Hattingen. 995 Punkte – so hoch soll der Grundsteuer-Hebesatz in Hattingen künftig sein. Was heißt das für mich? Kann ich widersprechen? Alle Infos im Q&A.
Die Grundsteuerreform geht in die finale Phase ihrer Umsetzung: Die neuen Werte für Grundstücke und Wohneigentum wurden in den vergangenen zwei Jahren vom Finanzamt Hattingen ermittelt, jetzt müssen die künftigen Hebesätze festgelegt werden. Die wichtigsten Fragen und Antworten für alle Bürgerinnen und Bürger in Hattingen.
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Wofür wird die Grundsteuer verwendet?
Die Einnahmen aus der Grundsteuer bleiben vollständig in Hattingen – sie werden etwa für Schulen, Kitas, Straßen und Spielplätze oder Sportangebote genutzt.
Warum gibt es die Reform?
Das Bundesverfassungsgericht hat das bisherige System der Grundsteuer-Bewertung im Jahr 2018 für verfassungswidrig erklärt. Grund war u.a., dass bestehende Grundlagenwerte aus dem Jahr 1964 und damit viel zu alt sind. Die Bewertung solle vereinfacht werden und künftig fairer sein, heißt es. Die Grundsteuerreform greift ab dem Jahr 2025.
Wer ist jetzt betroffen?
Jeder! 20.500 Bescheide werden zu Beginn des Jahres 2025 von der Stadt an die Eigentümer in Hattingen verschickt, die daraus folgenden Abgaben werden aber auch auf Mieterinnen und Mieter umgelegt. Bislang liegt der Hebesatz für die Grundsteuer B bei 875 Punkten – seit inzwischen neun Jahren unverändert. Die Grundsteuer A (Landwirtschaft) steht bei 600 Punkten.
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Wie werden die neuen Hebesätze ermittelt?
Grundlage ist der neue Grundsteuermessbetrag, den das Finanzamt nach den Angaben der Eigentümer in den vergangenen zwei Jahren ermittelt und mitgeteilt hat. Hier gibt es zum Teil erhebliche Veränderungen – weil Grundstücke zuvor niedriger bewertet wurden, oder auch, weil der Wert inzwischen gefallen ist. Es hat bereits Hunderte Widersprüche gegeben, die nach und nach abgearbeitet werden.
Die Stadt Hattingen muss ihre daraus resultierenden, neuen Grundsteuer-Hebesätze jetzt so gestalten, dass die „aufkommensneutral“ sind.
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Was bedeutet aufkommensneutral?
Die Stadt hat bislang 15,5 Millionen Euro Grundsteuer-Einnahmen pro Jahr – 15,3 Mio aus der Grundsteuer B, die jeden betrifft, und 200.000 Euro aus der Grundsteuer A.
„Viele Menschen denken, dass sich aufkommensneutral jetzt auf ihre Abgaben bezieht, dass sie künftig also nicht mehr zahlen müssen“, sagt Stadtkämmerer Frank Mielke. „Das ist aber nicht so. Aufkommensneutral heißt, dass die Einnahmen der Stadt wieder bei 15,5 Millionen liegen.“
„Das Stadtsäckel darf auch nicht mehr bekommen“, betont Bürgermeister Dirk Glaser.
Wie hoch soll der neue Hebesatz sein?
995 Punkte – weil die Stadtverwaltung nach wie vor mit einem einheitlichen Hebesatz arbeiten will (bisher: 875 Punkte). „Weil aber immer noch Widersprüche gegen die Bescheide vom Finanzamt abgearbeitet werden, kann es im nächsten Jahr noch zu Anpassungen kommen“, so Frank Mielke.
Das Land NRW hat den Kommunen indes empfohlen, eine Differenzierung vorzunehmen: Danach würden die Hebesätze zwischen Wohngrundstücken (928 Punkte) und Nichtwohngrundstücke/Gewerbe (1328 Punkte) unterschieden. Das ist der Stadtverwaltung aber zu risikoreich: „Ein Rechtsgutachten des Städtetages widerspricht dieser Empfehlung diametral“, erklären Dirk Glaser und Frank Mielke. „Es ist juristisch zu heikel.“
Bei der Grundsteuer A soll der Hebesatz künftig bei 720 Punkten liegen.
Interessierte können sich ihren künftigen Grundsteuerbetrag selbst ausrechnen: Der Grundsteuermessbetrag 2025 des Finanzamts wird mit dem mutmaßlichen Hebesatz 2025 (995) multipliziert und durch 100 dividiert.
Für wen ändert sich etwas?
„Den Max Mustermann gibt es nicht“, mein Dirk Glaser. „Es ist komplex und individuell.“
Frank Mielke führt aus: „Bei jedem Grundstückseigentümer wird sich etwas ändern, es wird Gewinner und Verlierer geben. Was sich für den einzelnen ändert, hängt davon ab, wie sich der Wert der Immobilie verändert hat.“
Darauf hat die Stadtverwaltung aber keinen Einfluss, weil die Bewertung vom Finanzamt vorgenommen wurde.
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Gibt es die Möglichkeit zu klagen?
„Wir rechnen mit jeder Menge Widersprüche und Klagen“, so der Bürgermeister. „Die hätten sich aber gegen den Grundsteuermessbetrag des Finanzamts richten müssen. Hier sind die Fristen für Widersprüche zumeist abgelaufen.“
Wer diesen Widerspruch beim Finanzamt nicht angemeldet hat, muss den neuen Bescheid für 2025 akzeptieren. „Sehr viele Eigentümer werden erst jetzt merken, was die neuen Messbescheide bedeuten – aber sie sind inzwischen rechtskräftig“, so Kämmerer Frank Mielke.
Wie lange gilt die neue Regelung?
Fürs Jahr 2025. „Wir werden jedes Jahr aufs Neue bewerten“, sagt Frank Mielke. „Wenn beispielsweise feststeht, dass eine Differenzierung bei den Bescheiden rechtlich unbedenklich ist, könnten wir für 2026 das Verfahren sofort wieder ändern.“
Wann fällt die endgültige Entscheidung?
Die Grundsteuer steht in der letzten Ratssitzung des Jahres am 12. Dezember auf der Tagesordnung, dann wird final von der Politik entschieden. In der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am Donnerstag (28.11.) gab es keine Abstimmung, die Signale aus den Fraktionen deuten aber darauf hin, dass der Verwaltungsvorschlag angenommen wird.