Hattingen. Protest gegen „Spaziergänger“ unter neuem Namen: „Hattingen für Vielfalt und Demokratie“ begeistert. Was die AfD damit zu tun hat.
Widerstand gegen die „Spaziergänger“-Demos in Hattingens Innenstadt gibt es schon seit langem. Am Montagabend (15.1.) nun nahmen an einer Gegendemonstration rund 200 Menschen teil - darunter auch Lokalpolitiker. Sie alle zeigten dabei Gesicht für Vielfalt und Demokratie in unserer Gesellschaft. Wohl auch alarmiert durch ein vor wenigen Tagen bekannt gewordenes Geheimtreffen von AfD-Politikern und Rechtsextremisten.
Jüngste Gegendemo gegen Querdenkende in Hattingen unter neuem Namen
Unter dem neuen Namen „Hattingen für Vielfalt und Demokratie“ hatte die ehemalige Gruppe „Hattingen gegen Rechts“ zu dieser jüngsten Gegendemo gegen Querdenkende vor dem Reschop Carré aufgerufen. „Wir wollen dem rechten Getöse mit dem entgegentreten, wofür wir stehen und nicht, wogegen wir sind“, begründen die Mitglieder ihre Namensänderung, die angestoßen worden sei durch die Demokratie-Konferenz im vergangenen November. „Wir stehen für eine pluralisierte Gesellschaft, für demokratische Strukturen, für Inklusion, für Feminismus und für die LGBTQ-Rechte. Wir wollen diese Botschaft auf die Straße mit positiven Botschaften bringen. Wir wollen den Leuten Mut machen, sich für diese gemeinsamen Werte auf die gleiche Art und Weise einzusetzen“, betont die Gruppe um Jenny Albers und Brigitte Lümmer.
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Dass sich an der jüngsten Gegendemo dann aber gleich so viele Menschen beteiligten, habe sie alle „sehr positiv überrascht, wir sind überwältigt“, sagt Jenny Albers. Zwar habe man ausdrücklich auch am Montag wieder gegen die „Spaziergänger“ Flagge zeigen wollen und keine Demo gegen die AfD veranstaltet, betont sie.
Gleichwohl aber habe das kurz zuvor bekannt gewordene Treffen von AfD-Politikern, Rechtsextremen und Identitären ihnen „sicher in die Karten gespielt. Es wollen zunehmend mehr Menschen rausgehen und demonstrieren für die Demokratie und deren Werte“. Bei besagtem Geheimtreffen in einer Potsdamer Villa hatten die Teilnehmenden über die Vertreibung von Millionen Menschen mit Zuwanderungsgeschichte gesprochen. Aufgedeckt worden war das durch die Rechecheplattform Correctiv.
Hoffnung, dass die Schwurbler nun bald endlich aufgeben
Mit lautstarken Rufen wie „Wir wollen Euch hier nicht“, „Haut ab“ und anderem habe man die „Spaziergänger“ dieses Mal zumindest auf dem Reschop-Carré-Platz gewissermaßen mundtot machen können, sagt Jenny Albers. Mitdemonstrant Christof Schnelle bestätigt das. Nicht nur als Anwohner hege er daher „die Hoffnung, dass die Schwurbler nun bald endlich aufgeben“. Nach mehr als 100 Wochen Montagsspaziergängen in Hattingen.
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Die Teilnehmerzahl der Querdenkenden schätzt die Polizei laut Sprecher Christoph Neuhaus für Montagabend dabei auf „40 bis 50“, die der Gegendemo „auf 150 bis 200“.
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Laut Neuhaus seien beide Demos am Montagabend „friedlich und unproblematisch verlaufen“. Er bestätigt aber die Aussage von Albers und Schnelle, dass in die Gruppe der Gegendemonstranten ein Schneeball geworfen und in deren Rücken zudem ein Böller gezündet worden sei. Es sei aber niemand verletzt worden, so Neuhaus. Den Schneeball hätten nach polizeilichen Erkenntnissen Jugendliche geworfen, auch der Böller könne von diesen gezündet worden sein. Es gebe indes keinerlei Hinweise auf eine zielgerichtete Aktion gegen die Gruppe „Hattingen für Vielfalt und Demokratie“.
Rechtsextremes Gedankengut: „Ungeheuerliche Gefahr für unsere Demokratie“
Heiko Koch, Leiter der Koordinierungs- und Fachstelle „Partnerschaft für Demokratie“ mit Sitz im Bürgerzentrum Holschentor, zeigt sich sehr erfreut über die hohe Beteiligung an der jüngsten Gegendemo gegen die „Spaziergänger“: „Ich betrachte das schon auch als Teil des Ergebnisses unserer Arbeit.“ Rechtsextremes Gedankengut sei eine „ungeheuerliche Gefahr für unsere Demokratie“, dieses gebe es auch unter den sogenannten Montagsspaziergängern.
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Dass die Gruppe „Hattingen für Vielfalt und Demokratie“ gegen diese Flagge zeige, sei daher auch „enorm wichtig“, sagt Koch. „Die Demonstranten verwenden nun für die neue Bezeichnung ihrer Gruppe aber ausgerechnet dieselben Begriffe wie wir von ,Demokratie leben‘ für unser neues Signet. Das könnte künftig in der Stadt zu neuen Verwirrungen führen, von wem Aktionen zur Stärkung der Demokratie eigentlich ausgehen.“