Hattingen. Kommt Hattingens neues Müllabfuhrsystem doch nicht so gut an, wie behauptet? Weitere Bürger äußern harsche Kritik. Die Stadt erklärt ihr Handeln.

Auch rund einen Monat nach Einführung der ersten Sammelstellen für Mülltonnen in Hattingen ist die Verärgerung bei Teilen der Betroffenen nicht abgeebbt, sie werfen der Stadt Unverhältnismäßigkeit, Ignoranz, Täuschung vor. Die Stadt erklärt unterdessen ihr Vorgehen.

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Anwohner der Häuser 122 bis 132 der Straße Im Tal um Frieder Greiner etwa schreiben an die WAZ, die Stadt habe in ihrem Bescheid zur Einrichtung von Müllsammelplätzen suggeriert, „dass Klagen aussichtslos sind“. Worauf fast alle von ihnen auf eine solche Klage tatsächlich verzichteten. Ausnahmslos alle von ihnen aber hätten sich umgehend bei der Stadt über die Bescheide beschwert - inklusive umfangreicher Begründung über die mit dem Sammelplatz verbundenen Gefahren gerade für die älteren Anwohner. Eine Antwort sei bis heute ausgeblieben; zu einer „einvernehmlichen Lösung“ kommen, sagen sie, wollte die Stadt „nie“.

„Tonnen, die so wie zuvor immer abgestellt wurden, hat man einfach voll stehen lassen“, sagen Anwohner

Vielmehr werde der Müll seit Anfang Mai wie angekündigt nur noch auf dem ausgewiesenen Sammelplatz abgeholt. „Tonnen, die so wie zuvor immer abgestellt wurden, hat man einfach voll stehen lassen, und das sogar mehrfach“, heißt es in der Stellungnahme.

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Als die ersten Male der Müll nicht abgeholt wurde, sagt Frieder Greiner, sei das aber gar nicht rechtens gewesen - weil er selbst fristgerecht gegen den städtischen Bescheid geklagt hatte. Ende Mai dann hat er von der Stadt einen neuen Bescheid erhalten. In diesem wird der alte aufgehoben - und zugleich angeordnet, dass die Müllabholung am Sammelplatz sofort in Kraft tritt.

Stadt Hattingen sagt: „Die Verwaltung musste jetzt handeln“

Seitdem entfällt eine aufschiebende Wirkung für eine Müllabfuhr am Sammelplatz, die die erste Klage von Frieder Greiner zur Folge gehabt hatte bis zu einer gerichtlichen Entscheidung. Mit der aber, sagt Stadtsprecherin Jessica Krystek, hätte es unter Umständen Jahre dauern können. Die Gefahr durch rückwärtsfahrende Müllfahrzeuge sei aber so lange nicht mehr hinnehmbar gewesen, „die Verwaltung musste jetzt handeln“.

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Frieder Greiner hat gegen den neuerlichen Bescheid erneut Klage eingereicht. Er sagt, auch dieser lasse „jegliche Interessenabwägung vermissen, ist unan­gemessen und unverhältnis­mäßig“. Es sei keinem einzigen Bewohner der Stichstraße Im Tal 122 bis 132 „in den letzten 57 Jahren auch nur ein einziger Unfall mit Personenschaden durch Müllfahrzeuge bekannt geworden“. Es gebe in seiner Stichstraße zudem „kein neues Gefahrenmoment“, Müllfahrzeuge hätten heutzutage sogar Rückfahrhilfen. „Mit ihrem Vorgehen bei den Sammelplätzen“, sagt Frieder Greiner, „verlagert die Stadt die Unfallgefahren nur auf uns Anwohner.“

Rechtliches

Frieder Greiner hat gegen den zweiten Bescheid nicht nur geklagt. Er hat auch einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gestellt.

Sollte das Verwaltungsgericht Arnsberg diesen positiv bescheiden, würden bis zum endgültigen Urteil die Mülltonnen wieder vor seiner Haustür abgeholt. Danach würde dann für seine Stichstraße gelten, was das Verwaltungsgericht final entschieden hat.

Für die Nikolaus-Groß-Straße, wo zwei weitere Anwohner gegen die Einrichtung eines Mülltonnen-Sammelplatzes geklagt hatten, laufen die Klageverfahren noch, teilt die Stadtverwaltung mit.

Betroffene in Hattingen: „Niemand hat sich an die Sammelstellen gewöhnt“

Er und seine Nachbarn ärgern sich zudem über die „völlige Ignoranz der Stadt“: Nicht einer von ihnen sei bis jetzt gefragt worden, ob er mit der neuen Anord­nung „überhaupt auch nur annähernd zurechtkommt. Niemand hat sich an die Sammelstellen gewöhnt“.

Michael Sommer, Anwohner einer weiteren Stichstraße der Straße Im Tal, stößt ins selbe Horn. Den Sachverhalt bei ihm noch einmal zu prüfen und zu einem „beiderseitig akzeptierten neuen Ergebnis zu kommen“, sei „auch vom Bürgermeister angeregt“ worden. Indes ohne Erfolg. „Zwar hat die Abfallverwaltung neu geprüft und wohl auch einen Versuch mit einem kleineren Müllwagen unternommen“, sagt der Niederweniger. Aber es bleibe dabei: Er müsse seine Tonne fortan zum Sammelplatz schieben. Wohl weil er nicht geklagt hat wie die Anwohner am Heideweg, für die nun doch alles beim Alten bleibt, glaubt er.

Stadt: „Gewillt, mit den Betroffenen gemeinsame Lösungen zu finden“

Dem allerdings widerspricht die Stadt deutlich. Grundsätzlich sei die Verwaltung „gewillt, mit den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern gemeinsame Lösungen zu finden, um das Rückwärtsfahren möglichst zu vermeiden“, sagt Jessica Krystek. Auch gehe man noch einmal aktiv auf die Betroffenen zu, um wenn möglich Alternativen zu den Sammelstellen zu finden“. Nicht immer aber finde sich eine solche. Und bei den beiden Stichstraßen Im Tal von Michael Sommer und Frieder Greiner komme unter Berücksichtigung der Gefahr rückwärtsfahrender Müllfahrzeuge „leider keine andere Maßnahme zur Abfallentsorgung als die aktuelle in Betracht“.