Hattingen. Neu aufgestellt worden ist das Schulessen für die weiterführenden Schulen in Hattingen erst vor wenigen Monaten. Ist das Konzept noch zu retten?

Viel Wert auf Nachhaltigkeit hatte die Stadt gelegt bei der Ausschreibung fürs neue Schulcatering nach der Kündigung von „Daily Gourmet“ . Die Wege vom Kochen bis zum Verteilen des Essens sollten fortan kurz sein, es sollte keine externe Anlieferung mehr geben und zudem regional eingekauft werden: Dies hatte Schuldezernent Matthias Tacke bei der Vorstellung des neuen Caterers für Hattingens vier weiterführende Schulen im vergangenen Sommer betont. Doch nun wenige Monate später ist schon wieder ungewiss, wie es mit der Mittagsverpflegung an den weiterführenden Schulen weitergeht.

Schulküche der Gesamtschule Hattingen wurde für Nutzung als Zentralküche umgebaut

Seit August 2023 hatte Jörn Dittmann (44) in der Gesamtschule an der Marxstraße den Kochlöffel geschwungen - für vier Schulen. Die Schulküche dort wurde für die Nutzung als Zentralküche eigens umgebaut. Von dort aus belieferte der neue Caterer-Betrieb Dussmann, ein weltweit tätiges Unternehmen mit verschiedenen Sparten, dabei die Gesamtschule, die Realschule und die beiden Gymnasien mit Schulessen.

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Schon bald allerdings musste das Unternehmen feststellen, dass „deutlich weniger Essen abgenommen werden als uns von der Stadt avisiert worden ist“, sagt Dussmann-Vertriebsleiter Jens-Michael Woernle. Von bis zu 360 abgenommenen Essen täglich in der Vor-Corona-Zeit habe die Stadt gesprochen, demzufolge habe man zumindest mit durchschnittlich 250 bis 300 Essen täglich kalkuliert - und das bei einer Ausgabe an fünf Tagen die Woche.

150 Mahlzeiten pro Verpflegungstag an allen weiterführenden Schulen in Hattingen

Doch diese Zahlen sind bislang nicht erreicht: Die Anzahl der bestellten Mahlzeiten, teilt Stadtsprecherin Susanne Wegemann auf WAZ-Anfrage mit, „liegt im Schnitt bei 150 Mahlzeiten pro Verpflegungstag an allen weiterführenden Schulen zusammen“. An der . Gesamtschule und am Gymnasium Waldstraße würden dabei jeweils 50 Essen abgenommen, am Gymnasium Holthausen 40 und an der Realschule Grünstraße lediglich sieben. Und das bei insgesamt mehr als dreieinhalbtausend Schülern. Eine Mindestabnahme an Essen habe die Stadt dem Schul-Caterer nicht zugesagt, so Wegemann, wohl aber „angenommen, dass sich die Anzahl von 150 Mahlzeiten noch steigern lässt“.

Leistungs-, kein reiner Preiswettbewerb

Der Preis pro Mittagessen ist mit dem neuen Schul-Caterer moderat auf 4,33 Euro gestiegen. Den sozialverträglichen Preis lässt sich die Stadt etwas kosten: 44.000 Euro pro Jahr schießt sie zu den Personalkosten für die Essensausgabe zu. Ohne diese Kofinanzierung sei der Preis in wirtschaftlich schwierigen Zeiten nicht möglich, erklärte Schuldezernent Matthias Tacke. Eine solche Beteiligung der Stadt hatte es bisher nie gegeben.

Nachhaltigkeit war neben der Qualität eines der tragenden Argumente bei der Vergabe der Schulverpflegung. Ein Leistungs-, kein reiner Preiswettbewerb war das Ziel. Die Bewerber mussten unter anderem Konzepte zur Qualitätssicherung und Hygiene, zu Transportwegen und Nachhaltigkeit der eingesetzten Lebensmittel, zum Abfallmanagement und Ressourcenschonung einreichen, aber auch zur Preiskalkulation. Dussmann setzte sich unter sechs Bietern durch.

An der Qualität des Essens liege die geringe Abnehmerzahl aber wohl nicht, erklärte Ulrike Brauksiepe (CDU), die stellvertretende Vorsitzende des Schulausschusses, in dem ihre Fraktion um einen Zwischenbericht zum Schulessen gebeten hatte.. Dies, so Brauksiepe, seien ihre Eindrücke von Gesprächen aus dem Umfeld der Essensabnehmer: „Ich habe gehört, dass das Essen wohl ganz gut schmeckt.“ Und Dussmann-Vertriebsleiter Jens-Michael Woernle betont: „Wir sind in allen Bereichen zertifiziert und konnten den hohen Standard, den wir haben, nachweisen.“

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Seit Anfang des Jahres wird Hattingens Schulessen in Wuppertal gekocht

Woernle sagt, nach den Erfahrungen von Dussmann sei eine Abnahme, wie man sie für die vier Schulen geplant habe, eigentlich normal für Schulstandorte mit rund 800 Schülerinnen und Schülern. Das ursprünglich geplante Konzept mit einer Vor-Ort-Essenszubereitung in der Gesamtschule, durch das man unter anderem auch flexibler auf individuelle Geschmacksvorlieben habe reagieren können, habe man aufgrund der geringen Abnehmerzahlen allerdings wirtschaftlich nicht mehr realisieren können.

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Seit Anfang des Jahres nun werde Hattingens Schulessen daher in Wuppertal gekocht. Das ursprüngliche Konzept aufzuweichen, so Woernle, sei dabei nicht „in unserem Sinne gewesen, es ist der Situation geschuldet und ein temporär guter Kompromiss, um die Verpflegung weiter sicherzustellen.“

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Zumindest vorerst, denn zum Jahresende hin hat Dussmann seinen Vertrag mit der Stadt fristgerecht gekündigt, so Stadtsprecherin Susanne Wegemann. „Wir sind aber noch mit ihm im Gespräch“, erklärt sie weiter. Das bestätigt auch Jens-Michael Woernle.

Eine neue Lösung, so Wegemann, sei „noch nicht in Sicht“. Die Stadt habe aber auf jeden Fall ein Interesse daran, den Schülern „qualitativ hochwertige warme Mahlzeiten anzubieten“. Sollte es mit dem Konzessionsinhaber aber nicht weitergehen, so werde es Gespräche zwischen Schule(n), Verwaltung und Elternvertretern über die Zukunft der Verpflegung geben.

In der Küche der Gesamtschule bei der Vorstellung des neuen Konzeptes fürs Schulessen in Hattingen im Sommer 2023 (v. li.): Küchenchef Björn Dittmann, Sozialdezernent Matthias Tacke und Dussmann-Vertriebsleiter Jens-Michael Woernle..
In der Küche der Gesamtschule bei der Vorstellung des neuen Konzeptes fürs Schulessen in Hattingen im Sommer 2023 (v. li.): Küchenchef Björn Dittmann, Sozialdezernent Matthias Tacke und Dussmann-Vertriebsleiter Jens-Michael Woernle.. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener