zu einer Minderheit in Deutschland. Als ich Mutter geworden bin habe ich festgestellt, dass unser System für Vollzeit arbeitende Mütter nicht sehr freundlich ist. So habe ich den Podcast „The Leading Mums“ gegründet. Er soll Eltern helfen, die sich fragen, wie man Familie und Vollzeitkarriere gleichberechtigt unter einen Hut bekommen kann.

Stellen sich die Frage, ob man sowohl Karriere als auch Kinder haben kann, auch Männer?

Männer stellen sich die Frage eher auf eine andere Art und Weise. Vor ihnen besteht meist die Erwartungshaltung, die Ernährer sein zu müssen. Dabei wünschen sich viele Väter auch bei der Kinderbetreuung involvierter zu sein. Häufig werden sie aber noch mit dem Stigma konfrontiert, dass sie als Mann keine Elternzeit nehmen können.

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