Hattingen. Was passiert in einer Psychiatrie? In Hattingen gab es den Blick hinter die Kulissen und Einblick in die Therapien bei psychischen Krankheiten.
Wer in diese Klinik kommt, hat oftmals keine körperlichen Verletzungen und verlässt das Krankenhaus auch nicht geheilt. Patienten, die hier Hilfe suchen, kommen nicht mit dem Notarzt. Gebrochen sind nicht Arm oder Bein, sondern die Seele - eine Diagnose, die schwer zu akzeptieren ist. Aber nur dann kann ihnen in der Psychiatrie in Hattingen geholfen werden. Wie - auch mit Technik -, das zeigte das Krankenhaus in Niederwenigern jetzt beim Tag der offenen Tür.
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„Was macht das Gerät denn mit dem Gehirn“, fragt Paul den Chefarzt des Elisabeth-Krankenhauses in Niederwenigern. Er ist am Tag der offenen Tür in der Psychiatrie, super interessiert an so vielen Themen. Der 9-Jährige will Arzt werden und lässt sich vom Leiter der Klinik, Dr. Bernhard Kis, das MagVenture-Gerät zur Behandlung von Depressionen und Ängsten erklären. „Wenn das Gehirn Schnupfen hat, dann behandeln wir die Patienten mit dem Gerät“, erklärt der Klinikleiter in verständlichen Worten.
„Viele Patienten wollen auch selbst nicht wahrhaben, dass sie sich in einen Klinikaufenthalt begeben sollten und Hilfe annehmen, damit es ihnen besser geht.““
Am erstmaligen Tag der offenen Tür in der Psychiatrie ist der Knirps nicht der einzige, der viele Fragen stellt. Schon um 14 Uhr kommen Dutzende von Bürgerinnen und Bürgern in das Haus an der Essener Straße, um sich von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Behandlungsmethoden und Krankheitsbilder erklären zu lassen. Viele sind der Einladung gefolgt, die Angehörige oder Bekannte in der Klinik haben oder hatten.
Um den Patienten auch an einem solchen Tag Ruhe zu gönnen, wurde ein Innenbereich am Ausgang zur Terrasse mit Informationen und Anschauungsmaterial ausgestattet. Und nicht zuletzt kommen viele Psychologen, Ärzte, Ergotherapeutinnen und andere Fachleute mit den Gästen ins Gespräch. „Das MagVenture-Gerät ist zum Beispiel zur Behandlung von Depressionen und Ängsten eine bewährte Methode“, erklärt der Klinikleiter und macht eine kleine Demonstration.
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Er setzt sich die Magnetspule auf den Unterarm, das Magnetfeld stimuliert Nerven, und die Finger fangen an zu zucken. Normalerweise wird die Spule auf dem Kopf aufgesetzt, stimuliert Nervenzellen und Hirnrinde, und in der Folge die Gesichtsmuskulatur. „Für viele Patienten ist das eine gute Möglichkeit der Behandlung“, sagt Dr. Kis. Seit ungefähr zehn Jahren wird das Gerät eingesetzt. Der Chefarzt betont, dass es in seiner Klinik immer eine individuelle Therapie gibt, je nachdem, was der einzelne braucht. 15 bis 30 Mal wird mit dem Gerät täglich eine halbe Stunde behandelt.
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Besucherin Astrid ist Heilpraktikerin in Hattingen mit Schwerpunkt Psychotherapie und kennt die Klinik bisher nur vom Hörensagen. „Wenn ich meine Patienten hierhin schicke, möchte ich auch wissen, wie hier behandelt wird“, sagt sie. „Das Problem ist immer noch, dass über körperliche Krankheiten viel leichter gesprochen wird als über seelische. Viele Patienten wollen auch selbst nicht wahrhaben, dass sie sich in einen Klinikaufenthalt begeben sollten und Hilfe annehmen, damit es ihnen besser geht. Das ist immer noch ein Tabuthema“, weiß sie. Man habe in der Gesellschaft zwar schon Fortschritte gemacht, aber sei noch weit davon entfernt, eine psychische Krankheit für ganz normal zu halten.
„Es ist schon viel in Bewegung gekommen, aber man muss den Patienten auch immer klarmachen, dass sie es selbst sind, die an sich arbeiten müssen. Man geht normalerweise nicht in eine Klinik und kommt geheilt wieder heraus.“ Sie habe aber festgestellt, dass ihre Patienten, die in der Klinik in Niederwenigern waren, gute Strategien an die Hand bekommen, die sie zu Hause für ihr seelisches Gleichgewicht anwenden können.
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Überrascht ist sie von den vielen Behandlungsmöglichkeiten in der Psychiatrie: Kunst- und Aromatherapie, Psychotherapie, Klangschalen, auch ein Stand mit Informationen rund um das Thema Pflege ist aufgebaut, die entsprechenden Infos gibt’s aus erster Hand. Fasziniert ist Astrid auch von der Musiktherapie. Viele Instrumente gibt’s in dem Raum, den Bernhard Kis zeigt. Auch eine Oceandrum, eine Trommel, mit der man das Geräusch der Meereswellen erzeugen kann, führt der Leiter vor. Die Heilpraktikerin ist beeindruckt von den Therapiemöglichkeiten für die 120 stationären Patienten und 36 Personen, die in der Tagesklinik sind.