Hattingen. Deutschlands Brücken sind marode wie nie. Auch in Hattingen werden die beiden großen Ruhrbrücken regelmäßig geprüft. Das Urteil der Experten.
Brücken sind Bollwerke? Das war einmal. Mit Tempo 40 km/h über Autobahnen zu schleichen, ist mittlerweile der Härtetest für viele Autofahrer im Ruhrgebiet. Vor allem im Bereich von Brücken sind Zwangsmaßnahmen angesagt, damit das Bauwerk nicht zusammenbricht. So wie das am 11. September dieses Jahres in Sachsen geschah. Da riss ein ohrenbetäubender Lärm die Anwohner der Carolabrücke in Dresden aus dem Schlaf. Die Brücke stürzte in sich zusammen. Wie es um die Ruhr-Überführungen in Hattingen steht, erklärt Straßen NRW auf Anfrage der Redaktion.
Zwei große Brücken gibt es in der Stadt: Die Kosterbrücke im Zuge der L 705 zwischen Hattingen und Bochum und die Ruhrbrücke (L 651), die die Innenstadt mit Bochum verbindet. Die Ruhrbrücke, wird – wie die anderen Brücken auch – gemäß DIN 1076 geprüft, erklärt Andreas Berg von Straßen NRW. Das heißt: Alle sechs Jahre muss es eine Hauptprüfung geben, alle drei Jahre wird eine sogenannte Einfachprüfung vorgenommen und jedes Jahr gibt‘s eine Sichtkontrolle.
Brücken in NRW „sind grundsätzlich sicher“
Viele Brücken in Nordrhein-Westfalen stammen aus den Hoch-Zeiten des Straßen- und Brückenbaus in den Jahren zwischen 1960 bis Mitte der 1980er Jahre. „Im Durchschnitt sind unsere Brücken an den Landes- und Bundesstraßen somit rund 50 Jahre alt und haben damit mehr als die Hälfte ihrer Nutzungsdauer überschritten“, erklärt die Behörde.
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Dennoch seien die Brücken in NRW grundsätzlich sicher, unabhängig von ihrem Alter. Zu Gewährleistung dieser Sicherheit würden die Ingenieurbauwerke in der Zuständigkeit von Straßen NRW systematisch überwacht. Im Rahmen der regelmäßigen Prüfung werden zum Beispiel Brücken, Tunnel, Stütz-, Lärmschutzwände und Wasserbauwerke durch speziell geschulte Bauwerksprüfingenieure geprüft und bekommen Zustandsnoten, was die Standsicherheit, Dauerhaftig- und Verkehrssicherheit betrifft.
Alle sechs Jahre eine Hauptprüfung
„Bei der Hauptprüfung werden alle sechs Jahre auch die schwer zugänglichen Bauwerkteile in den Blick genommen. Jedes Bauteil muss handnah geprüft werden. Das bedeutet, dass der Brückencheck vor allem bei sehr hohen Brücken nur mithilfe von Gerüsten, Hubarbeitsbrücken oder Brückenuntersichtgeräten erfolgen kann.“ Auch Abdeckungen, zum Beispiel Schutzhauben bei Seilen, Lagermanschetten, Schutzhüllen oder Schachtabdeckungen müssen geöffnet werden, um auch dort mögliche Schäden zu entdecken.
Bei besonderen Anlässen – zum Beispiel bei Verkehrsunfällen oder nach Hochwasser – würden Sonderprüfungen durchgeführt. Aber: Das deutlich zunehmende Hochwasser habe keinen Einfluss auf den Kontrollrhythmus. „Es sei denn, es ist ein außergewöhnliches Hochwasser wie in 2021. Nach dem Hochwasser gab es bei betroffenen Bauwerken Sonderprüfungen, bei denen nach eventuellen Schäden durch das Hochwasser geguckt wurde“, teilt Andreas Berg mit.
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Kosterbrücke hat einen „ausreichenden Bauwerkszustand“
Allerdings beobachtet und berücksichtigt Straßen NRW die Pegel des 100-, 50- und 20-jährigen Hochwassers. Steigen die Pegel, würden auch neue Brücken höher gebaut. „Für Schutzmaßnahmen vor Hochwasser sind andere Stellen zuständig. Zum Beispiel der Ruhrverband oder die Bezirksregierung. Wir berücksichtigen aber auch statische Einflüsse von Hochwasser. Bei bestehenden Bauten können wir nachträglich nichts machen“, erklärt Straßen NRW. Die heutige Ruhrbrücke mit einer Gesamtlänge von 233,50 m, die die Stadtmitte mit Winz-Baak verbindet, ist eher jung. Sie wurde erst 2002 fertiggestellt.
Die Kosterbrücke stammt aus dem Jahr 1979 und besteht aus zwei Teilbauwerken. „Beide haben die Zustandsnote 2,8 – also ausreichender Bauwerkszustand“, teilt der Landesbetrieb Straßenbau in Bochum mit. Erst 2018 und 2019 wurden die Fahrbahnübergänge instand gesetzt. Für die beiden großen Hattinger Brücken gibt es also Entwarnung: Mit Tempo 40 km/h ist vorerst nicht zu rechnen.
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