Hattingen. Der Kita-Notstand wird immer akuter. Notbetreuung ist ein Dauerthema. So kann es nicht weitergehen. Sabine Weidemann kommentiert, was nötig wäre.
Es ist nicht fünf vor zwölf, es ist fünf nach zwölf! Das mahnen Kita-Träger seit mehr als einem Jahr. Und mehr und mehr kommt die Misere auch bei den Eltern an - und bei den Kindern. Notbetreuung ist vielerorts nicht mehr die Ausnahme, sondern ein ständiger Begleiter. Deshalb ist es Zeit, zu streiken!
>>> Hier gibt es mehr Nachrichten aus Hattingen und Sprockhövel
Wie kann ich meinem Kind erklären, warum die Freundin in die Notbetreuung darf, andere aber nicht? Wie soll man dem Arbeitgeber erklären, dass die Betreuung für das Kind wieder ausfällt? Wie lange können Eltern die langen Tage durchhalten, an denen sie „vor dem Aufstehen“ und „nach dem Schlafen“ arbeiten, um tagsüber fürs Kind da zu sein?
+++ Kennen Sie unseren Familien-Newsletter? Hier anmelden – und Freizeit-Tipps und vieles mehr erhalten +++
Urlaub und erst recht Krankheit der Erzieher sind im aktuellen Kita-System nicht eingepreist. Fällt jemand aus, klappt alles wie ein Kartenhaus zusammen. Diejenigen, die noch da sind, gehen am Stock. Kita-Leitungen können seit Monaten ihren eigentlichen Leitungsaufgaben kaum nachkommen, weil sie permanent Lücken stopfen müssen, um den Betrieb der Kitas irgendwie aufrechtzuerhalten. Dabei geben die Kitas ihr Bestes, Eltern so weit es geht zu entlasten.
Auch interessant
Was auf der Strecke bleibt: Förderung der Kinder, die über Betreuung hinausgeht; Verlässlichkeit für Kinder und Eltern; gute Arbeitsbedingungen für Erzieher.
+++ Sie wollen keine Nachrichten mehr aus Hattingen verpassen? Dann können Sie hier unseren Newsletter abonnieren. Jeden Abend schicken wir Ihnen die Nachrichten aus der Stadt per Mail zu. +++
Doch obwohl seit mehr als einem Jahr Alarm geschlagen wird, drängt sich der Eindruck auf, dass kaum etwas passiert. Ja, der Bund hat nun erneut vier Milliarden für die Länder in den kommenden zwei Jahren angekündigt. Die müssen an erster Stelle in die personelle Aufstockung fließen. Geschenke an den Wähler, mit beitragsfreien Jahren, bringen keine Sicherheit. Wem nützt die kostenlose Kita, wenn sie geschlossen ist?
Ausgebildete Fachkräfte fehlen überall. Kinderbetreuung ist kein Hobby, sondern ein Beruf. Und der muss zwingend attraktiver werden. Davon ist man derzeit meilenweit entfernt. Aufgaben, die nicht das Fachwissen erfordern, müssen konsequenter an Helfer vergeben werden, um dem Fachpersonal Luft zu lassen. Dazu gehört auch eine Befreiung von „Papierkram“. Und Fachkräfte müssen ggf. andernorts angeworben werden. Denn zum Beispiel im Osten der Republik ist die Situation eine ganz andere - dort fehlen nicht Betreuer, sondern Kinder.
- Kita in Hattingen löst eine riesige Protestwelle in NRW aus
- Kitas schlagen Alarm: Kollaps des Betreuungssystems droht
- Kita-Kontrolle deckt Mängel auf: „Sorgen um alle Kinder“
- Kinder-Angebot wird ausgebaut, obwohl es bestenfalls niemand nutzt
- Warum Bullerbü-Erzieher auf Gehalt verzichten
- Schimmel, Gestank: Eltern kämpfen um Sanierung von Schulklos
- Schließungen aus Personalnot: Kitas fehlt die starke Lobby
Doch augenscheinlich ist der Druck auf die NRW-Landesregierung nicht groß genug, um echte Veränderungen zu bewirken und sich mit Kita-Trägern an einen Tisch zu setzen. „Was sollen wir tun“, fragen die Eltern nicht nur in Hattingen? Wenn ich es wüsste, ich würde den richtigen Knopf drücken. 20.000 vor dem Landtag und eine Petition haben kaum etwas bewirkt. Und jetzt? Angebracht wäre ein Generalstreik. Man stelle sich vor: Alle Kitas schließen. Alle Eltern bleiben der Arbeit fern, weil sie ihre Kinder betreuen. Das legt das Land lahm.
>>> Folgen Sie unserer Redaktion hier auf Instagram unter auf Facebook – hier finden Sie uns.
Doch seien wir ehrlich: Dazu wird es nicht kommen, aus Angst vor beruflichen Konsequenzen, auch aus Verantwortungsgefühl. Aber irgendwie muss es durchdringen. Denn so geht es nicht weiter. Für niemanden!