Hattingen. Die Kirche Heilig Geist in Winz-Baak ist Geschichte. Der Abschied ist für viele hochemotional, andere freuen sich auf das, was jetzt kommen soll.
Die letzte Messe ist gelesen, der Schlusspunkt gesetzt: Die katholische Kirche im Hattinger Ortsteil Winz-Baak wurde jetzt im Rahmen eines sehr emotionalen Gottesdienstes profanisiert. Das katholische Heilig Geist ist nicht länger die Heimat der Gemeindemitglieder.
„Volles Haus!“ - konnte Pastor Andreas Lamm melden. Er zelebrierte gemeinsam mit dem „Hohen Besuch“ aus Essen, Weihbischof Franz Josef Overbeck, die letzte Messe. Dass der Umzug auch Chancen birgt, wie es auch in der Predigt thematisiert wurde, mag so sein. Dass er aber im Rahmen der Abschiedsveranstaltung Anlass zur Euphorie geboten hätte, ließ sich bei den zahlreich herbei strömenden Gemeindemitgliedern nicht feststellen. Hoch emotional ging es in der letzten Messe zu.
„Ich bin sehr traurig, dass das hier heute zu Ende geht.““
Eher still, versonnen, in sich gekehrt waren die meisten. Viele wurden vor dem expressiven Kirchenportal von Pastoralreferent Benedikt Pötsch begrüßt. „Ich kann die Traurigkeit vieler hier verstehen. Es gibt Gemeindemitglieder, die haben sogar den Bau der Kirche in den frühen 70er Jahren erlebt. Viele sind hier getauft worden, haben hier geheiratet oder ihre Kinder wurden hier getauft“, formuliert Pötsch sein Mitgefühl.
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Claudia Grames gehört zu diesen Menschen, die in den zurückliegenden gut 50 Jahren eng mit der Kirche und dem Gemeindeleben verbunden sind: „Ich bin sehr traurig, dass das hier heute zu Ende geht. Ich habe sogar mal acht Jahre lang für die Kirchengemeinde im Kindergarten gearbeitet“, wirkt sie still und traurig. „Mal abwarten, wie sich das jetzt weiterentwickelt. So ganz fremd ist man sich ja nicht. Es hat ja immer schon einen guten Kontakt zur evangelischen Gemeinde gegeben, wir haben ja auch zusammen ein Gemeindefest gefeiert“, mag sie aber im Moment des Abschieds so recht noch nicht in die Zukunft schauen.
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Auch Peter Chitralla ist sehr, sehr traurig. „Wir wohnen hier seit 30 Jahren in der direkten Nachbarschaft der Kirche. Mit den Menschen der Gemeinde verbindet uns ein sehr netter Kontakt. Ja, die Schließung der Kirche war in den vergangen 20 Jahren immer wieder Thema, aber wir werden lange brauchen, uns an die Veränderung zu gewöhnen. Das wird natürlich möglich sein, aber es wird doch lange dauern.“
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Weil in der Kirche Heilig Geist auch in der Vergangenheit zur Vorbereitung auf den Umzug evangelische und ökumenische Gottesdienste stattgefunden haben, waren auch viele evangelische Gemeindeglieder zur letzten Messe gekommen. Zu ihnen gehörte auch Daniela Sührer, die den Umzug der katholischen Gemeinde unter das Dach der evangelischen Kirche sogar als Chance für die eigene Kirche empfindet: „Wenn in unserer Kirche jetzt wieder mehr los ist – auch bei uns gibt es ja die Tendenz, dass weniger Menschen in die Kirche kommen – bleibt unsere Kirche vielleicht langfristig erhalten. Außerdem gibt es ja schon seit langem eine gute Zusammenarbeit beider Kirchen“, ist für sie der Einzug der Katholiken kein Problem.
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Auch Nikos Siebert freut sich regelrecht darauf, dass man näher zusammenrückt: „Wir kennen uns ja schon von gemeinsamen Gottesdiensten und dem gemeinsamen Gemeindefest. Ich finde gut, dass die Gemeinde zu uns in unsere Kirche kommt“, ist für den jungen evangelischen Christen die Zusammenlegung gar kein Problem.
Nicht alle Besucher der Messe hatten einen Sitzplatz bekommen, manche fieberten dem Besuch des Weihbischofs Franz Josef Overbeck sichtlich entgegen. Der begrüßte die Kirchgänger schon bei seiner Ankunft vor der Kirche herzlich, erkundigte sich nach Befindlichkeiten und tröstete angesichts des ein oder anderen Gebrechens.
Markus Fassbender formulierte in seinen Erinnerungen an den Bau der Kirche, in der er als Messdiener aktiv war, und an den nicht immer einfachen Prozess der jahrzehntelangen Gemeindereformen Wehmut und Hoffnung auf etwas neues Gutes gleichermaßen. Damit sich die Gemeindemitglieder von Heilig Geist auch in ihrem neuen geistlichen Zuhause wohlfühlen können, sei bereits ein Tabernakel dort eingezogen, und auch die Marienstatue habe bereits einen Platz gefunden, erfuhren die Besucher der letzten Messe in Heilig Geist.