Hattingen. Die Kirche kann ihre Kita-Kosten nicht mehr zahlen. Um die Plätze zu sichern, müssen Städte einspringen. Hattingen hat noch keine Vereinbarung.
Die Träger der Kitas ächzen unter dem engen Finanz-Korsett, das ihnen das Land aufzwingt. Jetzt zieht der Evangelische Kirchenkreis Hattingen-Witten deutliche Konsequenzen und reduziert seine Geld-Mittel für Kitas drastisch. Damit die Kitaplätze erhalten bleiben, müssen nun die Städte helfen.
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„Die Kommunen und Kirchen werden als Träger gemeinsam vom Kibiz (Kinderbildungsgesetz) stranguliert“, bringt Pfarrerin Heike Bundt, Vorsitzende des Leitungsausschusses im evangelischen Kindergartenverbund auf den Punkt, mit welchen gewaltigen Problemen Städte und Kita-Träger in Nordrhein-Westfalen zu kämpfen haben. „In der aktuellen Finanzlage wird klar, dass es dem Kirchenkreis in Zukunft nicht mehr möglich ist, dieselben hohen Summen wie bisher für die Kitas zu zahlen“, heißt es in der Pressemitteilung zur Herbstsynode.
„Ohne Defizitausgleiche müsste der Evangelische Kirchenkreis Hattingen-Witten rund 1,7 Millionen Euro für Trägeranteile aufwenden.““
Die Probleme sind seit langem bekannt: Die Finanzierung des Landes durch das Kibiz ist sehr niedrig angesetzt. „Noch dazu fließt das Geld aus Düsseldorf nur mit langer Verzögerung“, betont der Kirchenkreis.
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Kita-Träger wie die evangelische Kirche müssen in NRW für 10,3 Prozent der Kosten für den Kita-Betrieb selbst aufkommen. „Ohne Defizitausgleiche müsste der Evangelische Kirchenkreis Hattingen-Witten rund 1,7 Millionen Euro für Trägeranteile aufwenden. Aufgrund von bestehenden Vereinbarungen reduzieren sich die Kosten auf rund 1,2 Millionen Euro insgesamt“, erklärt Angelika Arend, Kaufmännische Geschäftsführerin im Evangelischen Kindergartenverbund Hattingen-Witten.
Jetzt wird drastisch reduziert: Konkret heißt das, dass der Kirchenkreis den Träger-Betrag, der für Kitas ausgegeben wird, auf zukünftig 400.000 Euro im Jahr deckelt.
Wie Kitas finanziert werden
Die Kommunen sind für die Finanzierung der Kindertageseinrichtungen zuständig und bekommen dafür Zuweisungen aus Steuereinnahmen vom Land. Das Land trägt dabei nicht die tatsächlichen Kosten, sondern zahlt Pauschalen pro angemeldetem Kind. Dabei spielen das Alter (U3 oder Ü3) und die gebuchte Stundenzahl eine Rolle. Die Kita-Beiträge, die Eltern zahlen müssen, legen die Städte selbst fest. Deshalb gibt es große Unterschiede.
Kita-Träger wie die evangelische Kirche müssen in NRW für 10,3 Prozent der Kosten selbst aufkommen und verringern damit die Last, die die Städte bei der Finanzierung der Kindergärten zu tragen haben. Freie Träger müssen als sogenannten Trägeranteil 7,8 Prozent der Kosten für den Kita-Betrieb selbst zahlen.
Der Evangelische Kirchenkreis Hattingen-Witten betreibt 20 Kitas. In Hattingen sind sieben Kitas in evangelischer Trägerschaft.
Die Lage ist ernst und der Kirchenkreis fordert Hilfe von den Kommunen. „Wo Lösungen mit den Kommunen gefunden werden, wird sich die Deckelung nicht auf den täglichen Betrieb der Kitas auswirken“, führt Arend aus. Vereinbarungen gibt es seit Beginn des Kita-Jahres mit den Städten Witten, Wetter und Sprockhövel. Sie übernehmen die Trägeranteile, die über den Anteil der Kirchensteuern hinausgehen, die anteilig für diese Stadt zur Verfügung stehen. „Aufgrund der Vereinbarungen mit den Städten kann der Betrieb in allen evangelischen Kindergärten fortgeführt werden.“
In Hattingen wird seit Monaten um eine solche Vereinbarung gerungen. Bisher gibt es sie nicht.
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Aber: „Wir haben als Stadt Hattingen großes Interesse an einer gemeinsamen Lösung, mit der der Betrieb der Kitas gesichert werden kann und die erforderlichen Betreuungsplätze erhalten bleiben“, erklärt Stadtsprecherin Susanne Wegemann. „Es werden keine Kindergärten geschlossen“, betont auch Arend. Noch befindet sich die Stadt aber in Verhandlungen mit dem Kirchenkreis.
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Im Doppelhaushalt 2024/2025 sind in Hattingen keine Mittel für eine weiterführende Finanzierung der Kita-Plätze eingeplant. Doch obwohl die finanzielle Lage „extrem schwierig ist, zeichnet sich eine Lösung mit zukünftiger finanzieller Beteiligung der Stadt ab“, stellt die Stadtsprecherin in Aussicht. Im Detail steht die noch nicht fest.
Grundsätzlich muss die Kommune im Rahmen des Rechtsanspruches Kita-Plätze bereitstellen. Sollten also Plätze durch die Aufgabe von Einrichtungen durch einen Träger wegfallen, muss die Stadt für Ersatz sorgen.