Hattingen. Skurril ist es, was Frank Seidel passiert ist. Beinahe wäre dem Ehrenamtlichen aus Hattingen ein Hilfstransport zum Verhängnis geworden.
70 Mal schon ist Frank Seidel vom Stüterhof in Hattingen inzwischen mit Ukraine-Hilfsgütern in die Ukraine gefahren. Was er jetzt bei der Rückfahrt erlebt hat, lässt ihn nur mit dem Kopf schütteln. Eine skurrile Geschichte.
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Zwei Krankenhäuser und eine Apotheke hatten Medikamente gespendet, die Frank Seidel in die Nähe von Odessa gebracht hat. „Sie werden dort in einem Feldlazarett gebraucht für verletzte Soldaten und auch für verletzte Zivilisten.“ Die Medikamente lagerten während des Transports in einem Kühlschrank in seinem Wagen.
Ehrenamtlicher Ukraine-Helfer aus Hattingen landet vor Gericht
Beim Ausladen geht gemeinhin immer alles sehr schnell. Sechs kleine Ampullen mit einem Betäubungsmittel rutschten dieses Mal dabei in eine Ecke, blieben unbemerkt. Kurz vor der Grenze auf der Rückreise entdeckte Seidel sie bei einer Essenspause. „Ich habe überlegt, ob ich sie wegschmeiße, dann habe ich gedacht, ich nehme sie mit zurück und wieder mit auf dem nächsten Transport, weil sie doch wirklich gebraucht werden.“
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Über Passau wollte er zurück. Bei Regensburg aber „bin ich vom Zoll rausgezogen worden. Die Beamten haben mich nach Waffen gefragt und ob ich etwas zu verzollen hätte. Ich habe dann gleich von den winzigen Ampullen berichtet.“ Und er habe auch erklärt, warum sie im Wagen seien.
Frank Seidel: „Strafbefehl bekommen“
„Ich habe auch meinen Reisepass mit den ganzen Stempeln gezeigt und das Schreiben, dass ich zu einer Förderation gehöre, die sich um Hilfsgüter kümmert.“ Doch das alles habe nichts bewirkt. „Man hat mir gesagt, dass ein Strafbefehl geschrieben werde.“ Knapp drei Wochen später bekam Seidel dann auch tatsächlich Post, legte aber Widerspruch ein. „Ich habe alles beigelegt, alle Berichte über meine Arbeit, die Dankesschreiben des Ministeriums in der Ukraine.“ Umsonst: Seidel wurde einbestellt, vor Gericht zu erscheinen. In Regensburg.
Spenden und Information
Wer die Hilfstransporte in die Ukraine unterstützen möchte, kann spenden. Kontakt: An der Egge 85, 0171 11 33 501, E-Mail: kontakt@stueterhof.de.
Wer Geld spenden möchte: Das Spendenkonto lautet R.V. Infinitus e.V., Konto DE52 4525 0035 0014 0411 31 (BIC: WELADED1WTN), Verwendungszweck Ukraine.
Informationen hält Frank Seidel bereit auf Instagram unter dem Namen „seidel1893“ oder auf Tiktok unter „frankseidel760“.
„Also bin ich 600 Kilometer hingefahren“, berichtet Frank Seidel. Von Drogeneinfuhr habe der Staatsanwalt gesprochen. „Wahnsinn“, findet Seidel, „er hat zweieinhalb Minuten die Anklage vorgelesen“. Der Richter habe dann gefragt, ob Seidel auch etwas sagen wolle. Er wollte, schilderte die Situation aus seiner Sicht, zeigte seine Unterlagen. Die Folge: „Der Richter hat das Verfahren eingestellt, ist zu mir gekommen und hat sich für meinen Einsatz bedankt.“
Ex-Soldat will weiter Hilfstransporte fahren
Seidel habe dann zwei Möglichkeiten gehabt: „Der Richter sagte mir, ich könne die beschlagnahmten Ampullen zurückfordern, das würde dann aber dauern - oder sie würden für die Ukraine gespendet. Das habe ich dann gemacht.“ Von der Zahlung von 3500 Euro Strafe sei nicht mehr die Rede gewesen. „Und dann bin ich wieder acht Stunden nach Hause gefahren“, zieht Seidel Bilanz.
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Derzeit sitzt er schon wieder auf heißen Kohlen, um eine noch längere Strecke zurückzulegen. Es soll wieder in die Ukraine gehen, sein wochenlang defekter Wagen ist jetzt wieder einsatzbereit. Allerdings stellt Seidel fest: „Die Spendenbereitschaft ist enorm zurückgegangen. Alles wird teurer, das verunsichert die Menschen, manche haben auch Kriegsangst und horten lieber Dinge.“
Spendenbereitschaft geht zurück
Einige Spender seien treu: Kliniken, eine Apotheke, Aktive in Winz-Baak, einen Privatmann, der Geld gibt für die Fahrten, und ein Paar von der Caritas, das eifrig sammelt. „Ich bringe auch Decken, Futter und anderes für Hunde und Katzen in zwei Tierheime in Grenznähe, dafür kommen teils noch Sachspenden zusammen.“
Warum er weitermacht? „Ich kämpfe nicht mehr, aber ich habe meinen Kollegen versprochen, dass ich sie unterstütze“, sagt der Ex-Berufssoldat. Und dieses Versprechen hält er.