Heiligenhaus. Auch 2022 muss er städtische Neujahrsempfang in Heiligenhaus ausfallen. Das WAZ-Interview mit Bürgermeister Michael Beck zu Jahresbeginn.
Es ist ein besonderes Jahr für die Stadt Heiligenhaus, eins mit gleich zwei Jubiläen: 125 Jahre Selbstständigkeit und 75 Jahre Stadtrechte sollten bei einem Festakt am 1. April gefeiert werden. Doch die Pandemie macht diesem und auch dem traditionellen Neujahrsempfang am letzten Freitag im Januar einen Strich durch die Rechnung. WAZ-Redakteurin Katrin Schmidt sprach mit Bürgermeister Michael Beck über die Herausforderungen dieser Zeit und die anstehenden Projekte in diesem Jahr.
Herr Beck, kann man das Jahr 2022 als das Jahr des Aufbruchs für Heiligenhaus bezeichnen?
Ja, denn Corona war und ist für alle eine besondere Herausforderung. In der öffentlichen Wahrnehmung gab es kaum andere Themen, alle waren mit anderen Dingen beschäftigt. Deswegen wurde vielleicht auch nicht registriert, wie viele Projekte trotz allem bereits laufen: Wir haben zwei Grundschulen mit Mensen erweitert, weitere Anbauten oder gar Neubauten an Grundschulen und Kitas folgen. Wir haben Förderprojekte wie die Sportstätten samt Niedrigseilgarten genehmigt bekommen, weitere Förderanträge im Rahmen der integrierten Stadtentwicklungskonzepte, die sogenannten Iseks, laufen, die unter anderem einen großen Bürgersaal in der ehemaligen Suitbertusschule oder die Gestaltung des Place de Meaux vor dem alten Pastorat vorsehen.
Welche Projekte stehen denn noch an?
Viel passieren wird an der Linderfeldstraße; die Baugenehmigung liegt vor, die Awo wird hier bald ihr Großprojekt angehen, welches Wohnungen, Kita, neuen Seniorentreff und vieles mehr vorsieht. Wir haben im letzten Jahr die letzte Kiekert-Fläche gekauft, die wir aufgefüllt haben, zunächst um Parkmöglichkeiten als Ersatz für die Linderfeldstraße zu erhalten. Die Bunkerverfüllung wird im Frühling abgeschlossen sein, die Flächen rund um die Mozartstraße, für die sich bereits mehrere Investoren für Wohnungsbau interessieren, können dann endlich in die Vermarktung gehen.
Wie sieht es denn mit weiteren Gewerbeflächen aus?
Auch da freuen wir uns über positive Entwicklungen, wie an der Velberter Straße 49, das Grundstück vor Würth ist verkauft worden. Wir freuen uns, dass der Zoll an die Talburgstraße auf das ehemalige THW-Gelände zieht, es wird weitere Ansiedlungen im Innovationspark geben und wir haben auch eine schöne Lösung gefunden, was den Erhalt des ehemaligen Grünen Jägers angeht; das wird dann der Rat im März thematisieren. Wichtig ist hier aber auch, dass es mit dem Bau der A 44 zügig weitergeht.
Stadtentwicklung heißt heutzutage aber ja auch Investition in die Infrastruktur.
Da konnten wir im letzten Jahr was das Thema Breitbandausbau angeht mit der Telekom und Muenet weite Teile von Heiligenhaus anschließen. Auch die Abtsküche soll in diesem Jahr folgen. Es ist einfach generell irre viel los, auch wenn man denkt, dass in der Pandemie alles still stand. Dem war nicht so. 2019 hatte ich in meiner Neujahrsansprache das Jahr der Kräne ausgerufen, mit Blick auf die Zukunft können wir mit etwas Glück fast von einem Jahrzehnt der Kräne in Heiligenhaus sprechen – und 2019 war hierzu bestenfalls nur der Auftakt.
Einige Projekte, die die Stadt in den letzten Jahren angekündigt hatte, platzten. Wird man da vorsichtiger, bis es wirklich umgesetzt wird?
Man wird vorsichtiger und man geht dazu über, einige Projekte als Stadt selber in die Hand zu nehmen. Wenn man selber die Hoheit darüber hat, kann man schauen, wo das große Ganze hingehen soll und überlässt die Entwicklung an strategisch wichtigen Schlüsselstellen nicht nur dem Markt, denn sonst ist die einzige Einflussmöglichkeit, die man hat, der Bebauungsplan. So können wir zum Beispiel auf dem Kiekert-Areal mit der Politik überlegen, was hier künftig möglich sein wird, das Isek wird da auch noch Möglichkeiten aufzeigen.
Die Politik ist sich ja beim Thema Stadtentwicklung auch nicht immer einig. Einigen geht es zu langsam, wie Flächen entwickelt werden, andere wollen lieber abwarten.
Hier hilft dann vor allem miteinander reden. Und abwägen, was für die Entwicklung einer Stadt eben am sinnvollsten ist. Aber meistens gelingt es uns zwischenzeitlich, gemeinsam eine Lösung zu finden, die auf einem breiten Konsens beruht.
Wie sieht es denn finanziell derzeit für die Stadt aus – abgesehen von den Coronaschäden?
Für die Coronaschäden haben wir ja zum Glück die Möglichkeit, diese isolieren zu können. Das ist zwar eine rein haushälterische Isolierung, aber hält uns den Rücken frei bei der Gestaltung. Ich freue mich zudem, dass sich unsere Unternehmen im Vergleich stabil zeigen, was uns am Ende eine schwarze Null im Haushalt beschert. Natürlich profitieren alle auch von der Niedrigzinsphase, das gibt ein stückweit Planungssicherheit.
Mit Blick auf das Jahr 2022: Was sind die Herausforderungen?
Wir haben die Weichen für Projekte gestellt, vieles entwickelt sich und wenn wir dabei die sprichwörtliche Bodenhaftung behalten, gibt noch viele Flächen und Themen, die wir gemeinsam angehen können. Wir müssen aber auch weiter investieren in das, was wir bereits haben und dürfen dabei zum Beispiel auch weiterhin die Vereine nicht aus dem Blick geraten lassen, die ebenfalls in der Pandemie gelitten haben. Denen unter die Arme zu greifen, um die ehrenamtliche Vorstandsarbeit, die viel Verantwortung und Einsatz erfordert, zu unterstützen, ist erklärtes Ziel.
Das Ehrenamt in Heiligenhaus ist beispiellos und ebenso sehr stabil hier, wie auch das Stadtmarketing, was und viele Möglichkeiten beschert. Das muss auch unbedingt so bleiben: Wichtig ist mir aber auch, dass wir trotz der Pandemie das Jubiläumsjahr nicht unter den Tisch fallen lassen. Der geplante Festakt wird zwar nicht stattfinden können, aber für den Sommer werden wir uns sicher was einfallen lassen, um gemeinsam ein schönes Fest zu feiern.